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4
5
VORWORT
Liebe Freunde
dieses Buch enthält mehrere Hunderte Auszüge aus
unserer Literatur, die fast alle Aspekte des Lebens in
der Gemeinschaft A.A. berühren. Diese Erläuter-
ungen können zum Nachdenken anregen, die
Gruppendiskussion befruchten und zum Lesen der
übrigen Literatur hinführen.
Im Verlauf der letzten 20 Jahre habe ich die
folgenden Bücher über die A.A. geschrieben:
„Anonyme Alkoholiker“, „ Zwölf Schritte und Zwölf
Traditionen“, „ Die Gemeinschaft A.A. wird mündig“,
und „ Zwölf Anleitungen für den Weltdienst“,
letzteres als Bestandteil unseres „ Handbuches über
das dritte Vermächtnis“.
Viele Artikel sind für unsere Monatsschrift „A.A.
Grapevine“ geschrieben worden, und ich führte stets
einen regen und umfangreichen Briefwechsel.
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6
Aus diesem Quellen wurde der Inhalt dieses Buches
zusammengestellt. Da die angeführten Stellen aus
dem Zusammenhang genommen wurden, war es
wegen der Verständlichkeit notwendig, manches zu
überarbeiten, ändern neu zu schreiben.
Selbstverständlich gibt diese Schrift meine
persönliche Ansicht über den Lebensweg der A.A.
wieder. Darum ist sie begrenzt und unvollkommen.
Trotzdem hoffe ich, mit diesem Buch einem Bedürfnis
entgegenzukommen.
Ergebenst euer
April 1967
7
Zur Ausgabe in deutscher Sprache
Die weltweit verbreitete Gemeinschaft der Anonymen
Alkoholiker verdankt ihren Gründern Bill W. und Dr. Bob
viel. Lange Zeit widmete sich Bill ausschließlich dem
Aufbau der Gemeinschaft. Wesentliche Impulse für das
geistige Programm, dessen inhaltliche Vertiefung und
praktische Handhabung, gehen auf ihn zurück. Der
Mitgründer der Gemeinschaft ist so gleichsam auch deren
Architekt und Baumeister geworden. Eine Reihe von
Büchern, eine Vielzahl von Aufsätzen und schriftlich
festgehaltenen Reden geben davon Zeugnis.
Dennoch versteht sich Bill stets als einer von Hundert-
tausenden Alkoholikern, die durch die Gemeinschaft und
ihr Programm Hilfe gefunden haben. Seine in diesem Buch
wiedergegebenen Äußerungen sind Meinungen, Ansichten,
Deutungen – eben; „ wie Bill es sieht“. Er würde sich
zweifellos missverstanden fühlen, wenn wir ihm daraus
Absolutheitsansprüche zubilligen wollten. Immer lernen
wir wieder voneinander im Austausch von Erfahrungen,
indem wir Kraft und Hoffnung teilen.
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8
Von Bill können wir viel lernen und uns seinen Erfahrungen
mit dem Programm und mit den Traditionen vielfältig
zunutze machen. So ist dieses Buch gemeint.
Das Literatur – Team hat sich um eine möglichst wort –
und sinngetreue Übersetzung bemüht und gibt dieses Buch
in dem Jahr in die Hände der Gemeinschaft, in welchem sie
auf ein Vierteljahrhundert segensreicher Tätigkeit im
deutschsprachigem Raum zurückschaut.
Mai 1978
9
1
Veränderung der Persönlichkeit
Oft ist über A.A. gesagt worden, dass wir uns nur mit
Alkoholismus befassen. Das stimmt nicht. Wir müssen aufhören
zu trinken, um zu leben.
Doch jeder, der das Persönlichkeitsbild eines Alkoholikers aus
eigener Erfahrung kennt, weiß, dass ein Alkoholiker nie ganz mit
dem Trinken aufhören wird ohne eine tiefgreifende
Veränderung seiner Persönlichkeit.
*
Wir glaubten, wegen der „Umstände“ trinken zu müssen. Als wir
versuchten, diese Umstände zu ändern, und das nicht nach
unserem Wunsch gelang, entglitt uns die Kontrolle über unser
Trinken, und wir wurden Alkoholiker. Es kam uns nicht in den
Sinn, dass wir uns selbst ändern mussten, um mit dem
jeweiligen Umständen fertig zu werden.
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10
2
In Gottes Hand
Wenn wir zurückschauen, nachdem wir uns Gott anvertraut
haben, wird uns klar, dass alles, was uns zuteil wurde, besser
war, als wir es hätten planen können.
*
Meine Depression vertiefte sich bis ins Unerträgliche, und am
Ende kam es mir vor, als sei ich auf dem tiefsten Punkt. In dem
Augenblick war der letzte Funke meines stolzen Starrsinns
erloschen. Plötzlich hörte ich mich selbst rufen: „ Wenn es einen
Gott gibt, so soll er sich zeigen! Ich werde alles tun, alles“
In diesem Augenblick war der Raum von grellem, weißem Licht
durchflutet. Mir war, als ob ich mich auf einem Berg befände
und ein Strom, nicht Luft, sondern Geist, mich umwehte. Da
brach die Gewissheit über mich herein, dass ich ein freier
Mensch war. Langsam wich die Verzückung von mir. Ich lag im
Bett, aber ich war soeben in einer anderen Welt, einer Neuen
Welt des Bewusstseins. Ich war durchdrungen von dem
wunderbaren Gefühl der Erscheinung, und ich dachte: „Das ist
der Gott der Verheißung.“
11
3
Schmerz und Fortschritt
Früher fühlte ich mit allen Menschen, die litten, jetzt fühlte ich
nur mit denen, die in Ungewissheit leiden, die den Grund und
den Sinn ihres Schmerzens nicht verstehen.
*
Jemand sagte einmal, dass Leid der Prüfstein des geistigen
Fortschritts sei. Wir AA könne dem aus vollem Herzen
zustimmen, da wir wissen, dass die Leiden des Alkoholismus der
Nüchternheit vorangehen und der Aufruhr der Gefühle der
Gelassenheit vorangeht.
*
Festigt euch im Glauben. Wendet euch dem Lichte zu, selbst
wenn es nicht zu sehen ist.
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12
4
Können wir wählen ?
Wir dürfen uns niemals von der irrigen Auffassung blenden
lassen, wir seien nur unglückliche Opfer unserer Vererbung,
unserer Lebenserfahrung und Umgebung, und dies seien die
einzigen Kräfte, die für uns Entscheidungen treffen. Das ist nicht
der Weg in die Freiheit. Wir müssen dran glauben, dass wir
wirklich wählen können.
*
Als trinkende Alkoholiker konnten wir nicht mehr wählen, ob wir
trinken wollten oder nicht. Wir waren Opfer eines Zwanges, der
uns den Weg zu unserer eigenen Vernichtung vorschrieb
Schließlich wählten wir das, was uns die Genesung brachte. Wir
gelangten zu der Überzeugung, dass wir allein dem Alkohol
gegenüber machtlos waren. Das war tatsächlich eine
Entscheidung – eine der schwersten. Wir kamen zum Glauben,
dass eine Kraft größer als wir selbst, uns unsere geistige
Gesundheit wiedergeben kann. Wir wurden bereit, nach den
zwölf Schritten des AA-Programms zu leben.
Kurz gesagt, wir wählten „ die Bereitschaft“ , und niemals haben
wir eine bessere Wahl getroffen.
13
5
Beständigkeit und Wachstum
Ein Leben voller Verdruss ist wertlos und führt uns ins Unglück.
Genau in dem Maße, wie wir Groll gewähren lassen, vergeuden
wir wertvolle Stunden. Für den Alkoholiker, dessen Hoffnung in
der Beständigkeit und dem Wachstum geistiger Reife liegt, ist
das Hegen von Groll eine sehr ernste Gelegenheit, weil er sich
damit selbst dem Licht des Geistes verschließt.
Die Alkoholkrankheit bricht wieder aus, und wir trinken wieder,
und für uns bedeutet Trinken Sterben.
Wollten wir leben, so mussten wir uns von Furcht frei machen.
Verdruss und plötzliche Wut waren nichts für uns. Furcht ist
schon für jeden Menschen ein zweifelhafter Luxus, doch für uns
Alkoholiker ist Furcht reines Gift.
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14
6
Alles oder nichts?
Lebensbejahung und Vertrauen bringen vollkommene
Nüchternheit. Normalerweise stimmt das; es muss stimmen,
sonst könnten wir überhaupt nicht leben. Übertragen wir diese
Erkenntnis auf unsere Gefühlswelt, stellen wir fest, dass wir nur
bedingt zu einem Ergebnis gelangen. Niemand kann wohl von
Angst und Furcht und Stolz ganz befreit werden.
Darum streben wir in diesem Leben keine Vollkommenheit an,
außer in Demut und in der Liebe. Wir müssen uns bei den
meisten unserer Probleme auf einen stufenweisen Fortschritt
einstellen, häufig unterbrochen von harten Rückschlägen.
Unsere alte „Alles-oder-nichts-Einstellung“ müssen wir
aufgeben.
15
7
Geistige Werte
In alten Zeiten quälte sich der materielle Fortschritt langsam
voran. Wissenschaftliche Forschung, Entdeckungen und
Erdfindungen nahmen nicht den Raum ein wie in der Gegenwart.
Im damaligen Weltbild war des Menschen Geist durch
Aberglauben, Tradition und vielerlei fixe Ideen gefesselt. Es gab
Zeitgenossen von Kolumbus, die eine runde Welt für unnatürlich
hielten. Andere wollten Galilei wegen astronomischen
Ketzereien umbringen lassen.
Sind nicht einige von uns mit geistigen Dingen gegenüber
voreingenommen und eigensinnig, wie sich einst unsere
Vorfahren gegenüber dem Fortschritt in Wissenschaft
verhielten?
*
Wir wissen, Gott stellt denen, die ihn suchen, keine zu harten
Bedingungen.
Uns erscheint die geistige Welt weit, geräumig und
allumfassend. Niemals ist sie denen die sie suchen, verschlossen
oder versagt. Wir glauben, dass sie allen Menschen offen steht.
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8
Ein neues Leben
Ist Nüchternheit alles, was wir vom geistigen Erwachen
erwarten? Nein, Nüchternheit ist nur ein dürftiger Anfang; sie ist
nur das erste Geschenk des ersten wachten Wachwerdens.
Wollen wir mehr Geschenke erhalten, müssen wir wach bleiben.
Je länger das anhält, desto mehr können wir Stück für Stück das
alte Leben, das nichts taugte, beiseite legen, denn das neue
Leben kann und wird funktionieren; ganz gleich unter welchen
Umständen.
Ob wir in dieser Welt Erfolg oder Pech, Leid oder Freude,
Krankheit oder Gesundheit haben oder gar den Tod erleben –
wir können ein neues Leben voll unendlicher Möglichkeiten
führen, wenn wir bereit sind, im Leben die zwölf AA-Schritte zu
praktizieren.
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9
Gruppe und weltweite Gemeinschaft
Aus Erfahrung wissen wir, dass die meisten Menschen ohne
Gruppen nicht genesen können. Jedem in der Gruppe wird klar,
dass er nur ein kleiner Teil der großen Welt und kein
persönliches Opfer zu groß ist, um die Gemeinschaft zu erhalten.
Er lernt seine Wünsche und Neigungen zu unterdrücken, wenn
sie der Gruppe Schaden zufügen könnten.
Es ist klar, dass die Gruppe überleben muss, sonst kann es der
Einzelne nicht.
*
Der Seemann, der Soldat in einem fernen Land – alle diese
A.A. ohne Gruppe wissen, dass sie zur weltweiten Gemeinschaft
der AA gehören, dass sie von den anderen nur räumlich getrennt
sind; ihre Freunde sind in Rufweite.
Ebenso wichtig ist, sich in Gottes Gnade zu wissen, ob auf hoher
See, auf einsamen Wachtposten oder zu Hause.
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18
10
Aus dem Dunkel
Durch Selbsterforschung können wir Licht, Leben und Gnade in
die dunklen Seiten unserer Persönlichkeit bringen. Damit geht
die Entwicklung jener Art von Demut einher, durch die wir
Gottes Hilfe erlangen können. Aber das ist nur ein Schritt. Wir
möchten weitergehen.
Wir wollen, dass das Gute, das in uns allen – selbst in dem
schlechtesten - Menschen ist, blüht und wächst. Doch zunächst
brauchen wir Sonnenlicht; im Dunkel kann nichts wachsen.
Selbstbesinnung ist unser Schritt in die Sonne.
*
Ein helles Licht scheint auf uns zu fallen – wenn wir unsere
Augen öffnen. Weil unser eigenen Charakterfehler Ursache
unserer Blindheit sind, müssen wir uns zunächst mit ihnen
auseinandersetzen.
Eine konstruktive Selbstbesinnung ist die wichtigste
Voraussetzung eines jeden neues Schrittes in unserem geistigen
Wachsen.
19
11
Quantität oder Qualität
Was diesen Rückfall angeht – ich wäre nicht zu sehr entmutigt.
Ich glaube, dass du sehr unter einem unnötigen Schuldgefühl
leidest, Aus welchen Gründen auch immer, einigen von uns hat
der Herr einen härteren Weg vorgeschrieben, und ich meine, du
bist genau auf einem solchen harten Weg. Gott verlangt von uns
nicht, dass wir erfolgreich sind. Er verlangt nur, dass wir uns
darum bemühen. Du versuchst es gewiss, und ich habe es
versucht. Darum würde ich nicht aus Mutlosigkeit oder Scham
von den A.A. fernbleiben. Genau dort bist du richtig. Warum
versuchst du es nicht einmal als A.A.? Du brauchst dir nicht
gleich die ganze A.A.-Gemeinschaft aufzuladen, weißt du!
*
Nicht die Quantität guter Taten, sondern die Qualität zählt.
*
Vor allem aber, versuche es – einen Tag nach dem anderen.
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12
Suche nach falschem Gold
Stolz ist die Hauptbrutstätte menschlicher Schwierigkeiten, das
größte Hindernis für echten Fortschritt. Stolz verleitet uns zu
Ansprüchen gegen uns oder andere, die nicht erfüllt werden
können, ohne unsere gottgegebenen Triebe zu missbrauchen
oder fehlzuleiten. Wenn es uns nur um die Befriedigung unserer
sexuellen Bedürfnisse geht, wenn unser Wunsch nach Sicherheit
und nach einem Platz in der Gesellschaft zum Hauptlebensinhalt
wird, dann ergreift uns ein Hochmut, der uns zwingt, immer
wieder unsere Ausschweifungen zu rechtfertigen.
*
Ich kann ,,Demut“ für heute“ nur so weit verwirklichen, wie es
mir gelingt, einerseits dem Morast von Schuld und Rebellion,
andererseits aber auch dem trockenen, doch betrügerischen
Land auszuweichen, das mit falschen Goldstücken des Stolzes
bedeckt ist. Nur so kann ich die breite Straße der Demut, die
zwischen beiden Extremen liegt, finden und auf ihr bleiben. Die
ständige Inventur sagt mir sofort, wenn ich von dieser Straße
abkomme.
21
13
Geteiltes Geschenk
Die Gemeinschaft AA ist mehr als eine Zusammenstellung von
Prinzipien; sie ist eine Gesellschaft tätiger Alkoholiker.
Wir müssen die Botschaft weitergeben, sonst welken wir dahin,
und die, denen wir die Wahrheit nicht gebracht haben, sterben.
*
Vertrauen ist mehr als unser größtes Geschenk; wir teilen es mit
anderen, das ist unsere größte Verpflichtung.
Mögen wir A.A. ständig die Weisheit und die Bereitschaft
suchen, durch die wir das unendliche Vertrauen rechtfertigen
können, das der Spender aller vollkommenen Gaben in unsere
Hände gelegt hat.
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14
Schwierigkeiten mit Neuen
Es liegt die Versuchung nahe, dass wir neuen Freunden
gegenüber ziemlich besitzergreifend werden. Vielleicht
versuchen wir, sie in Angelegenheiten zu beraten, für die wir
wirklich nicht zuständig sind oder zu denen wir nichts sagen
sollten. Wir sind verletzt und bestürzt, wenn unser Rat
zurückgewiesen wird oder wenn er befolgt wird und noch
größeren Ärger bringt.
*
Du schaffst es nicht, dass ein Pferd Wasser trinkt, wenn es Bier
möchte oder wenn es zu dumm ist und überhaupt nicht weiß,
was es will. Stell ihm einen Eimer Wasser hin, erzähl ihm, wie
und warum das gut ist, und dann lass es allein.
Wenn jemand wirklich betrunken werden will, gibt es - soweit
ich weiß - keinen Weg, ihn aufzuhalten. Lass ihn also allein und
lass ihn sich betrinken.
Doch versage ihm nicht den Eimer Wasser, wenn er danach
verlangen sollte.
23
15
Bleibende Werte
Viele Menschen haben überhaupt keine Beziehung zu geistigen
Werten. Perfektionisten, so sagen sie, sind entweder
eingebildet, weil sie glauben, sie hätten ein unwahrscheinliches
Ziel erreicht, oder sie versinken in Selbstanklage, wenn ihnen das
nicht gelingt.
Aber ich denke, wir sollten das nicht so sehen. Es liegt nicht an
den großen Idealen, dass sie manchmal falsch verstanden und
somit billige Ausreden für Schuld, Rebellion und Stolz werden.
Im Gegenteil: Wir können nicht wachsen, wenn wir nicht ständig
die bleibenden geistigen Werte zu erkennen suchen.
*
Tagtäglich versuchen wir, uns ein wenig der Vollkommenheit
Gottes zu nähern. Wir brauchen uns nicht in rührseligen
Schuldgefühlen zu verzehren, über unsere Unfähigkeit, bis
nächsten Donnerstag gottgleich zu sein. Fortschritt ist unser Ziel-
Gottes Vollkommenheit ist das Leuchtfeuer, Lichtjahre weit
entfernt, das uns anzieht.
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24
16
Niemals wieder?
Die meisten Menschen fühlen sich mit der 24-Stunden-Methode
sicherer als mit dem Entschluss, niemals mehr zu trinken. Sie
haben zu viele Versprechen gebrochen. Es ist wirklich eine
Sache der persönlichen Wahl; jeder A.A. hat das Recht, das
Programm so auszulegen, wie er es möchte.
Ich persönlich habe die Hoffnung, dass ich niemals mehr trinken
will. Das ist etwas anderes, als wenn ich sage: ,,Ich werde
niemals wieder trinken!“
Letzteres bringt die Menschen oft in Schwierigkeiten, weil hier
auf persönlicher Basis etwas geschehen muss, was wir
Alkoholiker niemals können. Es hat zuviel mit dem Willen zu tun
und lässt zu wenig Raum für den Glauben, dass Gott uns von
unserer Sucht befreien wird, wenn wir im AA-Programm leben.
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17
Ehrlichkeit
Der verdrehte Wunsch, mieses Handeln nachträglich als gute
Taten hinzustellen und all unser Tun ein bisschen zu
beschönigen, ist die menschlichste aller menschlichen
Eigenschaften. Solch trügerische Selbstherrlichkeit spielt bei
dem kleinsten Gedanken und in der geringsten Handlung mit.
Wenn wir täglich lernen, Fehler zu erkennen zuzugeben und zu
korrigieren, gewinnen wir das Wesentliche für die Entwicklung
unserer Persönlichkeit und damit ein gutes Leben.
*
Die Täuschung anderer ist fast immer in Selbsttäuschung
verwurzelt.
*
Mit Gott allein sein, scheint weniger schwierig, als einem
anderen Menschen gegenüberzusitzen. Solange wir uns nicht
hinsetzen und laut über das sprechen, was wir so lange
verborgen haben, ist unsere Bereitschaft, Hausputz zu halten,
nur graue Theorie. Wenn wir einem anderen gegenüber ehrlich
sind, beweisen wir, dass wir uns selbst und Gott gegenüber
ehrlich waren.
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18
Kamerad und Partner
Bob war mein ständiger Kamerad und Partner bei diesem großen
A.A.-Abenteuer. Als Arzt und große Persönlichkeit sah er in der
Arbeit mit anderen seine Hauptaufgabe in der Gemeinschaft
A.A., und er hatte Erfolge, die in Quantität und Qualität kaum
übertroffen werden können. Mit Unterstützung der
unvergleichlichen Schwester Ignatia vom St.-Thomas-Hospital in
Akron behandelte er kostenlos 5-000 leidende Alkoholiker, und
zwar sowohl medizinisch als auch psychologisch.
Trotz aller Mühen und Belastungen in der Pionierzeit der AA fiel
zwischen kein hartes Wort. Dies war hauptsächlich sein
Verdienst.
*
Ich verabschiedete mich von Bob mit dem Wissen, dass er sich
einer schwierigen Operation unterziehen musste. Auf seinem
Gesicht war das altbekannte Lächeln, als er scherzend sagte: „
Denk daran Bill, lass diese Sache nicht im Stich. Lassen wir es
unkompliziert!"
Ich drehte mich um, nicht fähig, ein Wort zu sagen. Das war das
letzte Mal. dass ich ihn sah.
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19
Der Wein des Erfolges
Nicht nur unangenehme und unerwartete Probleme erfordern
Selbstkontrolle. Wir müssen genauso vorsichtig sein, wenn wir
ein bestimmtes Maß an Geltung und materiellem Erfolg erreicht
haben. Denn niemand hat persönliche Triumphe mehr geliebt
als wir; wir tranken den Erfolg wie Wein, und damit ging uns das
Gefühl der Überheblichkeit niemals verloren. Verblendet durch
Stolz und übersteigertes Selbstbewusstsein, konnten wir den
großen Mann spielen.
Nun sind wir in der Gemeinschaft der AA und nüchtern,
gewinnen die Achtung unserer Freunde und Geschäftspartner
zurück, aber wir müssen immer noch üben, wachsam zu sein.
Als Versicherung gegen die Gefahren des Höhenfluges können
wir uns selbst prüfen, indem wir uns erinnern, dass wir heute
nur durch die Gnade Gottes nüchtern sind und dass jeder Erfolg
weit mehr Sein als unser Verdienst ist.
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20
Gelassenheitsspruch
Gott gebe mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut Dinge zu ändern,
die ich ändern kann,
und die Weisheit,
das eine vom andern zu unterscheiden.
*
Wir hüten unseren „Gelassenheitsspruch“, weil er uns ein Licht
bringt, das unsere alte und verhängnisvolle Neigung zum
Selbstbetrug vertreibt.
In diesem Gebet können wir erkennen, dass eine voll akzeptierte
Niederlage kein Unglück sein muss. Wir wissen jetzt, dass wir
weder davonzulaufen noch erneut zu versuchen brauchen,
Widerstände mit dem Bulldozer niederwalzen, weil sich nämlich
dann die Hindernisse vor uns schneller aufbauen, als wir sie
niederreißen können.
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21
Wieder Bürger
Jeder von uns – also jeder, der nach dem Programm lebt –
verbringt in den ersten Jahren sehr viel Zeit mit der Arbeit im
zwölften Schritt. Das war bei mir so – und wahrscheinlich wäre
ich mit weniger Arbeit nicht nüchtern geblieben. Jedoch
kommen früher oder später andere Verpflichtungen auf uns zu –
Familie, Freunde, Beruf. Wie du weißt, heißt es im Zwölften
Schritt, dass wir „unser tägliches Leben nach diesen Grundsätzen
auszurichten versuchen“ Damit meine ich, dass du dein
Gewissen entscheiden lässt ob du eine bestimmte Aufgabe im
zwölften Schritt übernimmst oder nicht. Kein anderer kann dir
mit Sicherheit sagen, was du zum jeweiligen Zeitpunkt tun sollst.
Ich weiß nur, man erwartet von dir an einen gewissen Punkt,
dass du mehr tust, als nur die Botschaft an andere Alkoholiker
weiterzugeben. In der Gemeinschaft der A.A. streben wir nicht
nur nach Nüchternheit – wir versuchen, wieder Bürger dieser
Welt zu werden, die wir abgelehnt hatten. Wieder
„gesellschaftsfähig“ zu sein, ist das letzte Glied in der
Beweiskette für die Tatsache, dass Arbeit im Zwölften Schritt
eine überaus wichtige, aber nicht die einzige Aufgabe in
unserem Leben ist.
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22
Sprungbrett Furcht
Die Hauptsache unserer Charakterfehler war krankhafte Furcht –
wir könnten etwas verlieren, was uns schon gehörte, oder wir
könnten etwas nicht bekommen, was wir wollten.
Das Leben mit unerfüllten Forderungen war ein Zustand
ständiger Aufregung und Enttäuschung. Wir konnten darum
nicht eher Frieden finden, bis wir Mittel und Wege hatten, um
unsere Forderungen zurückzuschrauben.
*
Wir sind der Ansicht, dass Furcht wegen ihrer Zerstörungskraft
der Ausgangspunkt für einen besseren Weg sein kann.
Furcht kann das Sprungbrett sein zu Weisheit und Achtung
anderen gegenüber. Furcht bereitet sowohl den Weg zur
Gerechtigkeit als auch zum Hass. Und je mehr Gerechtigkeit und
Achtung uns zuteil werden, desto eher werden wir die Liebe
finden, die Leiden ertragen lässt und die freiwillig gegeben wird.
Außerdem braucht Furcht nicht immer zerstörend zu sein. Wenn
wir aus den Folgen lernen, werden wir zu positiven Werten
geführt.
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23
Bewunderer
Wir wissen sehr wohl, dass wir Fans gewesen sind. Und wie wir
uns zum Narren machten! Haben wir nicht Menschen, Gefühle,
Geld und Gut und sogar uns selbst angebetet?
Haben wir nicht andächtig den Sonnenuntergang, das Meer oder
eine Blume betrachtet? Wer von uns hat nicht irgend etwas oder
irgend jemanden geliebt? Bestimmten schließlich nicht diese
Empfindungen den Verlauf unseres Lebens?
Wir konnten unmöglich sagen, dass wir nicht die Fähigkeit
besaßen, zu glauben, zu lieben oder anzubeten. Irgendwie
lebten wir – in Vertrauen und eigentlich nur noch davon.
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24
Wenn die Tünche runter ist
In den Anfängen dauerte es ganze vier Jahre, bis die A.A. nur
eine einzige Frau zur Nüchternheit verhelfen konnte. Genau
diejenigen, deren Tiefpunkt nicht die Gosse war, sagten die
Frauen, dass sie anders seien; die Gemeinschaft A.A. war nichts
für sie. Als die Verbindung untereinander besser wurde – häufig
von Frauen selbst ausgehend – verändert sich das Bild.
Dieser Vorgang der Identifizierung und Weitergabe setzte sich
fort.
Der Penner glaubte, er sei anders. Dasselbe, sogar noch lauter,
sagte der Mann aus der feinen Gesellschaft – und so sprachen
die Künstler und Gelehrten, so sprachen Reiche, Arme, Religiöse,
Agnostiker, Indianer und Eskimos, Kriegsveteranen und
Gefangene.
Heute sprechen sie alle – und viele, viele andere – nüchtern
darüber, wie sehr wir Alkoholiker uns alle gleichen, wenn die
Tünche runter ist.
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25
Nicht stehen bleiben
In den ersten Tagen der A.A. habe ich mir nicht viele Gedanken
über die Lebensgebiete gemacht, auf denen ich zum Stillstand
gekommen war. Es gab immer ein Alibi, „Schließlich“ ,sagte ich
mir, „habe ich viel zu viel mit wichtigeren Dingen zu tun. „So
lautete mein fast perfektes Rezept für Bequemlichkeit und
Selbstzufriedenheit.
*
Wie viele von uns nehmen sich heraus zu sagen: „Ich bin
nüchtern, und ich bin glücklich. Was will ich noch mehr? Was soll
ich noch tun? So geht es mir doch bestens.“
Wir wissen, dass der Preis für solche Selbstzufriedenheit ein
unvermeidliches Rückschreiten ist, das an einer bestimmten
Stelle durch grausames Erwachen aufgehalten wird. Wir müssen
wachsen, sonst zerstören wir uns. Für uns kann der
augenblickliche Zustand nur heute Gültigkeit haben, niemals
morgen.
Wir müssen uns ändern. Wir dürfen nicht stehen bleiben.
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26
Wahre Unabhängigkeit des Geistes
Je größer unsere Bereitschaft ist, von einer höheren Kraft
abhängig zu werden, desto unabhängiger werden wir.
Darum ist die in der Gemeinschaft A.A. praktizierte Abhängigkeit
tatsächlich ein Weg, die wahre Unabhängigkeit des Geistes zu
erlangen.
Es ist erschreckend, wenn wir im täglichen Leben entdecken, wie
abhängig wir wirklich sind und wie wenig uns diese Abhängigkeit
bewusst ist. Jedes moderne Haus hat eine Stromleitung, die für
Elektrizität und Licht sorgt. Wir akzeptieren gern unsere
Abhängigkeit von diesem Wunder der Wissenschaft; dadurch
sind wir persönlich unabhängig, wir haben mehr Bequemlichkeit
und Sicherheit. Der Strom fließt genau dorthin, wo wir ihn
brauchen. Ruhig und sicher sorgt die Elektrizität, diese nur für
wenige Menschen verständliche Energiequelle, für unsere
einfachsten Bedürfnisse des täglichen Lebens.
Obgleich wir dieses Beispiel gesunder Abhängigkeit bereitwillig
akzeptieren, widersprechen wir in vielen anderen Dingen oft
heftig einem gleichen Grundsatz, so, wenn empfohlen wird, ihn
als Weg zum geistigen Wachstum zu befolgen. Um es klar
auszudrücken: Wir werden niemals die Freiheit durch Gott
kennen lernen, wenn wir nicht versuchen, Seinen Willen für uns
zu erkennen. Wir haben die Wahl.
35
27
Tägliche Frist
Wir sind nicht vom Alkoholismus geheilt. Was wir besitzen, ist
die Frist eines Tages zur Erhaltung unserer geistigen Gesundheit.
Wir A.A. gehorchen den meisten Grundsätzen zunächst weil wir
es müssen, dann weil wir es sollten und schließlich weil wir das
Leben als Ergebnis dieses Gehorsams lieben.
Großes Leid und große Liebe sind die Lehrmeister der AA; mehr
brauchen wir nicht.
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28
Von Quertreibern lernen
Es gibt nur noch wenige unter uns, die befürchten, dass ein
Neuer dem Ruf oder der Wirksamkeit der A.A. Schaden zufügen
kann.
Rückfällige, Schreihälse, Radaubrüder, Spinner, Rebellen gegen
das Programm und Geschäftemacher mit dem A.A.-Namen- alle
diese Menschen schaden den einer A.A.-Gruppe selten ernsthaft
über längere Zeit.
Einige von ihnen wurden unsere geachtetsten und geliebtesten
Freunde.
Einige andere blieben nüchtern, stellten unsere Geduld aber auf
harte Proben.
Andere blieben fort.
Wir sind dazu übergegangen, Quertreiber nicht als Gefahr,
sondern als unsere Lehrer anzusehen. Sie zwingen uns zu
Geduld, Toleranz und Demut. Es sind nur Menschen, die kränker
als wir anderen sind, und wenn wir sie verdammen, sind wir die
Pharisäer, deren falsche Selbstgerechtigkeit unserer Gruppe
einen größeren geistigen Schaden zufügt.
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29
Dankbarkeit ist der Weg nach vorn
Dankbarkeit ist der Weg nach vorn, nicht zurück.
Mit anderen Worten, wenn du die Botschaft an andere
weitergibst, kannst du die Hilfe, die dir zuteil wurde, am besten
zurückzahlen.
Es gibt keine tiefere Zufriedenheit und größere Freude als nach
einer guten Arbeit im Zwölften Schritt.
Die Augen von Männern und Frauen zu beobachten. wie sie sich
vor Staunen öffnen, wenn sie aus dem Dunkel ins Licht treten, zu
sehen, wie ihr Leben sehr schnell einen neuen Sinn und eine
andere Bedeutung erhält, und vor allem zu beobachten, wie sie
die Erkenntnis erlangen, dass es einen liebenden Gott in ihrem
Leben gibt - all das ist der Gegenwert, den wir erhalten, wenn
wir die A.A.-Botschaft weitergeben.
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30
Fort vom Trockenrausch
Manchmal sind wir deprimiert. Ich sollte es wissen; ich bin selbst
ein Meister des Trockenrausches gewesen. Während die
oberflächlichen Gründe leicht erkennbar sind - einer Depression
geht immer ein Auslöser voraus -, liegen die eigentlichen
Ursachen, davon bin ich überzeugt, sehr viel tiefer.
Vom Verstand her konnte ich meine Lage akzeptieren. Vom
Gefühl her konnte ich es nicht.
Auf diese Probleme gibt es bestimmt keine passenden
Antworten. Doch ein Teil der Beantwortung liegt gewiss in dem
ständigen Bemühen, alle zwölf Schritte der A.A. zu leben.
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31
Gottes Wege
Im Haushalt Gottes gibt es keine Verschwendung. Durch
einen Fehlschlag lernen wir die Lektion Demut, die uns
vielleicht noch fehlte, so schmerzlich das ist.
*
Wir erlangten nicht immer Weisheit durch unsere
Tugenden; unser Verständnis liegt oft in schmerzlichen
Erfahrungen alter Dummheiten verankert. Weil dies die
Substanz unserer persönlichen Erfahrungen ist, ist es
auch die Substanz unserer Erfahrung als Gemeinschaft.
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32
Moralische Verantwortung
Es gibt Menschen, die den Standpunkt der A.A. strikt ablehnen,
dass Alkoholismus eine Krankheit ist. Sie meinten, dass dieses
Konzept die Alkoholiker von ihrer moralischen Verantwortung
entbindet. Wie jeder A.A. weiß, stimmt das überhaupt nicht. Wir
gebrauchen nicht den Begriff der Krankheit, um uns der
Verantwortung zu entziehen. Im Gegenteil, wir benutzen die
fatale Krankheit, um dem leidenden Alkoholiker die größte
moralische Verpflichtung aufzuerlegen, die Verpflichtung, nach
den Zwoelf Schritten der A.A. zu leben, um gesund zu werden.
Für die Anfänge der Trinkerzeit mag es gelten, dass der
Alkoholiker sich durch Verantwortungslosigkeit schuldig macht.
Aber wenn das Trinken zum Zwang geworden ist, kann er nicht
mehr voll für sein Verhalten verantwortlich gemacht werden. Er
befindet sich in der Sucht, die ihn zum Trinken zwingt, und seine
körperliche Abhängigkeit gegenüber dem Alkohol garantiert ihm
am Ende Wahnsinn oder Tod.
Wenn man ihm jedoch seinen Zustand klargemacht hat, steht er
unter dem Druck, das A.A.– Programm für seinen moralischen
Wiederaufbau anzunehmen.
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33
Lebensgrundlage
Wir entdecken, das wir in dem Masse eine Leitschnur fuer unser
Leben erhalten, wie wir aufhören, Forderungen an Gott zu
stellen, die Er auf unseren Befehl und nach unseren
Bedingungen erfüllen soll.
*
Im Gebet bitten wir nur darum, dass Gott uns Seinen willen für
diesen Tag so gut wie möglich erkennen lässt und dass wir die
Gnade erhalten, ihn auszuführen.
*
Es gibt eine direkte Verbindung zwischen Selbstprüfung,
Meditation und Gebet. Diese Übungen können, einzeln
ausgeführt, große Erleichterung und Segen bringen.
Werden sie aufeinander abgestimmt und miteinander
verwoben, erhalten wir als Resultat eine unerschütterliche
Lebensgrundlage.
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34
„ Mit keiner Sekte verbunden…“
Die Gemeinschaft A.A. hat Tausende armer Christen wieder zu
ihren Kirchen zurückgeführt, sie hat aus Atheisten und
Agnostikern Gläubige gemacht, sie hat aber ebenso Buddhisten,
Mohammedaner und Juden zu guten A.A. gemacht.
Wir fragen uns zum Beispiel oft, ob unser buddhistischer Freund
in Japan sich uns jemals angeschlossen hätte, trügen wir den
Stempel einer streng christlichen Bewegung.
Du kannst dir leicht vorstellen, wie es wäre, wenn die
Gemeinschaft A.A. bei den Buddhisten entstanden wäre, und
man hätte dir erzählt, du dürftest nicht eher mitmachen, bis du
ein Buddhist geworden seiest.
Wärst du unter diesen Umständen ein christlicher Alkoholiker
gewesen, dann hättest du dich abwenden und sterben können.
43
35
Verwandeltes Leid
Die A.A.- Gemeinschaft ist kein Erfolgs- oder
Verkaufsschlager, Sie ist die Geschichte des Leidens, das
sich durch Gnade in geistigen Fortschritt verwandelte.
*
Bobs unersättliche Gier nach Alkohol war gewiss ein
physisches Phänomen, das ihn während seiner ersten
A.A.- Jahre quälte. In dieser Zeit ließen ihn nur die Tage
und Nächte, in denen er die Botschaft an andere
Alkoholiker weitergab, seinen Wunsch zu trinken
vergessen. Obwohl es hart für ihn war, dieser Gier zu
widerstehen, trug sie zweifellos zu dem starken Eifer bei,
mit dem die erste A.A.- Gruppe in Akron gebildet wurde.
Es war für Bob nicht einfach, die geistige Befreiung zu
finden; es war ein schmerzhaft langsamer Weh. Sie war
das Ergebnis härtester Arbeit und schärfster
Wachsamkeit.
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44
36
Zuerst Demut
Wir haben viele A.A. kennengelernt, die zuerst glaubten –
wie wir auch - , dass Demut ein anderes Wort für
Schwäche sei. Sie halfen uns, vom hohen Ross
herunterzusteigen. Ihr Beispiel zeigte uns, dass Demut
und Verstand sich miteinander vereinbaren,
vorausgesetzt, dass wir Demut an die erste Stelle setzen.
Als wir damit begannen, wurde uns das Geschenk des
Glaubens zuteil, eines wirksames Glaubens. Dieser
Glaube ist auch für dich da.
*
Früher verstand man unter Demut: zwangsweise Abbitte tun.
Jetzt fangen wir langsam an, darunter die Nahrung zu verstehen,
die uns Gelassenheit bringt.
45
37
Ein volles und dankbares Herz
Eine meiner Überzeugungen besteht darin, das ich versuche,
eine vollständige Inventur des widerfahrenen Guten zu machen.
Dann übe ich mich drin, die vielen Geschenke – weltliche und
geistliche - , die ich erhalten habe, richtig anzunehmen.
Wenn ich dieses Gefühl der Dankbarkeit in mir wach halte,
ersetzt es schließlich die natürliche Neigung, mir selbst dafür zu
gratulieren, dass ich in einigen Lebensbereichen einen Erfolg
erzielt habe.
Ich versuche ernsthaft, mich an die Wahrheit zu halten, dass ein
volles und dankbares Herz sich nichts vormacht. Wer voller
Dankbarkeit ist, dessen Herzschlag strömt nur Liebe aus, die
schönste Empfindung, die wir kennen.
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46
38
Verbindung zu Gott
Ich glaube fest an Fügung und Gebet. Aber ich bin mir voll im
Klaren und demütig genug einzusehen, so hoffe ich, dass in
meinem Geführt werden nichts fehlgeht.
In der Minute, in der ich glaube, ich hätte einen direkten Draht
zu Gott, bin ich selbstsüchtig genug geworden, um in
ernsthaften Schwierigkeiten zu geraten.
Niemand kann mehr unnötigen Kummer verursachen als der
Überhebliche, der glaubt, alles von Gott direkt persönlich zu
erhalten.
47
39
Mit Groll fertig werden
Groll ist der Feind Nummer eins. Er zerstört mehr Alkoholiker als
sonst irgend etwas. Hier entstehen alle Arten seelischer
Erkrankungen, denn wir sind nicht nur geistig und körperlich
krank gewesen, wir waren auch seelisch krank.
Um mit unserem Groll fertig zu werden, schrieben wir alle
Gefühle auf. Wir nannten Menschen, Institutionen oder
Grundsätze, über die wirt uns geärgert hatten. Wir fragten uns,
warum wir uns geärgert hatten. Wir stellten in den meisten
Fällen fest, dass unser Selbstbewusstsein, unser Geldbeutel,
unsere Neigungen, unsere persönlichen Beziehungen(
einschließlich Sex) geschädigt oder bedroht waren.
*
Ein hitziger Brief kann ein wunderbares Sicherheitsventil sein –
vorausgesetzt, der Papierkorb steht in der Nähe.
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48
40
Materieller Fortschritt
Kein A.A. lehnt materiellen Fortschritt ab. Wir streiten auch nicht
mit den vielen herum, die an dem Glauben festhalten, dass der
Hauptzweck unseres Lebens ist , unsere natürlichen Bedürfnisse
zu befriedigen. Aber wir sind sicher, dass es keine Menschen-
gruppe in der Welt gibt, die jemals mehr Unheil angerichtet hat
bei dem Versuch, nach diesem Grundsatz zu leben, als
Alkoholiker.
Wir verlangten mehr Sicherheit, Ansehen und Genuss, als uns
zustanden. Waren wir auf dem Wege des Erfolges, tranken wir,
um noch hochfliegendere Träume zu haben. Waren wir
enttäuscht – wenn auch nur ein wenig - ,tranken wir , um zu
vergessen.
Bei all diesem Bemühen, von dem vieles in bester Absicht
geschah, war Mangel an Demut unser lähmendes Hindernis. Uns
fehlt die Einsicht, dass Charakter und geistige Werte zuerst
stehen und dass materielle Erfolge nur Nebenprodukte, nicht
Hauptziele unseres Lebens sind.
49
41
Vereinsvorschriften?
Zwischen 1943 und 1944 bat das Central Office die Gruppen,
ihre Vorschriften schriftlich niederzulegen und einzusenden.
Danach fassten wir alles zusammen.
Eine Durchsicht der zahlreichen Vorschriften brachte uns zu
einem erstaunlichen Schluss: Wären diese Anweisungen überall
und gleichzeitig in Kraft getreten, wäre es einem Alkoholiker
praktisch unmöglich gewesen, sich je der Gemeinschaft
anzuschließen. Ungefähr neunzig Prozent unserer ältesten und
besten Freunde hätten niemals unter uns sein dürfen.
*
Schließlich lehrte uns die Erfahrung: Wenn wir einem
Alkoholiker die Chance entziehen, Nüchternheit in der
Gemeinschaft der A.A. zu erlangen, bedeutet das seine
Verurteilung zum Tode oder zu endlosem Elend.
Wer wagt es, Richter, Gericht und Henker seines eigenen
kranken Bruders zu sein?
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50
42
Selbstvertrauen und Willensstärke
Als wir anfangs aufgefordert wurden, unsere Niederlage
zuzugeben, sträubten sich die meisten von uns dagegen. Wir
waren zu den A.A. gegangen in der Hoffnung, dass sie uns
Selbstvertrauen lehren. Dann hörten wir, dass, soweit es Alkohol
angeht, Selbstvertrauen überhaupt nicht gut ist; dass es im
Gegenteil unsere Genesung erschwert. Es gibt keinen
persönlichen Sieg über die Alkoholsucht durch bloße
Willenskraft.
*
Erst wenn wir unseren Willen mit dem Willen Gottes in Einklang
bringen, setzen wir ihn richtig ein. Für uns alle war dies die
größte Offenbarung. Unser Unglück war durch den falschen
Einsatz der Willenskraft entstanden. Wir versuchten damit,
unsere Probleme zu bombardieren, statt sie mit dem Willen
Gottes für uns in Einklang zu bringen. Dass uns dies immer
besser gelingt, ist der Sinn der Zwölf Schritte der A.A..
51
43
Wie weit geht Anonymität?
Normalerweise wollte der Neue seine Familie sofort darüber
unterrichten, welche Schritte er unternommen hatte. Er wollte
es auch anderen mitteilen, die ihm zu helfen versucht hatten -
seinem Arzt, seinem Pfarrer und seinen nächsten Freunden. Je
größer seine Zuversicht wurde, desto mehr wollte er seinem
Arbeitgeber und seinen Mitarbeitern seinen neuen Lebensweg
erklären. Er stellte fest, dass es bei passender Gelegenheit
immer leicht war, über die A.A. zu sprechen.
Diese sachlichen Gespräche halfen ihm, seine Furcht vor dem
Stigma des Alkoholismus zu verlieren und über die A.A.-
Gemeinschaft in seiner Umgebung zu berichten.
Aufgrund dieser Unterhaltungen kamen viele Männer und
Frauen zu den A.A. Weil Anonymität nur auf öffentlicher Ebene
gewahrt werden soll, entsprechen diese Mitteilungen durchaus
dem Sinn der Tradition.
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52
44
Tägliches Akzeptieren
Ich verbrachte zuviel Zeit meines Lebens damit, mich mit den
Fehlern anderer zu beschäftigen. Das ist die schlechteste Form
der Selbstzufriedenheit, weil wir dadurch bequem unsere
eigenen Fehler beiseite schieben können. Zu oft hören wir uns
sagen; Wäre es nicht. seinetwegen (oder ihretwegen, wie
glücklich wäre ich!
*
Unser wichtigstes Problem ist, unsere jetzige Lage, uns selbst
und die Menschen unserer Umgebung so zu akzeptieren, wie sie
sind. Nur so gelangen wir zur wirklichen Demut, ohne die ein
echter Fortschritt nicht einmal beginnen kann. Wir werden
immer wieder neu anfangen müssen, den nackten Tatsachen ins
Auge zusehen. Das ist die Übung des Annehmens, die wir jeden
Tag unseres Lebens zu unserem eigenen Vorteil ausführen
können.
Vorausgesetzt, dass wir eifrig versuchen, diesen realistischen
Überblick über die Tatsachen nicht verlogene Entschuldigungen
für Gleichgültigkeit oder Aufgabe umzumünzen. kann das eine
feste Grundlage werden, auf der wachsende seelische
Gesundung und damit geistiger Fortschritt aufzubauen sind.
53
45
Weggefährten
Heute begrüßen die meisten von uns jede neue Erkenntnis, die
die rätselhafte und schlimme Krankheit Alkoholismus
beleuchtet. Wir begrüßen jedes neue und wertvolle Wissen, ob
es vom Bildschirm, von der Couch eines Psychiaters oder aus
Gesundheitsuntersuchungen stammt. Wir freuen uns über jede
sachliche Aufklärung der Öffentlichkeit, die die alte
Voreingenommenheit gegen den Trinker abbaut.
Wir betrachten alle diejenigen, die auf dem Gebiet des
Alkoholismus tätig sind, als unsere Gefährten auf dem Weg vom
Dunkel ins Licht. Wir sehen ein, dass wir zusammen das
erreichen können, was getrennt oder in Rivalität nicht möglich
wäre.
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54
46
Richtiger und falscher Ehrgeiz
Im Nüchtern werden betrachteten wir uns und unsere
Umgebung viel schärfer. Wir stellten fest, dass wir durch
übermäßige Angst oder Furcht dahin getrieben worden waren,
aus unserem Leben ein Geschäft zu machen, das uns Ruhm, Geld
und das brachte, was wir unter Kraft verstanden.
So wurde falscher Stolz die Kehrseite einer wertlosen Medaille.
Wir mussten einfach Menschen erster Klasse sein, um unsere
tief liegenden Mängel zu überdecken.
*
Wahrer Ehrgeiz ist anders, als wir uns vorgestellt hatten.
Wahres Streben ist der tiefe Wunsch, ein sinnvolles Leben zu
führen und demütig in der Gnade Gottes zu leben.
55
47
Sehen heißt glauben
Der beinahe kindliche Glaube der Brüder Wright, dass sie eine
Maschine bauen könnten, die fliegt, war die Triebfeder ihres
Erfolges. Ohne diesen Glauben hätte sich nichts abgespielt.
Wir Agnostiker und Atheisten hielten an dem Gedanken fest,
dass wir aus eigenen Kräften unsere Probleme lösen könnten.
Als andere uns zeigten, dass Gottes Kraft mit ihnen zusammen-
arbeitete, entstand bei uns das gleiche Gefühl wie bei denen, die
beharrlich sagen, die Wrights würden niemals fliegen. Wir sahen
einen anderen Flug, die geistige Befreiung von dieser Welt, wir
sahen Menschen, die über ihre Probleme hinauswuchsen.
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56
48
Ruhig leben
Einer, der gestern zuviel getrunken hat und mit einem schweren
Kater aufwacht, führt kein angenehmes Leben. Es gibt noch
einen anderen Kater, den wir alle durchmachen, ob wir trinken
oder nicht. Das ist der seelische Kater, der sich sofort an eine
Orgie negativer Gefühle anschließt: Wut, Angst, Eifersucht und
Ähnliches mehr.
Wenn wir heute und morgen in Ruhe leben wollen, müssen wir
sicherlich diesen Kater abschaffen. Das bedeutet nicht, dass wir
krankhaft in unserer Vergangenheit herumwühlen müssen.
Wichtig ist, dass wir Fehler zugeben und berichtigen - und zwar
jetzt.
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49
Stärke aus der Niederlage
Wenn wir mit dem Trinken aufhören wollen, darf es keine
Vorbehalte mehr geben. Wir dürfen auch nicht insgeheim
denken, eines Tages wären wir immun gegen Alkohol.
Der Wiederaufbau durch die A.A. scheint paradox: Stärke wächst
aus Niederlage und Schwäche; der Verlust des alten Lebens ist
die Voraussetzung, ein neues Leben zu finden.
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58
50
A.A.: Wohltuende Anarchie und Demokratie
In der Gemeinschaft der A.A. finden wir mehr persönliche
Freiheiten als in jeder anderen Gesellschaft. Wir werden nicht
genötigt, irgend etwas zu tun. In dieser Hinsicht ist unsere
Gemeinschaft eine wohltuende Anarchie. Das Wort ,,Anarchie"
hat für die meisten von uns einen schlechten Beigeschmack. Der
Idealist, der das Konzept entwickelte, ging – glaube ich - davon
aus, dass die Menschen bei absoluter Freiheit sich im
gegenseitigen Interesse freiwillig zusammenschließen würden.
Die Gemeinschaft der A.A. ist ein Zusammenschluss von solch
wohltuender Art.
Als wir tätig wurden und die Gruppenarbeit begann, stellten wir
fest, dass wir auch eine Demokratie werden mussten. Nachdem
sich unsere ältesten Freunde zurückgezogen hatten, wählten wir
mit Stimmenmehrheit neue Vertrauensleute. In diesem Sinne
wurde jede Gruppe ein Parlament. Alle Pläne über
Gruppenaktivitäten mussten mit Mehrheitsbeschluss
verabschiedet werden. Das hieß, dass kein Einzelner von sich aus
für die Gruppe oder für die A.A. als Ganzes handeln konnte.
Ebenso wenig konnten sich Diktatoren und Patriarchen bei uns
durchsetzen.
59
51
Vertrauen wächst
Bei mir war das Vertrauen der Beginn meiner Befreiung von
Furcht, ein Vertrauen, das mir trotz aller gegenteiliger Beweise
dieser Welt den Glauben schenkte, in einem sinnvollen
Universum zu leben.
Für mich bedeutet das: Glauben an einen Schöpfer, der Kraft,
Gerechtigkeit und Liebe darstellt, an einen Gott, der mir ein Ziel
gibt, eine Bedeutung, ein Schicksal, an dem ich wachse, wenn
auch nur wenig und langsam, bis ich Seinem Wesen und Bild
ähnlich bin. Bevor ich das Vertrauen hatte, lebte ich als Fremder
in einer Welt, die mir allzu oft feindlich und grausam erschien.
Hier gab es keine innere Sicherheit für mich.
*
Als der Alkohol mich auf die Knie gezwungen hatte, war ich
soweit, dass ich um das Geschenk des Glaubens bitten konnte.
Alles änderte sich.
Ich habe nie wieder trotz aller Schmerzen und ungelösten
Problemen die frühere Verzweiflung durchlebt. Ich sah das
Universum im Strahl der Liebe Gottes; ich war nicht mehr allein
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52
Wachsam vor dem Rückfall
Angenommen wir erreichen unsere gesetzten Ziele nicht und
stolpern. Werden wir dann wieder trinken? Manche behaupten
ja. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit.
Alles hängt von uns und unseren Beweggründen ab. Bedauern
wir, was wir getan haben, und wünschen wir ernsthaft, uns von
Gott einen besseren Weg zeigen zu lassen, erlangen wir
Vergebung. Wir haben unsere Lektion gelernt.
Wenn es uns nicht leid tut und wir weiterhin andere Menschen
verletzen, werden wir sicher trinken. Das ist unsere Erfahrung.
61
53
Allein – doch nicht einsam
Wie steht es mit den vielen AA, die aus verschiedenen Gründen
kein Familienleben führen können? Am Anfang kommen sie sich
einsam, verletzt und ausgestoßen vor, wenn sie sich in ihrem
Freundeskreis so viel häusliches Glück mit ansehen. Wenn sie
dieses Glück nicht haben, kann die Gemeinschaft AA ihnen eine
ähnliche beständige Geborgenheit anbieten?
Ja – wenn sie ernsthaft danach suchen.
Die so genannten Alleinstehenden berichten, dass sie sich
inmitten so vieler Freunde nicht mehr einsam fühlen. Zusammen
mit anderen Frauen und Männer könne sie sich eine Vielzahl von
Aufgaben, Menschen und sinnvollen Plänen widmen. Sie können
sich an Vorhaben beteiligen, die anderen mit einer Familie
versagt bleiben. Wir beobachten solche A.A. täglich, die
Erstaunliches leisten und dafür echte Freude ernten.
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62
54
Wachsende Einsicht
Wir müssen unsere persönlichen Beziehungen einer gründlichen
Prüfung unterziehen und dabei jede kleinste Information über
uns selbst und unsere größten Schwierigkeiten zerpflücken. Da
unsere gestörten Beziehungen zu anderen Menschen meist der
Grund unseres Leidens waren, einschließlich der Krankheit
Alkoholismus, bringt eine Untersuchung dieses Lebensbereiches
die besten und wertvollsten Ergebnisse.
Eine ruhige und nachdenkliche Betrachtung unserer
persönlichen Beziehungen vertieft die Selbsterkenntnis. Wir
können uns mit weit mehr Dingen befassen als nur mit denen,
die wir auf den ersten Blick als unsere Fehler ansehen.
So gelangen wir an die Wurzeln des Übels, eines Übels, das für
unser Verhalten verantwortlich war. Gründlichkeit macht sich
bezahlt, gut bezahlt. Das haben wir erkannt.
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55
Gottes Wille
Der Mensch soll denken und handeln. Er wurde nicht nach
Gottes Ebenbild geschaffen, um ein Automat zu sein.
Meine eigene Auslegung dieses Spruches ist wie folgt: Ich
überdenke das Für und Wider jeder Situation und bete dabei,
dass ich nicht durch eigensüchtige Gedanken beeinflusst werde.
Ich bin bereit, Gottes Willen zu tun.
Wenn ich dieses Problem in Seine Hand gegeben habe und keine
positive oder negative Antwort bekomme, warte ich, dass ich
geführt werde. Die Antwort wird mir zuteil, entweder direkt,
durch andere Menschen oder Ereignisse.
Wenn ich merke, dass ich ungeduldig werde und zu keinem
Entschluss komme, wiederhole ich meine Übung mehrmals,
versuche, den besten Weg einzuschlagen, und handele. Ich weiß,
dass der Himmel nicht einstürzt, wenn ich einen Fehler mache.
In jedem Fall habe ich etwas gelernt.
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56
Kritik ertragen
Manchmal erschrecken wir und werden wütend, wenn andere
Fehler bei den A.A. entdecken. Das kann uns so aufregen, dass
wir konstruktive Kritik nicht mehr verarbeiten können.
Mit diesen Empfindungen gewinnen wir weder Freunde, noch
erreichen wir ein Ergebnis. Fest steht, dass wir uns auf diesem
Gebiet noch verbessern können.
*
Harmonie, Sicherheit und künftige Beständigkeit der A.A.
hängen weitgehend von unserer persönlichen Haltung in den
Beziehungen zur Öffentlichkeit ab. Wir dürfen überhaupt nicht
aggressiv, sondern müssen friedlich sein. Wir müssen uns dran
halten, denn in unserer Trinkerzeit neigten wir zu Zorn,
Feindseligkeit, Widerspruch und Rechthaberei. Obwohl jetzt
nüchtern, sind die alten Gewohnheiten noch bis zu einen
gewissen Grad in uns. Sie warten nur darauf, bei irgendwelchen
günstigen Gelegenheiten wieder zum Vorschein zu kommen.
Wir wissen das jetzt. Ich bin darum sehr zuversichtlich, dass wir
in unserer Haltung der Öffentlichkeit gegenüber immer die
angemessene Zurückhaltung finden werden.
65
57
Besser als Gold
Als wir neu in der Gemeinschaft A.A. waren, haben sich viele von
uns einem geistigen Rausch hingegeben. Wie ein abgezehrter
Goldschürfer, den Gürtel über dem ausgehungerten Leib
zusammengezogen, sahen wir Gold.
Die Freude über unsere Befreiung von Iebenslanger
Enttäuschung kannte keine Grenzen.
Der Neue denkt, er habe etwas Besseres als Gold gefunden. Er
sieht gewiss nicht sofort, dass er eine endlose Ader nur
angekratzt hat, die erst Gewinn abwirft, wenn er bis zu seinem
Lebensende weitergräbt und das Gefundene weitergibt.
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58
Gerechte Empörung
Gerechte Empörung hat nur theoretisch einen positiven Wert -
besonders für Alkoholiker.
Es bleibt der Vernunft eines jeden Einzelnen überlassen, so
wütend zu sein, wie er möchte, vorausgesetzt, er kann für uns in
Anspruch nehmen, dass er gerecht ist.
*
Als wir von Missgunst erfüllt waren und auf Rache für unsere
Niederlage sannen, schlugen wir uns selbst mit der
schwingenden Keule, die wir für andere vorgesehen hatten.
Wir haben gelernt, bei wirklicher Aufregung unsere Erregung zu
dämpfen, ganz gleich, wer oder was die Ursache dafür ist.
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59
Überzeugung und Kompromiss
Eine Voraussetzung sinnvollen Lebens ist, geben und nehmen zu
können, die Fähigkeit zu freundlichen Kompromissen zu finden.
Mit Kompromissen tun wir uns ,,Alles-oder-nichts,, -Trinker
schwer.
Trotzdem dürfen wir niemals die Tatsache vergessen, dass
Fortschritt fast immer durch Verständigung zustande kommt.
Natürlich können wir nicht immer Kompromisse schließen. Es
gibt Ereignisse, bei denen wir stur auf unserer Überzeugung
beharren müssen, bis es zu einer Lösung kommt.
Die Entscheidung, ob wir einen Kompromiss schließen sollen
oder nicht, muss mit der größten Sorgfalt getroffen werden.
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60
Verstand allein?
Viele A.A. werden zu dem oder der selbstzufriedenen
Intellektuellen sagen: ..Ja , wir waren genau wie du, viel zu
schade für diese Welt. Wir hörten es gern, wenn uns die Leute
frühreif nannten. Wir nutzten unsere Erziehung dazu, um uns
wie Ballons aufzublasen, obgleich wir das vor anderen sorgfältig
zu verbergen suchten. Insgeheim waren wir der Meinung, dass
wir allein mit der Kraft unseres Verstandes uns über die übrigen
Menschen hinwegsetzen könnten.“
Der wissenschaftliche Fortschritt bewies uns, dass es nichts gab,
was ein Mensch nicht vollbringen kann. Wissen ist Kraft. Der
Intellekt kann die Natur besiegen. Da wir klüger als die meisten
Menschen waren (dachten wir), standen, uns wegen unseres
Denkens auch die Lorbeeren zu. Der Gott des Intellekts ersetzte
den Gott unserer Väter.
Aber König Alkohol hatte andere Absichten.
Wir, die wir spielerisch die Gewinne eingeheimst hatten,
verwandelten uns in ständige Verlierer. Wir erkannten, dass wir
alles noch einmal überdenken mussten. Sonst würden wir
sterben.
69
61
Frei von Furcht
Irgendwie wurde jeder Bereich unseres Lebens von der Furcht
berührt. Es war wie eine schreckliche und zerstörerische
Bedrohung. Das Gewebe unseres Daseins war zerrissen.
Die Furcht setzte tausend Dinge in Bewegung, die uns nur
Unglück brachten, das wir vermeintlich nicht verdient hatten.
Doch haben wir nicht die Kugel selbst ins Rollen gebracht?
*
Das Problem, die Furcht zu beseitigen, hat zwei Seiten. Wir
sollten versuchen, uns soviel wie möglich von Furcht zu
befreien. Das ist möglich.
Dann sollten wir Mut und Gnade finden, um mit der restlichen
Furcht fertig zu werden.
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62
Andere Türen
Wenn ein Betrunkener zu uns kommt und sagt, dass er das
Programm der A.A., die Menschen oder die Vertrauensleute
nicht mag; wenn er behauptet, es ginge ihm anderswo besser;
dann machen wir uns keine Sorgen. Wir sagen ihm einfach:
,,Vielleicht liegt dein Fall wirklich anders. Warum versuchst du es
nicht einmal anderswo?“
Sagt ein AA, dass er seine eigene Gruppe nicht mag, regen wir
uns nicht auf. Wir sagen ihm einfach: ,,Warum gehst du nicht in
eine andere Gruppe? Oder gründest eine eigene?“
Denjenigen, die sich ganz von der Gemeinschaft AA trennen
wollen, sagen wir freundlich adieu. Wir freuen uns, wenn sie sich
woanders wohler fühlen. Schlägt ihr Versuch jedoch fehl, stehen
sie vor folgender Entscheidung: Sie können irre werden oder
sterben oder zu den A.A. zurückkehren. Die Entscheidung liegt
allein bei ihnen.
(Tatsache ist, dass die meisten zurückkommen.)
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63
Befreit von Abhängigkeit
lch fragte mich: ,,Warum können diese zwölf Schritte mich nicht
von meiner unerträglichen Depression befreien?" Ich starrte auf
das Gebet des Hl. Franziskus: ,,Es ist besser zu trösten, als
getröstet zu werden."
Plötzlich wusste ich die Antwort. Mein Hauptfehler war immer
meine Abhängigkeit von Leuten oder Gegebenheiten, von denen
ich mir Ansehen, Sicherheit und Vertrauen versprach. Da ich
diese Dinge nicht so erhielt, wie ich es mir in meinen
perfektionistischen Träumen und Vorstellungen vorgemacht
hatte, kämpfte ich darum. Und mit der Niederlage stellte sich
meine Depression ein.
Gestärkt durch die Gnade des Gebets, erkannte ich, dass ich jede
Faser meines Willens und meiner Tatkraft dafür einsetzen
musste, diese falsche gefühlsmäßige Abhängigkeit von
Menschen und Dingen auszumerzen.
Erst dann konnte ich frei sein, um so lieben zu können wie der
Hl. Franziskus.
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64
Suche nach Entschuldigungen
Es gibt einige Freunde unter uns, die behaupten, sie hätten, als
sie noch tranken, niemandem geschadet außer sich selbst.
Unseren Familien haben wir nichts angetan, denn wir bezahlten
alle Rechnungen und tranken selten zu Hause. Unsere
Geschäftsfreunde haben wir nicht geschädigt, denn wir haben
unsere Arbeit erledigt. Unser Ruf erlitt keinen Schaden, weil wir
sicher waren, dass nur wenige Menschen von unserem Trinken
wussten. Und die es wussten, versicherten uns, dass ein braver
Mensch sich auch mal betrinken darf.
Welchen Schaden haben wir also verursacht? Sicher nicht mehr,
als wir mit ein paar Entschuldigungen schnell aus der Welt
schaffen konnten.
Diese Einstellung ist natürlich das Endergebnis zielbewussten
Vergessens. Es ist eine Einstellung, von der wir uns nur durch
tiefe und ehrliche Erforschung unserer Gründe und Handlungen
freimachen können.
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65
Wachstum durch den Zehnten Schritt
In der Gemeinschaft A.A. werden natürlich auch künftig Fehler
gemacht. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass wir davor keine
Angst zu haben brauchen, wenn wir bereit sind, unsere Fehler
zuzugeben und sie sofort zu berichtigen.
Das Wachstum jedes Einzelnen beruht darauf, wie er durch
Versuch und Irrtum zur Genesung kommt. Und genauso ist es
mit unserer Gemeinschaft.
Wir wollen stets daran denken, dass jede Vereinigung von
Männern und Frauen, die eigene Fehler nicht freimütig
berichtigen kann, mit Sicherheit zugrunde geht. Das ist
normalerweise die Strafe für unser Fehlverhalten auf dem Weg
nach vorn. Genau wie jeder A.A. ständig seine Inventur machen
und danach handeln muss, so muss das auch die Gemeinschaft
tun, wenn wir überleben und brauchbare und gute Dienste
leisten wollen.
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66
Nur im Notfall?
Ob wir gläubig waren oder nicht, wir gelangten zu der
Vorstellung, dass die Höhere Kraft eine Art Feuerwehr war, die
man im Notfall rufen konnte.
Die Feststellung, dass wir noch unser altes Leben führen würden,
hätte Gott uns nicht hin und wieder geholfen, geriet in
Vergessenheit. Viele von uns, die sich für religiös hielten,
erwachten jedoch mit der gleichen Einstellung. Indem wir uns
weigerten, Gott an die erste Stelle zu setzen, hatten wir uns
selbst einer Hilfe beraubt.
Jetzt bedeuten die Worte „Aus mir bin ich nichts, der VATER
schafft die Werke“ frohe Verheißung.
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67
Viele tausend „Gründer"
Ich danke Gott, dass ich zu den ersten A.A. gehöre, doch ich
wünsche sehr, dass das Wort „Gründer“ aus dem AA-Vokabular
gestrichen wird.
Wenn man es genau betrachtet, ist jeder, der erfolgreich im
Zwölften Schritt tätig war, der Gründer eines neuen Lebens bei
einem anderen Alkoholiker.
*
Die Gemeinschaft AA wurde nicht erfunden. Die Grundlage
wurde uns durch Erfahrung und Weisheit vieler großartiger
Freunde zugetragen. Wir haben uns einfach ihre Gedanken
entliehen und zu eigen gemacht.
*
Wir haben dankbar die aufopfernden Dienste vieler
Nichtalkoholiker in Anspruch genommen. Dass wir leben,
verdanken wir vielen Männer und Frauen aus medizinischen und
religiösen Berufen. Und ich spreche für Bob und mich, wenn ich
erkläre, wären unsere Frauen Anne und Louis nicht gewesen,
keiner von uns hätte mehr erlebt, dass die Gemeinschaft der
A.A. ihren Anfang nahm.
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68
Erneute Anstrengungen
Obwohl ich weiß, wie betroffen und traurig du nach diesem
Rückfall sein musst, sorge dich bitte nicht über einen
vorübergehenden Verlust deines inneren Friedens. Erneuere, so
gelassen wie möglich, deine Bemühungen im A.A.-Programm.
Beschäftige dich besonders mit der Meditation und der
Selbsterkenntnis.
Darf ich auch annehmen, dass du vielleicht starke Schuldgefühle
hast? Das ist nichts anderes als falscher Stolz. Ein aufrichtiges
Bedauern über das Geschehene ist gut. Aber Schuld - nein!
Der Rückfall kann sicherlich durch andere unnötige
Schuldgefühle passiert sein, die durch dein Fehlverhalten
aufkamen. Du solltest diese Möglichkeit auch in Betracht ziehen.
Aber hier solltest du dich nicht für dein Verhalten tadeln, du
kannst dich nur selbst bestrafen, wenn du dich weigerst, den
besseren Weg zu versuchen.
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69
Geben, ohne zu fordern
Schau dir einen A.A. an, der sich nach sechs Monaten
Zugehörigkeit zur Gemeinschaft im Zwölften Schritt versucht.
Wenn der Neue zu ihm sagt: ,,Lass mich in Ruhe“, lächelt der
Nüchterne nur. Er findet einen anderen Alkoholiker, dem er
helfen kann. Auf keinen Fall ist er wütend oder fühlt sich
abgelehnt.
Der Sponsor ist glücklich, wenn der nächste Hilfesuchende ihn
annimmt und dieser die ihm zuteil gewordene Liebe und
Beachtung an andere noch Leidende weitergibt.
Der Sponsor erwartet keinen Dank. Er ist nicht enttäuscht - seine
Belohnung ist, seine Freunde nüchtern und zufrieden zu sehen.
Er weiß sehr wohl, dass sein eigenes Leben durch einen
zusätzlichen Gewinn bereichert wurde, weil er ohne
Forderungen etwas an andere gegeben hat.
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70
Befreiende Wahrheit
Wie sehr die Wahrheit uns befreit, verstehen wir, die A.A., gut.
Sie sprengte die Fesseln, die uns an den Alkohol banden. Sie
befreit uns auch weiterhin von Konflikten und Trübsal; sie
verbannt Furcht und Einsamkeit. Die Einigkeit unserer
Gemeinschaft, die Liebe, die wir zu einander empfinden, die
Achtung, die uns in der Welt zuteilwird _ das alles sind
Auswirkungen der Wahrheit, die wir von Gott empfangen.
*
Wann und wie wir die Wahrheit sagen , oder ob wir schweigen ,
enthüllt, ob unsere Redlichkeit echt ist oder nicht.
Schritt Neun beschützt uns ganz besonders gegen den
Missbrauch der Wahrheit, wenn es da heißt: „Wir machten bei
diesen Menschen alles wieder gut, wo immer es möglich war, es
sei denn, wir hätte; dadurch sie oder andere verletzt. „ Weil hier
hervorgehoben wird, dass die Wahrheit sowohl verletzen als
auch heilen kann, wird diese wertvolle Empfehlung gewiss auf
mancherlei Weise in unserer Weiterentwicklung dienlich sein.
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71
Pearl Harbour
An dem Tag, als das Unglück von Pearl Harbour unser Land
erschütterte, befand sich ein guter Freund der A.A .in St. Louis.
Father Edward Dowling war kein Alkoholiker. Er war einer der
Gründer der mit Schwierigkeiten kämpfenden AA-Gruppe seiner
Stadt. Da viele seiner normalerweise nüchternen Freunde schon
zur Flasche gegriffen hatten, um den Schrecken von Pearl
Harbour hinunterzuspülen, befürchtete Father Ed, dass seine
geliebte A.A.-Gruppe dasselbe tun könnte.
Plötzlich traf er einen AA, nicht ganz ein Jahr nüchtern, der ihn in
eine Unterhaltung verwickelte – meist über A.A. - und Father Ed
stellte mit Erleichterung fest, dass sein Kamerad absolut
nüchtern war.
„Wie kommt es, dass du nicht über Pearl Harbour sprichst?
Warum wirft dich eine Niederlage nicht um?"
,,Was soll's", sagte der A.A., „jeder in unserer Gemeinschaft
hatte sein eigenes Pearl Harbour. Warum sollte uns Alkoholiker
so etwas umwerfen?“
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72
Gesunde oder ungesunde Abhängigkeit
Es gibt nichts Schlimmeres als die totale Abhängigkeit von einem
anderen Menschen. Das äußert sich oft in einer Forderung nach
Schutz und Liebe, die der andere möglicherweise nicht geben
kann. Plötzlich ziehen sich unsere erwählten Beschützer zurück,
und wir sind wieder allein - entweder wachsen wir oder wir,
oder wir gehen zugrunde.
*
Wir kamen zu dem Glauben, dass Gott selbst die Quelle ist, aus
der wir unsere innere Festigkeit schöpfen. Wir entdeckten, dass
Abhängigkeit von seiner vollkommenen Gerechtigkeit,
Vergebung und Liebe richtig ist und auch dann wirksam wird,
wenn alles andere versagt.
Bei richtig verstandener Abhängigkeit von Gott können wir
weder bei unseren Freunden den. lieben Gott spielen, noch
brauchen wir uns ganz von dem Schutz und der Fürsorge
anderer Menschen abhängig zu machen.
81
73
Toleranz nach beiden Seiten
Früher hatte ich denselben Standpunkt wie du. Glücklicherweise
ist unser Programm so, dass wir uns über die Existenz Gottes
nicht zu streiten brauchen; aber zu unserem eigenen Besten
sollten wir uns einer Kraft, größer als wir selbst, unterordnen.
Du sagst, die Gruppe ist deine Höhere Kraft, und kein
aufrichtiger A.A.-Freund wird versuchen, dich von dieser
Meinung abzubringen. Wir sollten alle dankbar dafür sein, dass
Genesung selbst auf dieser begrenzten Grundlage möglich ist.
Anderer Meinung zu sein, ist jedermanns Recht. Wenn du
erwartest, dass man deinen Standpunkt duldet, bin ich
überzeugt, dass du auch bereit bist, die Ansichten anderer zu
akzeptieren. Ich versuche, daran zu denken, dass im Laufe der
Jahrhunderte im Streit um den Glauben die geistreichsten
Menschen auf beiden Seiten gestanden haben.
Ich, der ich viele Jahre später geboren wurde, bin zu der
Überzeugung gelangt, dass es viel leichter ist zu glauben, dass
Gott die Menschen erschaffen hat, nicht aber die Menschen
Gott.
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82
74
Demut gegen Eigensucht
Menschen, die von Eigensucht getrieben werden, sind blind
gegenüber ihrer eigenen Verantwortung.
Einen Freund mit solcher Einstellung sollte man nicht trösten.
Wir sollten ihm helfen, eine Öffnung in der selbsterrichteten
Wand seines Egos zu entdecken, durch die das Licht der
Erkenntnis eindringen kann.
*
Jeder einzelne der Zwölf Schritte der A.A. beruht auf der
Vertiefung der Demut. Ohne ein Quäntchen Demut kann kein
Alkoholiker nüchtern bleiben. Auch haben fast alle A.A.
erfahren, dass sie kaum glücklich werden können, wenn sie
diese edle Eigenschaft nicht weiter fördern, als es für ihre
Nüchternheit unbedingt notwendig ist.
Ohne Demut ist ihr Leben nicht sinnvoll, im Gegenteil, sie
werden niemals den Glauben finden, um mit den
Widerwärtigkeiten fertig zu werden.
83
75
Finanzielle Sorgen verlieren
Als uns die Entlohnung einer Arbeit mehr bedeutete als die
Aufgabe selbst, als uns Gelderwerb zur finanziellen
Unabhängigkeit mehr bedeutete als die Abhängigkeit von Gott,
wurden wir Opfer unnötiger Sorgen. Und diese Ängste ließen es
nicht zu, dass wir ein ruhiges und zweckerfülltes Dasein führen
konnten (ganz gleich, wie unsere finanzielle Lage war).
Doch im Laufe der Zeit wurde es uns klar, dass wir durch die
Zwölf Schritte der A.A .diese Ängste abbauen konnten, wie
immer unsere materiellen Erwartungen auch waren. Wir
konnten selbst unangenehme Arbeit fröhlich erledigen, ohne
uns um den nächsten Tag zu sorgen. Wir fürchteten nicht mehr,
dass sich eine gute Situation zum Schlechten kehren könnte.
Wir hatten gelernt, dass sich aus allem Negativen irgendetwas
Wertvolles für uns und andere ergibt.
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84
76
Gott ist unwandelbar
Wandlung ist das Merkmal allen Wachsens. Vom Trinken zur
Nüchternheit, von der Unehrlichkeit zur Ehrlichkeit, von
Zerrissenheit zur Gelassenheit, von Hass zu Liebe, von kindischer
Abhängigkeit zu reifer Verantwortlichkeit - all dies und unendlich
mehr kennzeichnen die Wandlung zum Guten.
Diese Wandlungen werden erreicht, indem wir an gesunde
Grundsätze glauben und sie durchführen. Folglich müssen wir
die schlechten und unwirksamen Prinzipien durch gute und
gesunde ersetzen. Wir müssen manchmal selbst von guten
Grundsätzen lassen, weil wir entdecken, dass es noch bessere
gibt.
Nur Gott bleibt, wie Er ist. Er ist die Wahrheit.
85
77
Soll ich - oder soll ich nicht?
Gewöhnlich meiden wir keine Orte, an denen Alkohol
verabreicht wird, wenn unsere Anwesenheit dort unbedingt
erforderlich ist. Dazu gehören Gaststätten, Bars, Tanzlokale,
Empfänge, Hochzeiten und Partys.
Du wirst feststellen, dass du Urteilsfähigkeit erworben hast. Frag
dich selbst: ,,Habe ich eine gesellschaftliche, geschäftliche oder
persönliche Verpflichtung, an dieser Veranstaltung
teilzunehmen? Oder erhoffe ich mir insgeheim ein
Ersatzvergnügen?..
Gehe hin oder bleib weg. Tu, was dir richtig erscheint! Aber frag
dich vorher, ob du die innere Stärke hast und ob dein Motiv
ehrlich ist. Denk nicht daran, was du von dieser Veranstaltung
mitbringen wirst, sondern an das, was du hinbringst.
Wenn du unsicher bist, setz dich lieber mit einem anderen
Alkoholiker zusammen!
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78
Wege freimachen
Wenn wir im Laufe des Tages Schwierigkeiten gegenüberstehen
und Entscheidungen zu treffen haben, sollten wir eine Pause
einlegen, und das einfache Gebet sprechen: ,,Dein Wille
geschehe, nicht meiner!“
Befinden wir uns in einem Zustand großer innerer Erregung,
werden wir unser Gleichgewicht eher bekommen, wenn wir ein
passendes Gebet sprechen oder einen Satz, den wir aus einer
Schrift oder aus der Meditation in Erinnerung haben. Nur durch
ständiges Wiederholen gelingt es, unsere von Ärger Furcht,
Misstrauen oder Unverständnis blockierten inneren Wege
freizumachen.
Dann stoßen wir auf die sicherste Quelle der Hilfe, auf Gott. Wir
versuchen, das anzunehmen, was Er in dem Moment der
Überbelastung mit uns vorhat.
87
79
Wessen Verantwortung?
Eine A.A.-Gruppe kann sich nicht mit allen persönlichen
Problemen der Freunde befassen, die den Nichtalkoholikern
unserer Umwelt vorbehalten bleiben sollten. Zum Beispiel ist die
AA-AA –Gruppe kein Mittler im häuslichen Streit, sie gewährt
auch niemandem finanzielle Hilfe.
Obwohl ein AA manchmal Unterstützung in diesen Dingen von
seinen Freunden erhält, liegt die Hauptverantwortung für die
Lösung seiner Probleme in seinem Leben und in seiner
Entwicklung bei ihm selbst. Sollte sich eine AA-Gruppe zumuten,
Hilfestellungen dieser Art zu geben, würden ihre Fähigkeiten und
Kräfte hoffnungslos zerstört.
Der Hauptzweck einer Gruppe ist, anderen zur Nüchternheit zu
verhelfen – zur Befreiung vom Alkohol im Vermitteln und
Vorleben der Zwölf Schritte. Wenn wir uns nicht strikt an dieses
einzige Ziel halten, werden wir mit Sicherheit zugrunde gehen.
Und wenn das geschieht, können wir niemandem mehr helfen.
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80
Soll und Haben
Wenn wir uns am Klatsch beteiligt haben, sollten wir uns
folgende Fragen stellen: ,,Warum haben wir das gesagt? Wollten
wir damit helfen? Versuchten wir, unsere Erfahrungen
weiterzugeben? Oder hatten wir nicht das Gefühl der
Überheblichkeit, als wir über Fehler des anderen sprachen?
Oder wollten wir ihm nicht - aus Angst und Abneigung – einfach
eins auswischen?"
Mit diesen Fragen stellen wir einen ernsthaften Versuch an, uns
selbst zu überprüfen und nicht den anderen.
*
Eine Inventur braucht nicht immer mit roter Tinte geschrieben
zu werden. Es gibt natürlich ganz schlimme Tage, an denen
nichts richtig gelaufen ist. Gewöhnlich jedoch sind unsere
wachen Stunden mit konstruktiven Dingen ausgefüllt. Wir
erkennen gute Absichten, gute Gedanken und gute Taten.
Selbst wenn trotz aller Anstrengung etwas schiefgegangen ist,
können wir das auf die Habenseite schreiben.
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Gesunder Egoismus
Ich verstehe, dass du dich aufregst, wenn im Meeting gesagt
wird: ,,Das A.A.-Programm ist egoistisch." Mit ,,egoistisch"
bezeichnet man gewöhnlich jemanden, der habsüchtig und
fordernd ist und sich keine Gedanken um andere Menschen
macht. Natürlich weist das Leben nach dem AA-Programm keine
derartigen unschönen Züge auf.
Was meinen die Sprecher der A.A.? Jeder Theologe wird dir
sagen, dass die Rettung der eigenen Seele die größte Aufgabe
ist, zu der ein Mensch berufen wird. Ohne eine solche Rettung -
wie man das Wort auch auslegt - werden wir nur wenig oder gar
nichts haben. Für uns AA liegt darin sogar eine dringende
Notwendigkeit.
Können oder wollen wir die Nüchternheit nicht erlangen, sind
wir für immer verloren. Wir sind wertlos für alle geworden, auch
für uns selbst, bis wir Rettung vom Alkoholismus finden. Darum
müssen unsere Genesung und unser geistiges Wachsen an erster
Stelle stehen - das ist gesunder Egoismus.
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90
82
Ärger als Aktivposten
Meiner Meinung nach ist gerade diese Allgemeine
Dienstkonferenz Erfolg versprechend und richtungweisend -
weil es Schwierigkeiten gab. Und diese Schwierigkeiten wurden
Aktivposten. Sie wurden in Wachstum und Hoffnung
umgewandelt.
Die Gemeinschaft A.A. bildete sich aus Schwierigkeiten, aus den
größten und ernsthaftesten Schwierigkeiten, die ein Mensch
überhaupt haben kann, die Schwierigkeiten der unheimlichen
und schrecklichen Krankheit Alkoholismus. Jeder einzelne von
uns stieß zu den AA als er in Schwierigkeiten war, in
unglaublichen Schwierigkeiten, in Hoffnungslosigkeit. Darum
kam er zu uns.
Wenn diese Konferenz turbulent war, wenn jeder Einzelne tief
aufgewühlt ist, kann ich nur sagen : ,,Das ist gut so." Welches
Parlament, welche Republik, welche Demokratie hat noch keine
Tumulte erlebt?
Das Aufeinanderprallen gegensätzlicher Standpunkte gehört
zum Wesen dieser Gremien.
Sollten wir uns davor fürchten?
9
1
83
Wir können nicht allein leben
In jedem der Zwölf Schritte der A.A. wird uns empfohlen, das
Gegenteil unserer natürlichen Wünsche zu tun: Sie alle
verkleinern unser Ego. Wenn wir mit dem Abbau unseres Egos
beschäftigt sind, gibt es keinen härteren Schritt als den Fünften.
Kaum ein anderer Schritt ist für dauerhafte Nüchternheit und
innere Ausgeglichenheit wichtiger Wir wissen aus unserer A.A.-
Erfahrung, dass wir mit unseren drückenden Problemen und
unseren Charakterfehlern, die diese Probleme schaffen oder
verschlimmern, nicht allein leben können.
Wenn durch den Vierten Schritt alle diese Dinge an die wir uns
kaum noch erinnern konnten, vollkommen freigelegt wurden,
wird es dringend Zeit, das Leben von gestern mit seinen
schrecklichen Alpträumen aufzugeben. Es wird Zeit, dass wir mit
jemand darüber sprechen.
*
Bei der Lösung unserer Schwierigkeiten können wir uns nicht
immer auf Freunde verlassen. Ein guter Ratgeber wird niemals
für uns denken. Er weiß, dass wir die letzte Entscheidung selbst
treffen müssen. Darum wird er uns helfen, Furcht,
Ausweglosigkeit und Selbsttäuschung auszuräumen, damit wir
Entscheidungen treffen können, die auf Liebe, Weisheit und
Ehrlichkeit beruhen.
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92
84
Gewinn aus Verantwortung
Glücklicherweise hat die Gemeinschaft A.A. finanziell keine
großen Ausgaben. Konnten wir sie aber nicht bezahlen. würden
wir uns jeder Verantwortung entziehen, die segensreich für uns
ist.
Die meisten Alkoholiker sagen, sie hätten nicht allzu viel
Schwierigkeiten gehabt, die nicht mit Geld zu beheben gewesen
wären. Wir sind eine Gruppe von Menschen, die immer auf der
Jagd nach Geld war, solange wir tranken. Sobald wir anfangen,
unsere Rechnungen selbst zu bezahlen, beginnt die Veränderung
zum Guten
*
Mein Freund Henry verlor wegen seines Trinkens eine
hochdotierte Stellung. Es blieb ihm ein schönes Haus – doch die
Kosten waren dreimal so hoch wie seine kleinen Einkünfte. - Er
hätte das Haus vermieten und genug für den Unterhalt
einnehmen können. Aber nein! Henry sagte, Gott wolle, dass er
dort wohne, und er würde auch für die Bezahlung der Kosten
Sorge tragen. Henry ließ in seinen glühenden Glauben alle
Rechnungen unbezahlt. Es dürfte kaum jemanden überraschen,
dass seine Gläubiger eines Tages alles übernahmen. Heute lacht
Henry darüber. Er hat gelernt, dass Gotte denen eher hilft, die
bereit sind. sich selbst zu helfen.
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85
Das Leben ist keine Sackgasse
Wenn ein Mann oder eine Frau ein geistiges Erwachen erlebt
haben, liegt die größte Bedeutung darin, dass er oder sie jetzt
tun, empfinden und glauben können, was vordem mit den
schwachen Kräften und Mitteln allein nicht möglich war. Es ist
wie eine kostbare Gabe, die eine neue Auffassung vom
Bewusstsein und Dasein schenkt.
Dem Betreffenden wurde ein Weg gewiesen, und er weiß, dass
dieser Weg irgendwohin, führt, er weiß, dass das Leben keine
Sackgasse ist und weder zu erdulden noch zu beherrschen ist.
Hier hat eine Umwandlung im wahrsten Sinne des Wortes
stattgefunden, weil dieser Freund eine Quelle der Kraft
freigelegt hat, der er sich bis jetzt versagt hatte.
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94
86
Raum für Verbesserung
Wir gelangen zu dem Glauben, dass die AA-Schritte und die
A.A.-Traditionen in etwa die Wahrheit enthalten, die wir zu
Genesung brauchen. Je mehr wir uns darin üben, desto mehr
lieben wir sie. Deshalb werden die A.A.-Prinzipien in ihrer
jetzigen Form ohne Zweifel auch weiterhin ihre Gültigkeit
behalten.
Wenn wir eine stabile Grundlage haben, was bleibt dann noch
übrig, das wir ändern oder verbessern könnten?
Die Antwort ist schnell gegeben. Da wir unsere Prinzipien nicht
zu ändern brauchen, können wir ihre Anwendung auf uns selbst,
auf die Gemeinschaft A.A. als Ganzes und auf unsere
Beziehungen zur Umwelt wirksamer gestalten.
Wir können „unser tägliches Leben nach diesen Grundsätzen
ausrichten.“
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87
Grundstein für den Triumphbogen
Der Alkohol hat uns dahin gebracht, dass wir für geistige Dinge
offen wurden. In dieser Hinsicht ist der Alkohol ein großer
Überredungskünstler. Am Ende trieb er uns zu Vernunft.
*
Wir mussten aufhören, Gott zu spielen. Es klappte nicht. Wir
beschlossen, Gott zu unserem Regisseur in diesem Lebensdrama
zu machen. Er war der Chef, wir waren die Untergebenen.
Die meisten guten Gedanken sind einfach, und diese Einstellung
war der Grundstein des neuen Triumphbogens, durch den wir in
die Freiheit schritten.
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88
Willenskraft und eigene Entscheidung
Wir A.A. kennen die nutzlosen Versuche, die Trunksucht allein
mit Willenskraft zu bekämpfen. Wir wissen, es bedarf großer
Bereitwilligkeit, die zwölf Schritte der A.A. als einen Lebensweg
zu akzeptieren, der uns unsere Gesundheit wiedergeben kann.
Wie weit unsere Alkoholsucht schon gewesen sein mag – wir
sind glücklich darüber, dass wir noch Entscheidungen treffen
können. Zum Beispiel liegt es an uns zuzugeben, dass wir
persönlich dem Alkohol gegenüber machtlos sind; dass die
Abhängigkeit von einer „Höheren Kraft“ notwendig ist, selbst
wenn es nur die einfache Abhängigkeit von einer AA-Gruppe ist.
Wir stehen vor der Entscheidung, ein Leben in Ehrlichkeit und
Demut zu versuchen, ausgefüllt mit selbstlosem Dienst an
unseren Freunden und für „Gott, wie wir Ihn verstehen.“
Je mehr solcher Entscheidungen wir treffen, je mehr wir dieses
hohe Ziel anstreben, desto mehr kehrt unsere Gesundheit
zurück, und der Zwang zum Trinken verschwindet.
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Rückschau auf den Tag
Vor dem Schlafengehen lassen wir unseren Tag noch einmal
vorbeilaufen.
Waren wir ärgerlich, selbstsüchtig, unehrlich oder ängstlich?
Steht noch eine Entschuldigung aus? Haben wir etwas für uns
behalten, was sofort mit einem anderen zu besprechen gewesen
wäre? Waren wir freundlich und liebenswürdig anderen
gegenüber? Was hätten wir besser machen können? Haben wir
die meiste Zeit an uns selbst gedacht? Oder haben wir daran
gedacht, was wir für andere tun und wie wir unseren
Lebensinhalt reicher gestalten können?
Wir müssen sorgfältig darauf achten, dass wir uns nicht in
Sorgen, Reue oder trübe Gedanken verlieren, weil dadurch
unser Wert für uns selbst und für andere gemindert würde.
Nachdem wir die Rückschau gehalten haben, bitten wir Gott um
Vergebung und fragen Ihn, wie wir es besser machen können.
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98
90
Einsamkeit verschwindet
Alkoholiker werden fast ausnahmslos von der Einsamkeit
zermürbt. Selbst damals, als unser Trinken noch nicht so
schlimm war und die Leute uns noch nicht mieden, litten wir alle
unter dem Gefühl des Nicht-Dazugehörens. Wir waren entweder
schüchtern und wagten uns nicht an andere ran, oder wir
gehörten zu den lauten, guten Typen, die ständig vergeblich
Beachtung und Verbrüderung suchten. Immer stand eine
unsichtbare Mauer dazwischen, die wir nicht überspringen
konnten.
Das war ein Grund, weshalb wir dem Alkohol zusprachen. Doch
selbst Bacchus hinterging uns; wir waren am Ende geschlagen
und in schrecklicher Einsamkeit.
*
In der Gemeinschaft AA bekommt das Leben einen neuen Sinn.
Du siehst Menschen gesund werden, siehst sie anderen helfen,
du siehst die Einsamkeit verschwinden, siehst eine Gemeinschaft
wachsen, du hast eine Menge Freunde – das sind Erfahrungen,
die du dir nicht entgehen lassen solltest.
99
91
Mut und Vorsicht
Als wir unsere Furcht nicht loswurden, sie aber als solche
erkannten, konnten wir mit ihr fertig werden. Wir fingen an,
jedes Übel als eine gottgegebene Chance zu betrachten, um
einen Mut zu entwickeln, der aus Demut und nicht aus Prahlerei
geboren ist.
*
Vorsicht ist eine gute Arbeitsgrundlage, ein Kanal, auf dem man
geradeaus segeln kann zwischen Hindernissen Furcht auf der
einen und Verwegenheit auf der anderen Seite. Vorsicht richtig
angewandt, schafft ein bestimmtes Klima, das einzige Klima, in
dem Harmonie, Erfolg und beständiger geistiger Fortschritt
gedeihen.
*
Vorsicht ist Klugheit ohne Angst.
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100
92
Auf dem Weg zur Gelassenheit
Als ich müde wurde und mich nicht mehr konzentrieren konnte,
holte ich mir dadurch neue Lebenskraft, dass ich einfach
spazieren ging und tief atmete. Manchmal glaubte ich, selbst das
nicht mehr tun zu können – ich war zu schwach. Doch dann
merkte ich, dass dies Punkt der Punkt war, an dem ich nicht
aufhören durfte, wollte ich nicht in eine noch tiefere Depression
verfallen.
Ich setzte mir selbst ein kleines Ziel. Ich beschloss, eine
Viertelmeile zu laufen. Und ich wollte mich auf meine Atmung
konzentrieren – sagen wir: Sechs Schritte laufen, dabei langsam
einatmen, und vier Schritte laufen, ausatmen. Nachdem ich so
eine Viertelmeile hinter mich gebracht hatte, fühlte ich mich
kräftig genug, noch weiter zu laufen, vielleicht eine halbe Meile,
und noch eine.
Ich schöpfte Mut. Die falsche Vorstellung körperlicher Schwäche
verschwand (dieses Gefühl ist charakteristisch für
Depressionen). Das Laufen und besonders das Atmen waren
kraftvolle Beweise des Lebens. Sie lenkten mich ab von Versagen
und Tod. Das Zählen erfordert ein klein wenig Konzentration, die
mir Ruhe vor den Strapazen und vor den Tränen der Furcht und
Schuld brachte.
101
93
Im Geist der Gnade
Die Freunde unter uns, die regelmäßig beten, kommen ohne
Gebet genauso wenig aus wie ohne Luft, Nahrung oder Sonne.
Aus dem gleichen Grund leiden wir körperlich, wenn wir uns
Luft, Licht und Nahrung nicht gönnen. Wenn wir uns von
Besinnung und Gebet abkehren, entziehen wir unseren Geist,
unseren Gefühlen und unseren Intuitionen die
lebensnotwendige Nahrung.
Ebenso wenig wie der Körper ohne Nahrung seine Funktion
erfüllt, kann es die Seele.
Wir brauchen das Licht Gottes, die Zufuhr Seiner Kraft und den
Geist Seiner Gnade. Diese drei uralten Wahrheiten finden sich in
wunderbarer Weise im A.A.-Programm wieder.
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102
94
„…nach diesen Grundsätzen …“
Der Hauptzweck der A.A. ist die Nüchternheit. Wir alle wissen,
dass wir ohne Nüchternheit überhaupt nichts haben.
Mann kann, soweit es den einzelnen A.A. angeht, dieses
einfache Ziel in größten Unsinn verwandeln. Wir hören einen
Freund sagen: „Nüchternheit ist meine eigene Angelegenheit.
Ich bin ein ziemlich guter Mensch, außer dass ich mit dem
Trinken nicht zurechtkomme. Gebt mir Nüchternheit, dann habe
ich’s geschafft.“
Solange unser Freund an diesem bequem Alibi festhält, wird er
bei seinen Problemen in seinem Leben und seinen
Verpflichtungen einen geringen Fortschritt machen, dass er auf
dem richtigen Weg ist, sich wieder zu betrinken. Darum betont
der Zwölfte Schritt der A.A., dass wir versuchen, „unser tägliches
Leben nach diesen Grundsätzen auszurichten“.
Wir leben nicht nur, um nüchtern zu sein; wir leben, um zu
lernen, zu dienen und zu lieben.
103
95
Geistiger Kindergarten
Wir betreiben nur einen geistigen Kindergarten, der den
Menschen einen Weg zeigt, mit dem Trinken fertig zu werden
und die Gnade zu finden, ein sinnvolles Leben zu führen. Die
religiöse Einstellung jedes Einzelnen muss seine eigene
Angelegenheit bleiben.
*
Bei der Vorbereitung des Blauen Buches meinten einige
Freunde, es sollte streng christlich geschrieben werden. Andere
hatten keine Einwände gegen das Wort „Gott“, aber es sollte
nicht dogmatisch verwendet werden. Geistig – ja, religiös – nein.
Andere dachten an ein psychologisches Buch, für das sich
Alkoholiker sicher interessieren werden. Hätte man sie einmal in
die Gemeinschaft gelockt, dann könnte es ihnen überlassen
bleiben, Gott zu akzeptieren oder nicht, ganz nach Wunsch.
Wir anderen fanden solche Gespräche erschreckend, aber Gott
sei Dank hörten wir zu. Unser Gruppengewissen arbeitete, damit
wir das beste und wirkungsvollste Buch zustande brachten. –
Jeder Einzelne spielte eine wichtige Rolle. Unsere Atheisten und
Agnostiker erweitern das Tor, so dass alle, die noch leiden,
eintreten können, ganz gleich, ob sie glauben oder nicht
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104
96
Nur die schlimmsten Fehler
?
Wohl jeder möchte seine schlimmsten Fehler und sichtbarsten
Fehler los sein. Niemand möchte so stolz sein, dass er als
Angeber verschrien ist, oder so habsüchtig, dass man ihn einen
Dieb nennt. Niemand möchte so wütend werden, dass er
mordet, so gierig, dass er vergewaltigt, so gefräßig, dass er seine
Gesundheit ruiniert. Niemand möchte von ständigem Neid
gequält oder von Faulheit gelähmt sein.
Natürlich wirken sich bei den meisten Menschen die
Charakterfehler nicht bis ins Extrem aus, und wenn wir uns der
niedrigen Gefühle entledigen konnten, dürfen wir uns selbst
gratulieren.
Sollten wir? War es schließlich nicht im eigenen Interesse, dass
die meisten von uns versuchten, diese Fehler abzustreifen? Es
gehört nicht viel geistige Anstrengung dazu, die übelsten
Auswüchse zu vermeiden, weil wir wissen, dass sie bestraft
werden. Aber wenn wir die gleichen Charakterfehler unter
weniger gewalttätigen Gesichtspunkten betrachten – wo stehen
wir dann?
105
97
Selbstachtung
Am Anfang opferten wir den Alkohol. Wir wussten, sonst hätte
er uns umgebracht. Doch ohne weitere Opfer konnten wir nicht
vom Alkohol loskommen. Wir mussten Selbstgerechtigkeit,
Selbstmitleid und Zorn direkt aus dem Fenster werfen. Wir
mussten die verrückte Jagd nach persönlichem Ansehen und
einen dicken Bankkonto einstellen. Wir mussten die persönliche
Verantwortung für unseren traurigen Zustand übernehmen und
aufhören, andere Menschen dafür verantwortlich zu machen.
Waren das Opfer? Ja.
Damit wir genug Demut und Selbstachtung bekamen, um
überleben zu können, mussten wir unseren liebsten Besitz
aufgeben: Unseren Ehrgeiz und unseren falschen Stolz.
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Streit und Ärger
Es wird im Blauen Buch gesagt, dass „der Groll Feind Nummer
eins ist.“ Groll ist auch die Hauptursache für einen Rückfall. Wir
AA wissen sehr gut, dass Trinken für uns entweder Wahnsinn
oder Tod bedeutet.
Die gleiche Gefahr schwebt über jeder AA-Gruppe. Sobald sich
genug Ärger aufgestaut hat, sind Einigkeit und Ziel dahin.
Kommt „berechtigte“ Entrüstung hinzu, kann die Gruppe
zerfallen; sie kann tatsächlich sterben.
Darum vermeiden wir Streitigkeiten. Darum gibt es bei uns keine
Bestrafung für ein Fehlverhalten, ganz gleich wie schlimm es ist.
Keinem Alkoholiker kann aus irgendwelchen Gründen die
Zugehörigkeit zu unserer Gemeinschaft versagt werden.
Strafe heilt niemals. Nur Liebe kann heilen.
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Rückfällige brauchen Verständnis
Rückfälle haben oft ihre Ursache in Auflehnung; einige von uns
sind rebellischer als andere. Dem Rückfall kann auch die Illusion
vorausgehen, Alkoholismus sei heilbar. Rückfälle sind weiterhin
auf Sorglosigkeit und Selbstzufriedenheit zurückzuführen.
Viele von uns sind nicht in der Lage, die Zeiten der Nüchternheit
richtig zu nutzen. Es geht zwei oder drei Jahre gut – dann wird
der Betreffende nicht mehr gesehen. Einige von uns leiden unter
außergewöhnlichen Schuldgefühlen, weil sie Untugenden oder
Gewohnheiten nicht aufgeben können oder wollen. Zu wenig
Versöhnlichkeit mit sich selbst und zu wenig Gebete – das ist die
Kombination, die zum Rückfall führt.
Außerdem haben einige von uns mehr Schaden durch den
Alkohol erlitten als andere. Andere sind vom Pech verfolgt und
können nicht die geistige Kraftquelle finden, um damit fertig zu
werden. Andere sind körperlich krank. Dann gibt es noch die, die
mehr oder weniger unter Erschöpfung, Angst und Depression
leiden.
Dies alles spielt beim Rückfall eine Rolle – manchmal sogar eine
ausschlaggebende.
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100
Der vergessene Berg
Schon als Kind erwarb ich Charaktereigenschaften, die viel mit
meiner späteren unersättlichen Gier nach Alkohol zu tun hatten.
Ich wuchs in einer kleinen Stadt in Vermont auf, zu Füßen des
Mount Aeolus. Ich erinnerte mich, dass ich schon sehr früh
diesen mächtigen und geheimnisvollen Berg betrachtete und
mich fragte, welche Bedeutung er hat und ob ich ihn je
erklimmen könnte. Doch ich wurde sofort von meiner Tante
abgelenkt, die mir an meinem vierten Geburtstag einen Teller
mit Schokoladenbonbons brachte.
In den nächsten 35 Jahren führte ich das „ Schokoladenbonbon-
Leben“ und vergaß den Berg.
*
Wenn Genusssucht nicht zur Zerstörung führt, dann nennen wir
sie beim Namen. Wir sagen: „Wir haben unsere
Bequemlichkeit.“
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101
Geistiges Erwachen
Wie oft sitzen wir in einem A.A.-Meeting und hören jemand
sagen: „Aber ich habe das geistige Erwachen noch nicht erlebt.“
Und vorher sprach er von dem Wunder der Wandlung, das er
erlebt hat – nicht nur seine Befreiung vom Alkohol, sondern
auch eine vollkommene Wandlung seiner Einstellung zum Leben.
Jeder spürt, dass der Freund ein großes Geschenk erhalten hat,
ein größeres, als es aus bloßer Zugehörigkeit zur Gemeinschaft
der A.A. zu erwarten wäre.
Darum lächeln wir Zuhörer und denken: „Na, bei diesem
Burschen riecht man ja förmlich das geistige Erwachen, nur er
selbst scheint noch nichts davon zu wissen.“
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102
Heilsames Gespräch
Wenn wir einen A.A.- Freund um Rat fragen, sollten wir nicht
zögern, ihn um Verschwiegenheit zu bitten. Vertrauliche
Gespräche zwischen uns sind normalerweise frei und
ungehemmt, und der eine oder andere vergisst schon mal, dass
wir von ihm Schweigen erwarten.
Dieser unantastbare Schutz ist die Voraussetzung für solch
heilsame Aussprache. Er sollte niemals verletzt werden.
Diese Art Gespräche bringt unbezahlbaren Nutzen. Hier haben
wir die beste Gelegenheit, so ehrlich zu sein, wir nur können.
Wir brauchen weder die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass
wir andere Menschen verletzen könnten, noch fürchten wir, uns
lächerlich oder verächtlich zu machen. Außerdem können wir
uns auf diese Art am besten über Selbsttäuschung klar werden.
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103
Grundsätze vor Zweckmäßigkeit
Die meisten von uns dachten, guter Charakter sei
wünschenswert. Offensichtlich hatte ein guter Charakter etwas
mit Selbstzufriedenheit zu tun. Wenn wir Ehrlichkeit und Moral
richtig einsetzen – so glaubten wir - , hätten wir eine bessere
Chance, das zu bekommen, was wir möchten. Aber immer, wenn
wir zwischen Charakter und Bequemlichkeit zu wählen hätten,
verlor sich die Charakterbildung im Nebel unserer Jagd nach
dem vermeintlichen Glück.
Selten sahen wir in der Charakterformung etwas
Erstrebenswertes. Wir dachten nicht daran, Ehrlichkeit, Toleranz
und Liebe zu Gott und unseren Nächsten zur Grundlage unseres
täglichen Lebens zu machen.
*
Eine als richtig erkannte Geisteshaltung in die rechte innere
Einstellung umzuwandeln und damit in ein leichtes, glückliches
und gutes Leben – das ist die eigentliche Aufgabe im Leben.
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104
Der neue Chef
Wir hatten einen neuen Chef“. Da Er allmächtig war, sorgte Er
für unsere Bedürfnisse, falls wir zu Ihm hielten und seine Arbeit
richtig ausführten.
Auf dieser Basis verloren wir immer das Interesse an uns, an
unseren kleinen Plänen und Vorhaben. Gleichzeitig
interessierten wir uns mehr für das, was wir zum Leben
beitragen könnten.
Als wir neue Kraft in uns hereinströmen fühlten, als wir uns des
inneren Friedens erfreuten, als wir entdeckten, dass wir dem
Leben erfolgreich begegnen konnten, verloren wir die Furcht vor
heute, morgen oder später. Wir waren wiedergeboren.
*Bill meint in übertragenem Sinne die Höhere Kraft.
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105
Laufen lernen
Wendet man zu viel Zeit für irgendeinen Alkoholiker auf,
bedeutet das, einem anderen die Chance vorzuenthalten, zu
leben und glücklich zu sein. Einer unserer Freunde erlitt
tatsächlich Schiffbruch mit seinem ersten halben Dutzend
Trinkern. Er sagte oft, wenn er sich weiter mit ihnen beschäftigt
hätte, hätte er viele andere vernachlässigt, die jetzt nüchtern
sind, weil sie diese Chance wahrnahmen.
Unsere größte Verantwortung dem Neuen gegenüber liegt darin,
ihm das Programm hinreichend zu erklären. Reagiert er nicht
oder streitet mit uns, bleibt uns nichts, als unsere eigene
Nüchternheit zu bewahren.
Wenn der Neue allmählich begreift, worum es geht, werden wir
nicht müde, ihm auf jede erdenkliche Art zu helfen.
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106
Vollkommene Demut
Ich suche für mich die beste Definition des Begriffs Demut. Dies
ist keine vollkommene Definition, weil ich immer unvollkommen
sein werde.
Während ich dies schreibe, fällt mir Folgendes ein:
„Vollkommene Demut ist ein Zustand völliger Freiheit von mir,
Freiheit von allen Ansprüchen, die meine Charakterfehler an
mich stellen. Vollkommene Demut könnte die absolute
Bereitschaft sein, jederzeit und überall den Willen Gottes zu
finden und ihn auszuführen.“
Bei meinen Gedanken erschrecke ich nicht, weil ich das niemals
verwirklichen werde. Ich schwelge auch nicht in der Hoffnung,
dass mir diese Tugenden eines Tages alle zu eigen sein werden.
Ich brauche nur ein wenig in dieser Vorstellung zu verweilen; sie
wächst und beginnt, mein Herz zu füllen. Danach ziehe ich einen
Vergleich zu meiner letzten persönlichen Inventur. So wird mir
eine vernünftige und gesunde Einschätzung meines Standortes
auf dem Wege zur Demut zuteil. Ich erkenne, dass meine Reise
zu Gott gerade angefangen hat.
Damit kehre ich zurück zu meiner richtigen Schuhgröße; meine
Ichbezogenheit und meine Wichtigkeit werden lächerlich.
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Zwei Arten von Stolz
Die Selbstherrlichkeit der „guten Menschen“ kann genauso viel
Schaden anrichten, wie die offenkundigen Verfehlungen der
vermeintlichen nicht so guten.
Lautstark entrüsten wir uns darüber, dass sich Millionen „guter,
frommer Menschen“ gegenseitig im Namen Gottes töten. Das
liegt an unserer negativen Grundeinstellung.
Nachdem wir zu den A.A. gehörten, mussten wir einsehen, dass
diese Einstellung Nahrung für unsere Überheblichkeit war. Beim
Auseinanderpflücken der Fehler einiger „frommer“ Menschen
fühlten wir uns über alle erhaben. Mehr noch, das lenkte uns
von eigenen Fehlern ab.
Selbstherrlichkeit – genau das, was wir ständig bei anderen
verurteilt hatten – war unsere eigene üble Angewohnheit. Mit
großen Sprüchen drückten wir uns auch in Glaubensfragen. In
der Gemeinschaft der A.A. kamen wir zu besseren Einsichten.
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116
108
In Stille lernen
Im Jahr 1942 wurden wir von einem New Yorker Freund auf
einen Zeitungsausschnitt aufmerksam gemacht. In einer
Todesanzeige standen die Worte:
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich
nicht ändern kann; den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern
kann; und die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.“
Niemals sahen wir so viel geistiges Gedankengut unserer
Gemeinschaft in so wenigen Worten. Mit erstaunlicher
Geschwindigkeit wurde der Gelassenheitsspruch allgemein
übernommen.
*
In der Besinnung ist kein Platz für Auseinandersetzungen. Wir
verweilen Still bei Gedanken oder Gebeten von verstehenden,
geistig inspirierten Menschen; nur so wachsen und lernen wir.
Dies ist der Zustand, in dem wir oft den bewussten Kontakt zu
Gott entdecken und vertiefen.
117
109
Freiheit durch Akzeptieren
Wir haben zugegeben, dass wir mit unseren eigenen Kräften
dem Alkohol gegenüber machtlos waren. Wir akzeptieren auch,
dass die Abhängigkeit von einer Höheren Kraft (und wenn es
nur die A.A.-Gruppe ist) dieses bis dahin unmögliche
Unterfangen zustande bringen könnte. Zu dem Zeitpunkt, als wir
diese beiden Tatsachen voll akzeptieren konnten, setzte die
Befreiung vom Verlangen nach Alkohol ein.
Für die meisten von uns bedeuteten diese beiden Arten des
Akzeptierens eine unwahrscheinliche große Anstrengung.
Unsere bis dahin sorgsam gehütete Ansicht, alles alleine zu
schaffen, musste aufgeben werden. Mit bloßer Willenskraft war
hier nichts zu wollen; statt dessen entstand als Ergebnis unserer
Entwicklung die Bereitschaft, dieses neue Leben anzunehmen.
Wir liefen weder davon, noch kämpften wir. Wir akzeptierten
und begannen, frei zu werden.
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118
110
Schwierigkeiten: Fluch oder Segen?
Es gab eine Zeit, in der wir Schwierigkeiten ignorierten in der
Hoffnung, sie würden verschwinden. Oder wir liefen in Angst
und Schrecken davon, doch die Schwierigkeiten liefen mit.
Häufig wehrten wir uns auch voll Unvernunft, Bitterkeiten und
Schmach. Diese durch Alkohol geförderten Fehlhaltungen waren
Garantie für unseren Untergang.
Dann kamen die A.A. Wir hörten bei ihnen, dass Schwierigkeiten
in der Tat für jeden Menschen ein Stückchen Leben bedeuten –
eine Tatsache, die wir verstehen und mit der wir fertig werden
mussten. Wir stellten zu unserer Überraschung fest, dass unsere
Schwierigkeiten sich durch die Gnade Gottes in unvorstellbaren
Segen verwandeln konnten.
Das war also das eigentliche Wesen der A.A.: Schwierigkeiten
annehmen. Ihnen offen mit ruhigem Mut begegnen – die
Schwierigkeiten werden kleiner und verschwinden häufig. Das ist
die Geschichte der A.A., und wir sind ein Teil davon geworden.
Derartige Erfahrungen füllen unser Vorratslager für den noch
leidenden Alkoholiker.
119
111
Rückblick auf die Vergangenheit
Wir sollten eine genaue und wirklich erschöpfende Übersicht
über unser vergangenes Leben aufstellen, weil wir auch anderen
Menschen Schaden zugefügt haben. Oft werden wir feststellen,
dass unser Handeln die andern weniger geschmerzt, als uns
geschadet hat. Außerdem bleiben gefühlsmäßige Konflikte sehr
tief, manchmal vergessen, im Unterbewusstsein.
Darum sollten wir ernsthaft diese Gegebenheiten aus der
Vergangenheit in unsere Erinnerung zurückrufen und sie
überdenken. Sie sind häufig der Grund unserer Konflikte – und
sie bringen uns immer wieder in heftigen Gefühlsstreit. Sie
entstellen unsere Persönlichkeit – und unser Leben verändert
sich zum Schlechten.
*
Auf Enttäuschungen reagieren viele von uns stärker als andere
Menschen. Wenn wir solche Episoden noch einmal durchleben
und sie ganz vertraulich mit einem anderen Menschen
besprechen, verkleinern sie sich, und ihre Kraft im
Unterbewusstsein wird geringer.
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120
112
Vollkommene Sicherheit?
Nachdem wir uns der Gemeinschaft A.A. angeschlossen hatten,
versetzten uns die verschwendeten Jahre in Panik. Uns mit Geld
wichtig zu machen, war nicht mehr unser Hauptziel. Statt
dessen strebten wir jetzt materielle Sicherheit an.
Wieder ins Berufsleben zurückgekehrt, wurden wir weiterhin
von ständiger Furcht verfolgt. Wir entwickelten uns zu
Geizhälsen und Pfennigfuchsern. Wir wollten nur noch finanziell
abgesichert sein.
Wir vergaßen, dass die meisten A.A. eine beträchtliche, über den
Durchschnitt liegende Arbeitskraft haben; wir vergaßen den
guten Willen unserer Freunde, die uns gern zu einem besseren
Posten verhelfen wollten, wir vergaßen die tatsächliche und
mögliche finanzielle Unsicherheit eines jeden Menschen auf der
Welt.
Und am schlimmsten war, wir vergaßen Gott. In
Geldangelegenheiten hatten wir nur zu uns Vertrauen, und
davon nicht einmal viel.
121
113
Aufrichtig sein
Ich glaube, wir haben zu oft Pläne unserer Freunde, die auf dem
Gebiet des Alkoholismus beruflich tätig sind, zerstört oder gar
lächerlich gemacht, und zwar nur, weil wir nicht ständig mit
ihnen zusammen sind.
Wir sollten uns sehr ernsthaft die Frage stellen, wie viele
Alkoholiker weiter getrunken haben, nur weil wir mit vielen
dieser Stellen nicht so gut zusammengearbeitet haben, wie es
notwendig gewesen wäre, ob diese Stellen nun gut, schlecht
oder mittelmäßig sind. Kein Alkoholiker sollte mehr wahnsinnig
werden oder sterben, weil er am Anfang nicht sofort zu den AA
ging.
*
Unser erstes Ziel wir die Arbeit an der Selbstbeherrschung sein.
Das hat Vorrang. Wenn wir hastig und unbesonnen sprechen
und handeln, verpufft die Fähigkeit der Aufrichtigkeit und
Toleranz auf der Stelle.
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122
114
Keine persönliche Kraft
Am Anfang lag mir der Ausweg aus meinen persönlichen
Schwierigkeiten so klar vor Augen, dass ich mir nicht vorstellen
konnte, irgendein Alkoholiker würde dieses so treffende
Angebot ablehnen. Da ich fest daran glaubte, dass Christus alles
tun kann, stellte ich mir im Unterbewusstsein vor, Er würde
durch mich alles tun – genau dann und genauso, wie ich es
wünschte. Nach sechs langen Monaten musste ich einsehen,
dass keiner hundertprozentig dem Herrn vertraut, ich war da
keine Ausnahme.
Das brachte mich zu der gesunden Erkenntnis, dass es noch
vieles in der Welt gab, demgegenüber ich persönlich machtlos
war – und so war es auch beim Alkohol, wie ich mir gleichzeitig
eingestand. Und ich musste zugeben, dass es genauso mit
vielem anderen war.
Ich sollte schweigen und wissen, dass Er – nicht ich – Gott war.
123
115
Wachsen und reifen
Fürchten wir uns niemals von einer nötigen Änderung? Gewiss
müssen wir eine Veränderung zum Guten oder zum Schlechten
unterscheiden. Aber wenn es klar wird, dass etwas zu ändern ist
bei einem Einzelnen, in einer Gruppe oder in der Gemeinschaft
der A.A. als Ganzes, dann gilt die alte Erfahrung, dass wir nicht
stillstehen oder uns abwenden können.
Das Wesentliche allen Wachsens ist die Bereitschaft, sich zum
Guten zu ändern, verbunden mit der Bereitschaft,
Verantwortung zu tragen.
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124
116
Vorstellung des Einzelnen
Abgesehen von dem Bild der Höheren Kraft, wie es sich jeder
Einzelne von uns vorstellt, dürfen sich die A.A. als Gemeinschaft
niemals auf das Gebiet von Dogma und Theologie begeben. Wir
können niemals in diesem Sinn eine Religionsgemeinschaft
werden, wenn wir unser Hauptziel durch theologische
Streitgespräche nicht aus den Augen verlieren wollen.
Es ist eine wirklich erstaunliche Tatsache, dass sich im Programm
der A.A. alle Religionen wiederfinden.
Zum Beispiel sagen katholische Theologen, dass unsere zwölf
Schritte genau den Exerzitien des HL. Ignatius entsprechen.
Was im Blauen Buch über Sünde, Krankheit und Tod steht, wird
oft von den Bibelforschern zitiert
Auch die Quäker stimmen uns zu: Welch glückliche Zufälle!
125
117
Gefühl der Zugehörigkeit
Vielleicht ist der beste Lohn aus Besinnung und Gebet das
Gefühl der Zugehörigkeit. Wir leben nicht mehr in einer
vollkommenen feindlichen Welt. Wir sind nicht länger verloren,
ängstlich und nutzlos.
In dem Augenblick, in dem wir nur einen Funken göttlichen
Lichtes erhaschen, in dem Augenblick, wenn wir beginnen,
Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe als wirkliche und ewige Dinge
des Lebens zu sehen, sind wir nicht länger verwirrt durch die
scheinbaren Gegensätze im menschlichen Bereich um uns
herum.
Wir wissen, dass Gott in Seiner Liebe über uns wacht. Wir
wissen, dass jetzt und später alles gut wird, wenn wir uns Ihm
zuwenden.
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126
118
Vorspiel zum Programm
Nur wenige Menschen werden ernsthaft versuchen, nach dem
AA-Programm zu leben, bevor sie ihren „Tiefpunkt“ erreicht
haben. Das Leben nach den Schritten der AA führt zu einer
Einstellung und zu einer Handlungsweise, von denen ein noch
trinkender Alkoholiker nicht einmal zu träumen wagt.
Der „durchschnittliche“ Alkoholiker, maßlos eigensüchtig,
kümmert sich nicht um seine Zukunft – bis er muss, wenn er
überleben will.
*
Wir wissen, dass der Neue einen Tiefpunkt erlebt haben muss,
sonst kann nicht viel geschehen. Da wir Alkoholiker sind, die ihn
verstehen, können wir den Nussknacker der „Sucht-und-
Allergie-Theorie“ als Werkzeug benutzen, um sein Ego zu
zerbrechen. Nur so kann er die Überzeugung gewinnen, dass
seine eigenen schwachen Kräfte nur wenig oder gar keine
Chance haben.
127
119
Auf der breiten Straße
Ich erkenne heute, dass mein früheres Vorurteil gegen Geistliche
blind und falsch war. Sie haben über Jahrhunderte hinweg einen
Glauben lebendig gehalten, der schon erloschen sein könnte. Sie
zeigten mir die Straße, aber ich schaute nicht mal auf, ich war
voller Vorurteile und Ichbezogenheit.
Als ich meine Augen öffnete, geschah das nur, weil ich musste.
Und der Mann, der mir die Wahrheit brachte, war ein
Leidensgenosse und ein Laie. Durch ihn konnte ich sehen, und
ich sprang von dem Abgrund zurück auf festen Boden. Ich
wusste sofort, entschied ich mich für das Leben, würden sich
meine Füße auf der breiten Straße bewegen.
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128
120
Das gesprochene Wort
Meiner Ansicht nach gibt es nicht den geringsten Einwand, wenn
Gruppen anonym bleiben oder Freunde ihre AA-Zugehörigkeit
nicht preisgeben wollen. Das ist ihre Angelegenheit und eine
ganz normale Reaktion.
Die meisten glauben jedoch, dass so weitreichende Anonymität
nicht notwendig, ja nicht wünschenswert ist. Sobald jemand
nüchtern und gefestigt ist, sollte es keinen Grund geben, an
passender Stelle nicht über die A.A.-Zugehörigkeit zu sprechen.
So werden andere Menschen auf uns aufmerksam. Durch das
gesprochene Wort können wir am besten die Botschaft
weitergeben.
Darum kritisieren wir weder diejenigen, die schweigen wollen,
noch die Freunde, die zuviel über ihre A.A.-Zugehörigkeit reden,
wenn sie das nicht in der Öffentlichkeit oder zum Schaden der
A.A. tun.
129
121
Wir kämpfen nicht
Wir haben aufgehört, alles oder jeden zu bekämpfen – selbst
den Alkohol. Die geistige Gesundheit ist wiedergekehrt. Wir
können jetzt vernünftig und normal reagieren, das wurde uns
fast automatisch zuteil. Wir erkennen, dass unsere Einstellung
dem Schnaps gegenüber wirklich ein Geschenk Gottes ist.
Hier liegt das Wunder.
Wir kämpfen nicht. Wir meiden die Versuchung nicht. Wir haben
nicht einmal einen Eid geleistet. Statt dessen ist das Problem
verschwunden. Es besteht für uns nicht mehr. Weder frohlocken
wir, noch fürchten wir uns.
So reagieren wir – solange wir uns geistig fit halten.
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130
122
Bereitschaft ist der Schlüssel
Wie kann man denn – selbst wenn man dies noch so gerne täte
– seinen eigenen Willen und sein eigenes Leben so ganz der
Sorge Gottes übergeben, von dem man nur eine undeutliche
Vorstellung hat?
Ein Anfang, und sei er noch so klein, ist alles, was nötig ist.
Haben wir erst den Schlüssel der Bereitschaft ins Schloss
gesteckt und die Tür ein wenig geöffnet, dann wissen wir, dass
wir sie stets etwas weiter öffnen können.
Wenn sie auch durch Eigensinn wieder zuschlägt, wie das häufig
passiert – der Augenblick, in dem wir den Schlüssel der
Bereitschaft wieder aufheben können wird sich wiederholen.
131
123
Der neue A.A. und seine Familie
Wenn der Alkoholismus in eine Ehe einbricht, können sich
unnatürliche Zustände entwickeln, die der Partnerschaft und
einer friedlichen Gemeinschaft entgegenwirken.
Ist der Mann betroffen, muss die Frau Hausherrin und oft auch
Verdienerin werden. Verschlechtert sich der Zustand, wird aus
dem Mann ein krankes und verantwortungsloses Kind, das man
behüten und vor endlosen Streitereien und Rohheiten bewahren
muss. Ganz langsam, ohne dass die Frau sich dessen bewusst
wird, übernimmt sie gezwungenermaßen die Mutterrolle bei
einem verirrten Jungen. Der Alkoholiker liebt und hasst
mütterliche Fürsorge zugleich.
Durch den Einfluss der Zwölf Schritte der AA können diese
Verhältnisse oft gerade gerückt werden.
*
Ob sich die Familie eine andere geistige Grundlage schafft oder
nicht, der Alkoholiker ist dazu gezwungen, wenn er genesen will.
Die Übrigen müssen von seinem neuen Leben ohne den Hauch
eines Zweifels überzeugt sein. In den meisten Familien, die mit
einem genesenden Trinker zusammenleben, überzeugt er durch
sein Beispiel.
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132
124
Freiheit der Entscheidung
Zurückblickend erkennen wir, dass die Freiheit, mit der wir
früher unsere unzureichenden Entscheidungen trafen, keine
Freiheit war.
Als wir unsere Entscheidung trafen, weil wir mussten, konnten
wir nicht mehr frei entscheiden.
Dennoch gingen wir in die richte Richtung.
Als wir unsere Entscheidung trafen, weil wir wollten, ging es uns
schon besser.
Jetzt haben wir etwas mehr Freiheit gewonnen; und wir werden
davon noch mehr erhalten.
Wenn wir hin und wieder unbeschwert eine richtige
Entscheidung treffen – ohne Starrsinn, Widerstand oder
Konflikte – gewinnen wir eine Vorahnung, was Freiheit nach
dem Willen Gottes sein kann.
133
125
Jenseits des Horizonts
Das Häuschen mit meinem Arbeitsraum steht auf einem kleinen
Hügel hinter unserem Haus. Wenn ich über das Tal schaue, sehe
ich das Gebäude, in dem sich unsere Gruppe trifft. Jenseits
meines Horizontes liegt die ganze Welt der AA.
*
Die Einigkeit der Gemeinschaft der A.A. ist ihre am sorgsamsten
gehütete Eigenschaft. Unser aller Leben und die Leben
derjenigen, die sich uns noch anschließen werden, hängen von
der Einigkeit ab.
Ohne Einigkeit würde das Herz der Gemeinschaft aufhören zu
schlagen; durch unsere Welt-Arterien könnte nicht länger die
lebensspendende Gnade Gottes fließen.
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134
126
Wir gaben Gott gegenüber zu …“
Falls du beim Vollziehen des Fünften Schrittes nichts auslässt,
steigert sich das Gefühl des Befreit seins ständig. Die jahrelang
aufgestauten Gefühle brechen aus und verschwinden wie durch
ein Wunder, sobald sie freigelegt werden. So wie der Schmerz
nachlässt, tritt heilende Ruhe an seiner Stelle. Bei dieser
Verbindung von Demut und Gelassenheit wird ein großer
Augenblick eintreten.
Viele A.A, die früher Agnostiker oder Atheisten waren, berichten
uns, dass sie im Vollziehen des Fünften Schrittes erstmals
tatsächlich die Gegenwart Gottes spürten.
Und selbst denen, die glaubten, wurde Gott bewusst wie nie
zuvor.
135
127
Verharren im Gebet
Oft neigen wir dazu, Besinnung und Gebet nicht ernst zu
nehmen und als überflüssig zu betrachten. Wir spüren, dass
beides im Notfall helfen könnte, doch zunächst sehen wir darin
häufig einen geheimnisvollen Trick der Theologen, der uns Segen
aus zweiter Hand verspricht.
*
Durch die Gemeinschaft der A.A. wissen wir, dass aus dem
Gebet ohne Zweifel gute Ergebnisse kommen. Wissen und
Erfahrungen belegen dies.
Alle, die beharrlich waren, erhielten mehr Kraft als ihre eigene.
Sie fanden Weisheit, größer als ihre eigenen Fähigkeiten, und sie
bekamen immer mehr inneren Frieden, der selbst schwierige
Situationen überdauerte.
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136
128
Zurück an die Arbeit
Wir können anderen Menschen Unredlichkeit unterstellen und
dies als plausible Entschuldigung dafür nehmen, dass wir
unseren Verpflichtungen nicht nachkommen.
Einige besorgte Freunde rieten mir, nicht mehr in die Wall Street
zurückzukehren. Sie waren überzeugt, dass harter Materialismus
und Verschlagenheit meine geistige Weiterentwicklung zum
Stillstand bringen würden. Da sich das so edel anhörte, blieb ich
dem einzigen Geschäft fern, von dem ich etwas verstand. Als
mein Haushalt schließlich zusammenbrach, wurde mir klar, dass
ich mich mit dem Plan, an die Arbeit zurückzugehen, noch nicht
richtig auseinandergesetzt hatte. Also kehrte ich in die Wall
Street zurück, und ich war froh darüber und habe es nicht
bereut. Ich brauchte das: Ich musste wieder entdecken, dass es
eine Menge feine Kerle in der New Yorker Finanzwelt gibt. Ich
brauche auch die Erfahrung, in der gleichen Umgebung, in der
Alkohol mich zugrunde gerichtet hatte, nüchtern zu leben.
Eine Geschäftsreise von der Wall Street nach Akron/Ohio hatte
mich mit Dr. Bob zusammengeführt. Somit gibt es einen
Zusammenhang zwischen der Geburt der Gemeinschaft der AA
und meinen Aufgaben als Brötchenverdiener.
137
129
Der Weg der Stärke
Wir brauchen uns bei niemandem zu entschuldigen, weil wir in
Abhängigkeit zu unserem Schöpfer stehen. Wir haben guten
Grund, denen nicht zu glauben, die der Ansicht sind, der geistige
Weg wäre der Weg der Schwäche. Für uns ist es der Weg der
Stärke.
Die Geschichte bezeugt, dass es gläubige Menschen nie an Mut
gemangelt hat. Sie vertrauten Gott. Daher brauchen wir uns
niemals zu entschuldigen. Statt dessen bemühen wir uns, dass
Seine Allmacht durch uns sichtbar wird.
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138
130
Eher ein Denkproblem
Solange der Alkoholiker nicht trinkt, handelt er normalerweise
wie andere Menschen. Wir wissen mit Sicherheit: Wenn der
Alkoholiker in irgendeiner Form Alkohol zu sich nimmt, geschieht
etwas mit ihm, und zwar mit seinem Körper und mit seinem
Verstand. Es lässt ihn nicht mehr aufhören. Dir Erfahrung
unzähliger Alkoholiker bestätigt das.
Diese Beobachtungen wären akademisch und inhaltslos, wenn
unser Freund nie das erste Glas getrunken und damit den
Teufelskreis in Bewegung gesetzt hätte. Deshalb liegt das
Problem des Alkoholikers eher in seinem Denken als in seinem
Körper.
139
131
Hindernisse auf unserem Weg
Wir leben in einer von Neid zerfressenen Welt. Jeder ist mehr
oder weniger davon angesteckt. Es scheint als ob uns dieser
Charakterfehler eine verwerfliche, aber bestimmte Befriedigung
verschafft. Wie können wir sonst so viel Zeit darauf verwenden,
uns zu wünschen, was wir nicht haben, statt dafür zu arbeiten,
dass wir es bekommen. Oder wir ärgern uns, weil wir niemals
bestimmte Eigenschaften haben werden, statt uns mit den
Tatsachen abzufinden und sie zu akzeptieren.
*
Jeder möchte mit sich und seinen Freunden in Frieden leben.
Wir möchten sichergehen, dass die Gnade Gottes für uns tun
kann, was wir für uns selbst nicht tun können.
Wir haben eingesehen, dass die auf Kurzsichtigkeit und
unerfüllbaren Wünschen beruhenden Charakterfehler
Hindernisse sind, die unseren Weg blockieren, Wir sehen jetzt
ganz klar, dass wir an uns selbst, an andere und an Gott
unvernünftige Forderungen stellten.
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140
132
Kurzinventur
Eine Kurzinventur, mitten im Trubel gemacht, bringt wogende
Gemüter zur Ruhe. Diese Kurzinventur befasst sich mit den sich
aus dem Tagesablauf ergebenden Schwierigkeiten sollte man
sich möglichst erst dann befasse, wenn man sich hierfür Zeit
nehmen kann.
Diese schnelle Inventur hilft uns bei unserem täglichen Hochs
und Tiefs, besonders dann, wenn andere Menschen oder
Ereignisse uns aus dem Gleichgewicht bringen und wir in Gefahr
sind, Fehler zu machen.
141
133
„ Privilegierte Menschen“
ich erkannte, dass ich zu einsam lebte, zu weit von meinen
Freunden entfernt, taub gegen die innere Stimme. Statt mich
selbst als einfachen Boten zu sehen, der die Erfahrung weiter-
trägt, hielt ich mich für den Gründer der Gemeinschaft der A.A.
Wie viel besser wäre es gewesen, ich hätte anstelle von
Selbstzufriedenheit Dankbarkeit gefühlt – Dankbarkeit, dass ich
die Leiden des Alkoholismus erlebt habe. Dankbarkeit, dass mir
das wunder der Genesung durch eine Höhere Kraft zuteil
wurde. Dankbarkeit für das Vorrecht, meinen Alkoholiker –
Freunden helfen zu dürfen, und Dankbarkeit fuhr die
brüderlichen Bande, die mich mit ihnen in Kameradschaft enger
verbanden, als das sonst in der menschlichen Gesellschaft üblich
ist.
Ein Geistlicher sagte mir aufrichtig: „ Ihr Unglück hat sich in
Glück verwandelt. Ihr Anonymen Alkoholiker seid privilegierte
Menschen“.
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142
134
Rechte des Einzelnen
Wir glauben, dass es auf der Welt keine andere Gemeinschaft
gibt, die den einzelnen Angehörigen mehr Sorge angedeihen
lässt. Es gibt bestimmt keine Gemeinschaft, die noch
eifersüchtiger über die Rechte des Einzelnen wacht, zu denken,
zu reden und zu handeln, wie er möchte. Kein A.A. kann einen
anderen zu etwas zwingen, niemand kann bestraft oder
hinausgewiesen werden.
Unsere Zwoelf Schritte der Genesung sind Empfehlungen; die
Zwoelf Traditionen, die die Einigkeit der A.A. garantieren,
enthalten nicht ein einziges: „ Du sollst nicht!“ Es wird
wiederholt gesagt: „ Wir sollten…“, aber niemals: „ Du musst!“.
*
Obgleich es Tradition ist, dass in unserer Gemeinschaft niemand
gezwungen wird, wissen wir zu jeder Zeit, dass wir als
Gemeinschaft nicht unter einem enormen Druck stehen.
Persönlich aber stehen wir unter einem enormen Zwang – der
aus der Flasche kommt. Unser früherer Tyrann, Koenig Alkohol,
ist ständig auf der Lauer, um uns wieder einzufangen. Darum ist
die Befreiung vom Alkohol ein großes „ Muss“, dass wir
beachten müssen, sonst werden wir verrückt, oder wir sterben.
143
135
Sieg durch Niederlage
In der festen Überzeugung, dass ich niemals zweitrangig sein
dürfte, schwor ich, mich nie mehr mit dem zweiten Platz
zufriedenzugeben. Ich spürte einfach, dass ich immer
dominieren musste, was ich auch tat; Arbeit oder Spiel. Als diese
schöne Auffassung von einem guten Leben sich nach meinen
Erfolgsplänen verwirklichte, wurde ich irrsinnig glücklich.
Ging zufällig ein Vorhaben daneben, war ich voller Groll und
Niedergeschlagenheit, die ich nur durch den nächsten Triumph
beseitigen konnte. Darum bewertete ich sehr rasch alles nach
Sieg oder Niederlage – „ alles oder nichts:. Ich spürte dann
Zufriedenheit, wenn ich gewann.
*
Nur durch die Erfahrung der schlimmsten Niederlagen können
wir die ersten Schritte zur Befreiung und Stärke tun. Unser
Eingeständnis der persönlichen Machtlosigkeit wird eine feste
Grundlage, auf der wir ein glückliches und nützliches Leben
aufbauen können.
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136
Charakterfehler beseitigen
Wenn wir die Fehler betrachten, die wir nicht ablegen wollen,
sollten wir die harten und festen Linien ausradieren, die wir und
selbst gezogen haben. Vielleicht sagen wir in einigen Fällen: „ Ich
kann das noch nicht aufgeben….“.
Wir sollten aber nicht sagen: „ Das werde ich niemals aufgeben!“
In dem Moment, wenn wir „Nein, niemals!“ sagen, verschließen
sich unsere Sinne gegen die Gnade Gottes. Ein solcher Starrsinn
kann schrecklich sein. Es wäre besser, wenn wir an fest
umrissene Ziele herangingen und so dem näher kamen, was Gott
mit uns vorhat.
145
137
Durch Zweifel zum Glauben
Wir mit unserer agnostischen Einstellung haben eine Erfahrung
gemacht. Sobald wir unser Vorurteil beseitigen und nur ein
wenig Bereitschaft zeigen, an eine Kraft zu glauben, die größer
ist als wir, stellen sich schon Erfolge ein.
Dies geschieht, obwohl es keinem von uns möglich ist, diese
Kraft, die Gott ist, zu beschreiben oder zu verstehen.
*
Viele Leute behaupten ernsthaft, dass der Mensch im Universum
keinen besseren Platz hat als im Konkurrenzkampf, der sich
durch das ganze Leben hinzieht und der mit dem Sterben endet.
Wenn ich das höre, halte ich mich lieber an die sogenannte
Illusion der Religion, die mich etwas ganz anderes gelehrt hat.
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146
138
Zwei Wege für alte A.A.
Die Gründer vieler Gruppen werden gewöhnlich in zwei
Kategorien unterteilt, die man in der A.A.-Sprache. Als
„ Erfahrene A.A.“ und“ Blutende Diakone“ bezeichnet.
Die Erfahrenen erkennen die weise Gruppenentscheidung zur
Selbstbestimmung an, und sie ärgern sich nicht über eine
Herabsetzung ihres Stellenwertes. Ihr durch große Erfahrungen
untermauertes Urteilsvermögen ist gesund; sie sind bereit, ruhig
zuzusehen und geduldig auf die Weiterentwicklung zu warten.
Der „Blutende Diakon“ ist fest davon überzeugt, dass die Gruppe
ohne ihn nicht weitermachen kann. Er kämpft ständig um seine
Wiederwahl und wird von Selbstmitleid verzehrt.
Fast jeder alte A.A. hat in gewissem Sinne diesen Prozess erlebt.
Glücklicherweise überstehen ihn die meisten und werden
„Erfahrene A.A.“. Sie werden echte und beständige Wegweiser
der Anonymen Alkoholiker.
147
139
Grundlage der Demut
Solange wir überzeugt waren, ausschließlich durch eigene Kraft
du Intelligenz leben zu können, so lange war ein tätiger Glaube
an eine Höhere Kraft unmöglich.
Selbst als wir an die Existenz Gottes glaubten, war es nicht
anders. Wir konnten zwar ernsthafte, tief religiöse
Überzeugungen haben; sie blieben jedoch unfruchtbar, weil wir
immer noch versuchten, Gott zu spielen.
Solange wir das Vertrauen in uns an die erste Stelle setzten, war
echtes vertrauen auf eine Höhere Kraft ausgeschlossen. Es
fehlte die Grundlage der Demut, Gottes Willen zu suchen und
ihn auszuführen.
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148
140
Kehrseite der Medaille
Mehr als alle anderen Menschen führt der Alkoholiker ein
Doppelleben. Er ist ein guter Schauspieler. Der Umwelt zeigt er
sich in seiner Bühnenrolle. So sollen ihn die anderen sehen: Er
möchte gern einen guten Ruf haben, doch im Innern weiß er,
dass er ihn nicht verdient.
*
Schuld ist die eine Seite der Medaille. Die andere heißt Stolz.
Schuld zerstört dich selbst, Stolz zerstört die anderen.
*
Die innere Inventur ist eine nüchterne Aufzählung der Schäden,
die wir im Laufe des Lebens verursacht haben, und das ehrliche
Bemühen, sie aus dem richtigen Blickwinkel zu sehen.
149
141
Geistige Gesundheit
Unter den trinkenden Alkoholikerin gibt es nur wenige, die eine
Ahnung davon haben, wie unvernünftig sie sind, wenn sie ihre
Unvernunft erkennen, können sie sich nicht damit
auseinandersetzen. Es gibt einige, die sich selbst als
„Problemtrinker“ bezeichnen, aber sie können sich nicht mit
dem Gedanken vertraut machen, dass sie wirklich geistig krank
sind.
In ihrer Blindheit werden sie von ihrer Umwelt bestärkt, die
nicht den Unterschied zwischen normalem Trinken und
Alkoholismus kennt.
„Geistige Gesundheit“ heißt „klarer Verstand“.
Kein Alkoholiker kann, ob er nun sein Wohnzimmer oder die
eigene Moral zerstört hat, für sich die „Gesundheit seines
Verstandes“ in Anspruch nehme, wenn er sich nüchtern mit
seinem destruktiven Verhalten auseinandersetzt.
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142
Gottgegebene Instinkte
Wir wurden von der Schöpfung sinnvoll mit Instinkten
ausgestattet. Ohne sie wären wir keine richtigen menschlichen
Wesen. Wenn sich Männer und Frauen nicht um Sicherheit
bemühen und sich nicht darum kümmern würde, Nahrung zu
ernten und sich ein Dach zu bauen, gäbe es kein Überleben. Die
Welt wäre nicht bevölkert, wenn wir uns nicht vermehren
würden. Wo kein Trieb nach Gemeinschaft vorhanden ist, kann
es keine Gesellschaft geben.
Diese für unser Leben so wichtigen Triebe überschreiten oft ihre
eigentlichen Funktionen. Mächtig, verblendet und oft gemein,
treiben und beherrschen sie uns und bestimmen unser Leben.
*
Wir versuchten, uns eine gesunde Vorstellung von unserem
künftigen Sexleben zu machen. Jeder Punkt wurde der Frage
unterworfen: War das selbstsüchtig oder nicht? Wir baten Gott,
unsere Ideale zu formen und uns zu helfen, danach zu leben. Wir
dachten daran, dass unser Sexualtrieb gottgegeben ist. Unser
Sexualleben sollte weder leichtsinnig noch selbstsüchtig sein; wir
sollten es nicht als etwas Schlechtes betrachten, noch uns davor
ekeln.
151
143
Schule des Lebens
Ich denke, dass es innerhalb der Gemeinschaft A. A. immer
etwas zu nörgeln geben wird.
Meist wird es meiner Meinung nach darum gehen, wie wir das
Bestmögliche für die größte Anzahl von Trinkern tun können. Bei
uns wird es immer kindisches Hickhack über Geldfragen geben
oder wer in den nächsten sechs Monaten Gruppensprecher sein
soll.
Alle heranwachsenden Kinder (und das sind wir) wären nicht
normal, wenn sie sich anders verhielten.
Das sind die Scherzen des Erwachsenwerdens, und wir reifen an
ihnen. Die Überwindung solcher Probleme in der A.A.- Schüler
des Lebens ist eine gesunde Übung.
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152
144
Blindes Vertrauen
Es steht fest, dass dort, wo keine Liebe ist, auch kein Vertrauen
sein kann. Wo Misstrauen herrscht, kann es keine wirkliche
Liebe geben.
Aber Vertrauen entbindet uns nicht von der Notwendigkeit, die
Beweggründe des Handelns bei uns und anderen zu
untersuchen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Wir sollten
ganz sicher bei jeder Person, der wir vertrauen, gute und
schlechte Eigenschaften abwägen können. Durch solch eine
Einschätzung wird der Grad des Vertrauens bestimmt, der sich
entsprechend der Situation erweitern kann.
Die Einschätzung muss jedoch mit Verständnis und Liebe
gemacht werden. Nichts kann unser Urteilsvermögen mehr
beeinträchtigen als negative Gefühle, wie Argwohn, Eifersucht
und Groll.
Wenn wir jemanden unser Vertrauen geschenkt haben, sollten
wir ihn unserer vollen Unterstützung versichern. Gerade deshalb
wird er häufig sehr positiv darauf reagieren, jedenfalls weit über
unsere Erwartung hinaus
153
145
Verantwortung übernehmen
Es ist ein aufregendes und faszinierendes Abenteuer zu lernen,
wie man mit Männern und Frauen aller Schichten in Frieden,
Partnerschaft und Brüderlichkeit leben kann.
Doch jeder A.A. weiß, dass er in seinem Lebens-Abenteuer wenig
Fortschritte macht, solange er nicht zurückschaut und genaues
und lückenloses Bild zeichnet von dem schrecklichen Wrack, das
er in seinem Kielwasser zurückgelassen hat.
*
Die Bereitschaft, alle Konsequenzen aus unserer Vergangenheit
zu tragen und gleichzeitig auch die Verantwortung für andere zu
übernehmen, ist der Inhalt des Neunten Schrittes.
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146
„Mach`s wie ich!“
Es ist uns oft gar nicht bewusst, wie wenig wir uns mit den
Alkoholikerin befassen, die darunter leiden, dass sie zu
Glaubensdingen keinen Zugang finden.
Niemand ist gegen geistigen Perfektionismus, Stolz und Angriff
empfindlicher als sei. Ich bin davon überzeugt, dass wir das zu
oft vergessen.
In den ersten Jahren des Bestehens der Gemeinschaft der A.A.
hätte ich mit meiner unbewussten Arroganz fast alles mühsam
Aufgebaute zerstört. Gott, wie ich ihn verstand, musste von allen
angenommen werden. Manchmal war meine Aggression zynisch,
manchmal laut. Beides war zerstörerisch, besonders schlimm für
die vielen, die nicht glauben konnten.
Dies ist bestimmt nicht auf den Zwölften Schritt begrenzt. Es hat
seine Auswirkungen auf unsere Beziehungen zu allen Menschen.
Ich ertappe mich noch heute oft bei dem alten, selbstherrlichen
Spruch: „Mach`s so wie ich, glaube so wie ich – sonst …“
155
147
Leitstern der Hoffnung
Wir können dankbar sein für jede Stelle oder jede
Behandlungsmethode, die sich mit der Lösung des
Alkoholproblems befasst – ganz gleich, ob medizinischer,
religiöser, aufklärender oder wissenschaftlicher Art. Solchen
Bemühungen gegenüber können wir aufgeschlossen sein, wir
können auch Anteil nehmen, wenn sie durch falsche Anwendung
fehlschlagen. Wir erinnern uns daran, dass die Gemeinschaft der
A.A. jahrelang auf „Versuch und Irrtum“ aufgebaut wurde.
Als Einzelne können und sollten wir mit denen
zusammenarbeiten, die uns Erfolg versprechen – auch wenn
dieser noch so klein ist.
*
Jeder Einzelne der Pioniere auf dem Gebiet des Alkoholismus
wird sagen. Ohne den lebendigen Beweis der Genesung in der
Gemeinschaft der A. A. hätte er aufgeben müssen. Die
Gemeinschaft der A. A. war ihr Leitstern der Hoffnung und Hilfe.
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156
148
Mehr als Trost
Wenn ich deprimiert bin, wiederhole ich folgende Sprüche:
„Schmerzen sind Prüfsteine des Fortschritts“ –
„Fürchte dich nicht vor Unangenehmen“-
„Dies wird auch vorübergehen“-
„Diese Erfahrung wird dir gut tun“.
Diese gestammelten Gebete bringen mehr als nur Trost. Durch
sie bleibe ich auf dem richtigen Weg der Hinnahme; sie
zerstören meine Zwangsvorstellung von Schuld, Depression,
Aufruhr und Stolz, und manchmal geben sie mir den Mut, Dinge
zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, Unterschiede
zu erkennen.
157
149
Zum besseren Leben
Kaum einer von uns schätzte die Selbsterforschung, den Abbau
unseres Stolzes, die Beichte unserer Charakterfehler, so wie es
die Schritte empfehlen. Doch wir sahen, dass das Programm
anderen tatsächlich half. Wir begannen zu glauben - aus der
Hoffnungslosigkeit heraus, in der wir lebten.
Als wir von denen, die das Problem gelöst hatten, angesprochen
wurden, blieb uns nichts weiter zu tun, als die Kiste mit dem
geistigen Rüstzeug aufzuheben, die vor unseren Füßen lag.
*
Alle A.A. – Traditionen gehen davon aus, dass unser
Gemeinschaft nicht ohne Fehler ist. Wir geben zu, dass wir auch
als Gemeinschaft Schwächen haben und dass diese uns ständig
bedrohen.
Unsere Traditionen sind Wegweiser für besseres Arbeiten und
Leben, sie bedeuten für den Bestand und die Harmonie der
Gruppen das, was die Zwölf Schritte der A.A. für die
Nüchternheit und den inneren Frieden jedes Einzelnen
bedeuten.
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158
150
Keine Grenzen
Meditation kann immer weiter entwickelt werden. Es gibt keine
Grenzen in Weite, Höhe und Tiefe. Durch Anleitung und Beispiel
kann jeder dieser Erfahrung machen. Das Ziel ist immer gleich:
den bewussten Kontakt zu Gott, seine Gnade, Weisheit und
Liebe zu vertiefen.
Lasst uns immer daran denken, das Meditation äußerst praktisch
ist. Die Ernte ist von Anfang an unsere Ausgeglichenheit. Damit
können wir den Kanal zwischen uns und Gott, wie wir ihn
verstehen, verbreitern und vertiefen. Durch Meditation können
wir die Verbindung zu Gott, wie wir Ihn verstehen, festigen.
159
151
Mit Vergebung beginnen
Sobald wir anfangen, über eine gestörte oder zerbrochene
Verbindung mit einem anderen Menschen nachzudenken,
begeben wir uns in Abwehrstellung. Damit wir nicht an unsere
Fehler denken müssen, beleuchten wir voller Zorn das, was uns
angetan wurde. Wir beharren triumphierend auf dem kleinsten
Fehlverhalten des anderen, weil das eine perfekte
Entschuldigung ist, unsere eigenen Fehler herunterzuspielen
oder zu vergessen.
Genau an dieser Stelle müssen wir uns scharf zur Ordnung rufen.
Wir sollten daran denken, dass Alkoholiker nicht die einzigen
Menschen mit einer kranken Gefühlswelt sind. In vielen Fällen
haben wir es mit Leidensgenossen zu tun, mit Menschen, deren
leiden wir noch vergrößert haben.
Wenn wir bereit sind, für uns um Vergebung zu bitten, warum
sollten wir nicht anfangen, auch den anderen ein für allemal zu
vergeben?
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160
152
Wunderbare Kraft
Ganz tief im Innern eines jeden Menschen ist eine
Grundvorstellung von Gott. Sie ist jedoch durch Elend,
Wohlstand oder Anbetung anderer Dinge undeutlich geworden,
aber sie ist da. Das Vertrauen in eine Kraft, größer als wir
selbst, und die wunderbaren Beweise für ihr Vorhandensein sind
Tatsachen, sie so alt sind wie die Menschheit.
*
Der Glaube wird uns oft durch ein gutes Wort oder durch das
überzeugende Beispiel eines anderen Menschen zuteil.
Manchmal gelangen wir durch Vernunft zum Glauben. Zum
Beispiel glauben viele Priester, dass der Hl Thomas von Aquin
tatsächlich die Gegenwart Gottes durch reine Logik bewies. Was
soll man aber tun, wenn das all nicht hilft? Genauso war es bei
mir.
Erst als ich fest daran glaubte, dass ich dem Alkohol gegenüber
machtlos war, erst als ich mich an Gott wandte, dem es vielleicht
gab, erlebte ich das geistige Erwachen. Diese Erfahrung, die nur
die Freiheit brachte, macht ich zuerst, dann folgte der Glaube –
wie ein Geschenk.
161
153
Ohne Zorn
Angenommen, die Gemeinschaft A.A. würde heftiger
öffentlicher Kritik ausgesetzt oder arg verspottet. Wir können
uns nur wenig oder gar nicht rechtfertigen. In diesen Situationen
wäre unsere beste Verteidigung überhaupt keine Reaktion,
nämlich völliges Stillschweigen in der Öffentlichkeit. Wir können
unsachliche Kritik ruhig unbeachtet lassen, umso schneller
verstummt sie. Sind aber die Angriffe beharrlich und liegen
ihnen offensichtlich falsche Informationen zugrunde, wäre es
klug sich auf privater Ebene mit dem Kritiker zusammenzusetzen
und ruhig und aufklärend mit ihm zu sprechen.
Wenn allerdings die Kritik an der Gemeinschaft der A.A.
teilweise oder ganz gerechtfertigt ist, sollten wir das in einem
privaten Gespräch unseren Kritikerin gegenüber zugeben und
ihnen unseren Dank aussprchen.
Unter keinen Umständen sollten wir Zorn zeigen und mit dem
Gericht drohen.
*
Wir müssen einsehen, dass wir tatsächlich an einigen unserer
Fehler ein wirkliches Vergnügen haben. Manchmal macht es uns
sogar Freude uns über andere zu ärgern nur weil dabei ein
Überlegenheitsgefühl empfinden.
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162
154
Rückfälle und die Gruppe
Wir hatten früher immer Angst vor Ausrutschern und Rückfällen.
Anfangs fing fast jeder Alkoholiker, dem wir helfen wollten.
Wieder an zu trinken, falls er überhaupt trocken wurde. Andere
waren sechs Monate oder vielleicht ein Jahr trocken und hatten
dann einen Rückfall. Das war jedes Mal eine echte Katastrophe.
Wir schauten uns an und sagten: „Wer wird der nächste sein?“
Obwohl Rückfälle eine sehr ernste Sache sind, nehmen wir sie
heute als Gruppe hin. Die Furcht ist verdampft. Alkohol ist
immer eine Gefahr für den Einzelnen, aber wir wissen, dass er
das gemeinsame Wohlergehen nicht zerstören kann.
*
Es wäre sinnlos, sich mit Rückfälligen über geeignete Mittel zum
Trockenwerden zu streiten. Warum sollten schließlich
Menschen, die trinken, denen die nicht trinken, erzählen wie es
gemacht wird?
Lasst die Burschen herumalbern und fragt sie. Ob sie Spaß
haben. Wenn sie zu laut werden und Ärger machen, geht ihnen
freundlich aus dem Weg.
163
155
Auf festen Fundament
Wir danken unseren himmlischen Vater, der es uns durch so viel
Freunde und so viele Mittel und Wege ermöglicht hat, dieses
herrliche Gebäude des Geistes zu errichten, in dem wir nun
wohnen – diese Kathedrale, deren Eckpfeiler schon fest auf der
Erde stehen.
Wir haben unsere Zwölf Schritte der Genesung in das
Fundament geschrieben. Die Seitenwände sind durch die
Verstrebungen der A.A. Traditionen verbunden. Sie halten uns in
Einigkeit zusammen, solange Gott will. Warmherzigkeit und der
Fleiß unserer Hände haben die Spitze unserer Kathedrale
errichtet. Diese Spitze trägt die Bezeichnung „Dienst“. Möge die
immer zu Gott empor weisen!
*
Es sind nicht nur die wenigen, denen wir die bemerkenswerte
Entwicklung unserer Gemeinschaft und unsere Kraft verdanken,
die A.A. Botschaft überall hinzutragen. Es sind die vielen, es ist in
der Tat die Arbeit von uns allen, der wir diesen Segen
verdanken.
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164
156
Einsicht durch Demut
Eine positivere Auffassung von der Demut bewirkt eine
unglaubliche Veränderung unserer Ansichten. Unsere Augen
beginnen sich vor den gewaltigen Werten zu öffnen, die direkt
aus dem schmerzvollen Selbstzerfleischen erwuchsen. Bis jetzt
sind wir in unserem Leben immer nur vor Kummer und
Problemen weggelaufen. Flucht zur Flasche war immer unsere
Lösung.
In der Gemeinschaft der A.A. schauten wir und hörten wir zu.
Überall entdeckten wir, dass Versagen und Elend durch Demut
in unschätzbar Gutes verwandelt wurden.
*
Für diejenigen, die in der Gemeinschaft der A.A. bereits
Fortschritte gemacht haben, bedeutet Demut die klare Einsicht,
was und wer wir wirklich sind, verbunden mit dem ernsthaften
Bemühen, das zu werden, was wir sein könnten.
165
157
Konstruktive Phantasie
Wir denken etwas wehmütig daran, welche Welt wir uns durch
unsere Phantasie aufgebaut hatten, die uns durch die Flasche
wie die Wirklichkeit erschien. Wie schwelgten wir doch in
solchen Gedanken!
Und versuchen wir nicht oft – obwohl wir heute nüchtern sind –
dasselbe zu wiederholen?
Vielleicht lag unsere Schwierigkeit darin, dass wir unsere
Phantasie nicht nutzten. Vielleicht lag die wirkliche Schwierigkeit
in unserer Unfähigkeit, die Einbildungskraft in die richtige
Richtung zu lenken. Es ist nichts auszusetzten an ehrlicher,
konstruktiver Phantasie, auf ihr beruhen alle großen Erfolge.
Schließlich kann kein Mensch ein Haus bauen, wenn er nicht
zuerst eine Vorstellung davon hat.
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166
158
Toleranz üben
Wir haben erkannt, dass die Prinzipien von Toleranz und Liebe
auch in der Praxis geübt werden müssen. Wir können niemals u
jemand sagen, nicht einmal andeuten, er würde ausgeschlossen,
wenn er nicht unsere Ansicht teilt. Es kann geschehen, dass ein
Atheist in einem Meeting aufsteht und berichtet – obwohl er
noch Gott verleugnet -, wie schnell er sich in seiner Haltung und
seinem Aussehen geändert hat. Unsere Erfahrung sagt uns, dass
er seine Meinung über Gott ändern wird, doch niemand sagt
ihm, dass er sie ändern muss.
Wir dehnen das Prinzip der Toleranz noch weiter aus und stellen
keine religiösen Forderungen. Jeder, der ein Alkoholproblem hat
und damit fertig werden möchte, um in seiner Umgebung
glücklich zu leben, wird ein A.A, indem er sich uns einfach
anschließt. Es ist nicht weiter als Aufrichtigkeit erforderlich.
Doch selbst die verlangen wir nicht.
In dieser Atmosphäre leben die Orthodoxen, die Unorthodoxen
und die Ungläubigen glücklich und sinnvoll miteinander. Allen
steht der Weg zum geistigen Wachsen offen.
167
159
Demut und Fortschritt
Die Frage ist, ob wir etwas aus unseren Erfahrungen lernen
können, so dass wir wachsen und anderen helfen, nach dem
Ebenbild Gottes zu wachsen.
Wir wissen, dass wir bestraft werden, wenn wir uns dagegen
auflehnen, etwas zu tun, was uns möglich ist. Und wir werden
ebenfalls bestraft, wenn wir bei uns eine Vollkommenheit
voraussetzen, die einfach nicht da ist.
Offensichtlich liegt der richtige Wert zwischen Demut und
Fortschritt irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Auf
unserem langsamen Weg fort von der Auflehnung liegt die
wahre Vollkommenheit zweifellos mehrere Lichtjahre weit
entfernt.
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168
160
Die Angeber und die Bescheidenen
Wir Alkoholiker sind die größten Angeber der Welt. Mit der
Ausrede, dass wir große Dinge für die Gemeinschaft der A.A.
tun, könnten wir durch Anonymitätsbruch unsere alte und
zerstörerische Jagd nach Kraft und Prestige, öffentlichen Ehren
und Geld wieder beginnen – die gleichen hässlichen Triebkräfte,
die uns früher, wenn wir enttäuscht waren, zum Trinken
brachten.
*
Dr. Bob war viel demütiger als ich, und für ihn war es leicht seine
Anonymität zu wahren. Als es feststand, dass er todkrank war,
schlugen einige seiner Freunde vor, ein Denkmal für ihn und
seine Frau Anne zu errichten – zu Ehren des Gründers und seiner
Frau. Als er mir davon erzählte, grinste Dr. Bob und sagte: „Gott
behüte! Siemeinen es gut. Aber du und ich wollen genau wie
andere Menschen beerdigt werden.“
Auf dem einfachen Stein, der Dr. Bobs und Annes Grab auf dem
Friedhof von Akron schmückt, steht kein Wort über A.A. Dieses
letzte Beispiel der Bescheidenheit hat beständigen Wert für die
Gemeinschaft der A.A. als jede öffentliche Beachtung oder ein
großes Denkmal.
169
161
Wessen Inventur?
Wir sprechen nicht über persönliche Erfahrungen eines anderen
Freundes, ehe wir nicht sicher sind, dass er damit einverstanden
ist. Wir halten uns möglichst an unsere eigene Geschichte.
wenn jemand sich selbst kritisiert oder verlacht, wirkt das positiv
auf andere, aber das Gegenteil ist der Fall, wenn andere kritisiert
oder lächerlich gemacht werden.
*
Ständige Betrachtung unserer Fortschritte und Verpflichtungen
und der ehrliche Wunsch, daraus zu lernen und daran zu
wachsen, sind für uns notwendig.
Wir Alkoholiker suchen uns den schwersten Weg. Aber auch
klügere Leute als wir haben überall und immer schonungslos
Selbsterforschung und Selbstkritik geübt.
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170
162
So einfach wie möglich
Wir müssen genau zwischen der Einfachheit in geistigen und in
organisatorischen Dingen unterscheiden.
Wenn wir sagen, die Gemeinschaft der A.A. verficht keine
theologischen Behauptungen außer der, dass wir Gott, wie wir
ihn verstehen, anerkennen, so vereinfachen wir uns das
Programm beträchtlich und vermeiden dadurch Konflikte und
Exklusivität.
Wenn es jedoch um Fragen geht, die unsere Tätigkeit als Grupp,
als Bezirk oder unsere Gemeinschaft als Ganzes betreffen,
müssen wir in gewissem Umfang organisiert sein, um die
Botschaft weitergeben zu können – sonst stehen wir vor einem
Chaos. Und Chaos bedeutet nicht Einfachheit.
*
Ich habe gelernt, dass vorübergehend oder scheinbar Gutes des
Besten schlimmster Gegner werden kann. Wenn es um das
Überleben der Gemeinschaft der A.A. geht, wird nur das Beste
ohne Abstriche gut genug sein.
171
163
Erlösung und Freude
Wer macht eine Aufstellung über all die schlimmen Dinge, die
einst zu uns gehörten, und wer kann die Erlösung und Freude
ermessen, die uns spätere Jahre brachten?
Wer kann den Segen ermessen, den Gott durch die A.A. bewirkt?
Und wer kann das tiefe Geheimnis unserer Befreiung aus der
Sklaverei durchdringen, diese Fessel an die hoffnungslose und
schlimme Sucht, die jahrelang unseren Geist und unseren Körper
knebelte?
*
Frohsinn und Lachen tun uns gut. Andere Menschen sind häufig
schockiert, wenn wir bei der Erwähnung eines scheinbar
tragischen Erlebnisses aus unserer Vergangenheit in Fröhlichkeit
ausbrechen. Warum sollen wir denn nicht lachen? Wir sind
genesen, und wir haben anderen zur Genesung verholfen. Gibt
es noch einen schöneren Grund zur Freude?
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172
164
Ein heilsamer Grundsatz
Das Bekennen eigener Fehler einem anderen gegenüber ist
natürlich seit altersher bekannt. Man kennt es aus jedem
Jahrhundert, und es charakterisiert das Leben weiser und
wahrhaft gläubiger Menschen.
Heutzutage findet man diesen heilsamen Grundsatz nicht nur im
religiösen Bereich. Psychiater und Psychologen wissen wie
notwendig es ist, dass jeder Einblick in sein Inneres gewinnt,
jeder Mensch seine Fehler erkennt und darüber mit einem
verständnisvollen Menschen seines Vertrauens sprechen kann.
Soweit Alkoholiker betroffen sind, gehen die A.A. noch weiter.
Die meisten von uns sagen, dass wir ohne das furchtlose
Bekenntnis unserer Charakterfehler einem anderen Menschen
gegenüber nicht nüchtern bleiben können.
Die Gnade Gottes scheint uns nicht zuteil zu werden, um uns von
unserer zerstörenden Sucht zu befreien, bevor wir nicht bereit
sind, einen Versuch in dieser Richtung des Bekennens zu
machen.
173
165
„Erfolg“ im Zwölften Schritt
Wir wissen jetzt, dass sofortige Ergebnisse aus unserer Tätigkeit
im Zwölften Schritt nicht so wichtig sind. Es kann geschehen,
dass Freunde mit anderen zusammenarbeiten und sogleich
Erfolg haben. Das macht sie eingebildet. Und andere, die nicht
sofort einen Erfolg sehen, werden deprimiert.
Der Erfolgreiche unterscheidet sich von dem Nichterfolgreichen
eigentlich nur dadurch, dass er mehr Glück mit seinen
Schützlingen hat. Er trifft einfach nur auf Leute, die bereit sind
und sofort aufhören können. Mit diesen Menschen käme der
scheinbar nicht so Erfolgreiche zu den gleichen Ergebnissen. Du
musst schon mit einer Menge Neuer zusammenarbeiten, bis sich
das Gesetz des Mittelwertes bestätigt.
*
Jede ehrliche Verbindung ist auf Gegenseitigkeit begründet. Wir
haben gelernt, dass sich jeder Sponsor demütig seine eigenen
Nöte eingestehen sollte, so wie er auch klar die des Neuen
erkennen muss.
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174
166
Sei nicht ängstlich
Wir A.A. leben in einer von schrecklicher Furcht
gekennzeichneten Welt, wie es sie noch nie zuvor in der
Geschichte gegeben hat. Dennoch sehen wir weitverbreiteten
Glauben und die gewaltigen Bemühungen um Gerechtigkeit und
Brüderlichkeit. Kein Prophet kann voraussehen, ob die Welt
flammende Zerstörung oder nach Gottes Absicht den Beginn des
strahlendsten Zeitalters der Menschen hervorbringen wird.
Ich Weiß bestimmt, dass wir A.A. dies alles verstehen werden.
Im Mikrokosmos haben wir den gleichen Zustand schrecklicher
Ungewissheit durchgemacht, jeder in seinem eigenen Leben.
Ohne Überheblichkeit können wir sagen, dass wir uns nicht vor
dem Ende der Welt fürchten, wie es auch ausgehen mag.
Wir können aus tiefster Überzeugung sagen: „Wir fürchten uns
nicht vor dem Bösen – und Dein Wille, nicht unser geschehe!“
175
167
Fortschritt ist besser als Vollkommenheit
Beim Lesen der Zwölf Schritte riefen viele von uns: „Was sind
das für Vorschriften! Das schaffe ich nie!“
Seid nicht entmutigt! Niemand von uns wird es wohl je fertig
bringen, diese Grundsätze in irgendeiner Weise vollkommen zu
verwirklichen. Wir sind keine Heiligen.
Wir wollen nur aufgeschlossen sein für neues Denken und
geistiges Wachsen. Wir streben nach geistigem Fortschritt, nicht
nach Vollkommenheit.
*
Wir nüchternen Alkoholiker sind nicht so sehr durch unsere
Tugenden verbunden wie durch unsere Charakterfehler und
durch unser gemeinsames Bemühen, sie zu überwinden.
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176
168
Gottes Geschenk annehmen
Viele Theologen sind der Ansicht, dass man durch ein geistiges
Erlebnis in den Kreis der Auserwählten aufgenommen,
sozusagen mit einem himmlischen Auftrag versehen wird. Ich
bezweifle es.
Jedes menschliche Wesen, ganz gleich, wie viele gute und
schlechte Eigenschaften es hat, ist ein Teil der göttlichen
geistigen Schöpfung. Darum hat jeder seinen Platz, und ich
erkenne nirgends Gottes Absicht, den einen höher zu stellen als
den anderen.
Wir alle sollten daher mit größter Demut alle die positiven
Geschenke annehmen, die wir erhalten.
Wir sollten stets daran denken, dass erst unser negatives
Verhalten uns bereit machte, auf dem Wege der Umwandlung
gute Geschenke annehmen zu können. Dein Alkoholismus und
die schreckliche Niederlage bilden die Grundlage dieser geistigen
Erfahrung.
177
169
Lernen hört nie auf
Meine jahrelange Erfahrung in der Gemeinschaft der A.A.
verläuft ungefähr parallel mit deiner oder mit der anderer
Freunde. Wir alle wissen, dass eine Zeit kommen wird, da wir
nicht mehr die Aufgaben der Gruppen, Bezirke oder – wie in
meinem Falle – der Gemeinschaft der A.A. als Ganzes
übernehmen und beeinflussen dürfen.
Schließlich sind wir immer nur soviel wert, wie unser Beispiel
zeigt. So gesehen, werden wir Vorbilder – das ist alles.
Ich bin ein Schüler der A.A. geworden und nicht der Lehrer, der
ich einmal zu sein glaubte.
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178
170
Wessen Wille?
Wir haben viele A.A. beobachtet, die mit großem Ernst und mit
viel Vertrauen um Gottes klare Weisung für die verschiedensten
Angelegenheiten baten, angefangen bei einer schwierigen
häuslichen Krise bis zu kleineren Fehlern, wie zum Beispiel
Nachlässigkeit.
Ein Mensch, der versucht, sein Leben streng nach Gebeten
dieser Art auszurichten, indem er auf selbstsüchtige
Forderungen Gottes Antwort erwartet, liegt schief. Wird Zweifel
oder Kritik an seinem Handeln laut, beruft er sich darauf, um
Gottes Führung in allen großen und kleinen Dingen gebetet zu
haben.
Wahrscheinlich hat er vergessen, dass sein vermeintliches
Geführtwerden nichts anderes ist als Wunschdenken und die
menschliche Neigung, mit Gott zu feilschen.
In Wirklichkeit versucht er nur, in allen Situationen und bei allen
Problemen seinen Willen durchsetzen. Dabei wiegt er sich in der
bequemen Sicherheit, unter Gottes besonderer Leitung zu
handeln.
17
9
171
Gewinn und Geheimnis
Die vordergründige Beschäftigung der Gemeinschaft der A.A. mit
der Nüchternheit wird häufig falsch verstanden. Einigen kommt
es vor, als sei diese eine Tugend der einzige aus unserer
Gemeinschaft zu ziehende Gewinn. Man sieht in uns
trockengelegte Saeufer, die sich wenig oder überhaupt nicht
zum Guten hin geändert haben.
Diese Ansicht geht weit an der Wahrheit vorbei. Wir wissen,
dass dauerhafte Nüchternheit nur durch eine radikale
Veränderung der Lebensumstände und der Persönlichkeit jedes
Einzelnen und durch ein geistiges Erwachen erreicht werden
kann, das den Wunsch zu trinken auslöscht.
*
Wie wir alle fragst du dich: „ Wer bin ich? – Wo bin ich? – Wohin
gehe ich?“ Die Erleuchtung kommt ziemlich langsam. Doch
schließlich finden wir etwas bei unserer Suche. Die geistigen
Geheimnisse liegen in der Einfachheit verborgen. Die
Bereitschaft zum Wachsen liegt im Wesen jeder geistigen
Entwicklung.
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180
172
Die Sache mit der Ehrlichkeit
Nur Gott kennt die vollkommene Ehrlichkeit. Dennoch sollte
jeder von uns nach besten Kräften nach diesem hohen Ideal
streben.
Fehlbar, wie wir sind und in diesem Leben immer sein werden,
können wir nicht annehmen, dass wir je die absolute Ehrlichkeit
erreichen. Wir können nur eine bessere Qualität der Ehrlichkeit
anstreben.
Manchmal sollten wir der Liebe den Vorzug geben vor der
nüchternen, nackten Ehrlichkeit. Wir sollten uns nicht als
Wahrheitsfanatiker gebärden und andere grausam und unnötig
verletzen.
Du musst dich immer fragen: „Was und wie kann ich etwas aus
Liebe tun?“
181
173
Wurzeln der Wirklichkeit
Wir begannen mit einer persönlichen Inventur im Vierten
Schritt: Ein Geschäft, in dem nicht regelmäßig eine Inventur
gemacht wird, üblicherweise bankrott. Eine kaufmännische
Inventur ist ein Vorgang, bei dem die Bestände gezählt und
bewertet werden. Man möchte sich ein wahres Bild über die
Vorräte verschaffen.
Dazu gehört auch, dass man schadhafte oder unverkäufliche
Ware heraussucht und sie schnell und ohne Bedauern entfernt.
Ein erfolgreicher Geschäftsinhaber kann sich über seinen
Bestand nicht selbst belügen.
Mit unserem Leben mussten wir es genauso machen. Wir
machten eine ehrliche Bestandsaufnahme.
*
Augenblicke der Erkenntnis sind Bausteine für ein Leben voll
geistiger Gesundheit. Ich weiß das aus gutem Grund. Die
Wurzeln der Wirklichkeit, die das neurotische Unterholz
verdrängen, halten den starken Stürmen stand, die uns
zerstören wollen oder deren wir uns zur Selbstzerstörung
bedienen.
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182
174
Konstruktive Kräfte
Ich war genau solch ein sturer Klotz wie die vielen neuen Leute
bei den A.A, die heute sagen, sie wären Atheisten oder
Agnostiker. Ihr Unglaube ist so stark, dass sie sich sogar mit
einem Leichenbestatter zusammentäten, um eine gründliche
Forschung nach unserem Gott anzustellen.
Glück für mich und die meisten solcher Menschen, die sich
seither unserer Gemeinschaft angeschlossen haben, dass wir
durch die A.A. diese Kräfte konstruktiv anwenden und damit
dieses gewaltige Hindernis fast überwinden konnten. Vom
Alkohol bitter geschlagen, mit dem lebendigen Beispiel der
Freiheit konfrontiert und umgeben von Menschen, die aus dem
Herzen zu uns sprechen, haben wir schließlich aufgegeben.
Und dann fanden wir uns paradoxerweise in einer neuen
Dimension wieder, in der wirklichen Welt des Geistes und des
Glaubens.
183
175
Gedanken über die Toleranz
Die verschiedenartigsten Menschen haben den Weg zu den A.A.
gefunden. Vor einiger Zeit saß ich in meinem Buero und sprach
mit einer A.A.-Freundin, die den Titel Gräfin führt. Am gleichen
Abend ging ich zu einem A.A.-Meeting. Es war Winter. Ein
freundlicher alter Man nahm mir den Mantel ab. Ich fragte: „
Wer ist das?“
Und jemand antwortete mir: „ Oh, er ist schon lange bei uns.
Jeder mag ihn. Er gehörte zu der Bande von Al Capone“. So
allumfassend ist unsere Gemeinschaft heute.
*
Wir wollen niemand davon überzeugen, dass es nur einen Weg
zum Glauben gibt. Wir alle, ganz gleich welcher Rasse, welchen
Glauben oder welcher Hautfarbe, sind Kinder eines lebendigen
Schöpfers, zu dem wir durch einfache und verständliche Mittel
eine Verbindung herstellen können, sobald wir bereit und
ehrlich genug sind den Versuch zu wagen.
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184
176
Zerrüttete Bindungen
Die Hauptursache für zerrüttete Bindungen ist, dass wir unsere
völlige Unfähigkeit nicht eingestehen wollen mit einem anderen
Menschen eine geordnete Partnerschaft einzugehen. Unsere
Ich-Besessenheit stellt uns da zwei schlimme Fallen. Entweder
versuchen wir dauernd die Menschen die wir kennen zu
beherrschen, oder wir machen uns viel zu sehr von ihnen
abhängig. Wenn wir uns zu stark auf einen Menschen stützen,
dann wird er uns früher oder später enttäuschen. Auch der
andere ist nur ein Mensch und kann unmöglich alle unsere
Erwartungen erfüllen. Dadurch aber wächst unsere Unsicherheit
und wird zur eiternden Wunde.
Wenn wir dagegen immer darauf aus sind die anderen nach
unseren eigenwilligen Wünschen zu behandeln, dann lehnen
diese sich dagegen auf und widersetzen sich heftig. Und wir
spielen nun die Beleidigten; wir tun so als ob wir die Verfolgten
wären und suchen nach Vergeltung
*
Meine Abhängigkeit war eine Forderung – eine Forderung, die
Menschen und meine Umgebung zu besitzen und sie zu
kontrollieren.
185
177
Geld – vorher, nachher
Als wir noch tranken, führten wir uns so auf als ob unsere
Geldquellen unerschöpflich wären, obwohl wir zwischen den
Sauftouren schon mal ins andere Extrem verfielen und uns elend
fühlten. Ohne dass es uns bewusst wurde, haben wir nur Geld
für das nächste Gelage gespart. Geld war ein Symbol für Freude
und Selbstbestätigung.
Als unser Trinken schlimmer wurde, war Geld ein von uns
dringend benötigtes Mittel, mit dem wir uns das nächste Glas
und damit vorübergehendes Vergessen beschaffen konnten.
*
Für viele hat eine finanzielle Gesundung die größte Bedeutung,
aber wir können nicht Geld an die erste Stele setzen.
Wir wissen, dass materieller Wohlstand die Folge des geistigen
Fortschritts ist; niemals umgekehrt.
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186
178
Zurück zur Erde
Wer lange Zeit in einer Welt der Verstellung gelebt hat, wird
vielleicht eingesehen haben, wie kindisch das alles ist. Diese
Traumwelt gibt es nicht mehr. Wir haben dagegen einen
sinnvollen Lebensinhalt erfunden, verbunden mit der
wachsenden Erkenntnis von Gottes Kraft in unserem Leben.
Wir gelangten zu der Überzeugung, dass es sein Wunsch ist,
wenn wir in Gedanken mit Ihm verbunden sind. Doch unsere
Füße müssen fest auf der Erde bleiben. Hier sind unsere
Weggefährten, und hier müssen wir unsere Arbeit erledigen. Das
ist die Wirklichkeit für uns.
Wir sehen nirgends, dass machtvolle geistige Erfahrung und ein
leben voll Gesundheit und Glück nicht miteinander zu
vereinbaren sind.
187
179
Wie wird man mit Ärger fertig?
Es gibt wenige Menschen, die mehr unter Zorn zu leiden haben
as wir Alkoholiker. Ein Temperamentsausbruch kann einen
ganzen Tag verderben – lang gehegter Groll lähmt unseren
Erfolg beträchtlich. Wir waren noch nie besonders geschickt
darin, berechtigten von unberechtigtem Ärger zu unterscheiden.
Nach unserer Ansicht ist unser Zorn immer berechtigt. Ärger ist
ein Luxus, den sich ausgeglichene Menschen mehr erlauben
können. Uns kann er für lange Zeit in einem dauernden Hin und
Her der Gefühle festhalten. Diese „Trockenräusche“ führen oft
geradewegs zur Flasche.
*
So zahlt sich nichts so gut aus wie die Beherrschung von Zunge
und Feder. Wir sollten uns vor voreiliger Kritik, wütend
überkochendem Zorn, Übellaunigkeit und schweigender
Verachtung hüten. Das sind Fallen für Gefühlsnarren. Die Köder
heißen Stolz und Rachsucht. Werden wir von dem Köder
angelockt, sollten wir automatisch einen Schritt zurücktreten
und nachdenken. Wir können weder sinnvoll denken noch
handeln, ehe wir uns nicht Selbstbeherrschung zur Gewohnheit
gemacht haben.
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180
Gesellschaftsprobleme
Die Antwort auf das Problem Alkoholismus ist eine
Aufklärungsfrage – Aufklärung in den Schulen, in medizinischen
Vorlesungen, bei Geistlichen und Arbeitgebern, in der Familie, in
der ganzen Öffentlichkeit. Von der Wiege bis zur Bahre sollte der
Trinker und potentielle Alkoholiker echtes und tiefes
Verständnis in seiner Umgebung finden und ständig mit
Informationen versorgt werden.
Das ist richtig angewandte, realitätsbezogene Aufklärung. Bis
jetzt wurde in der Aufklärung stets mehr die Verwerflichkeit des
Trinkens als die Krankheit Alkoholismus herausgestellt. Wer
führt diese Aufklärung durch?
Offensichtlich ist es sowohl eine Aufgabe für die Gesellschaft als
auch für Spezialisten. Wir A.A. können als Einzelne helfen; doch
als Gemeinschaft der A.A. können und sollten wir uns nicht
direkt auf diesem Gebiet betätigen. Wir müssen uns darum auf
andere Stellen und Freunde außerhalb unserer Gemeinschaft
und auf ihre Bereitschaft verlassen, viel Geld und Mühe dafür
aufzuwenden.
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181
Eingebildete Vollkommenheit
Als wir ersten A.A. eine leise Ahnung davon bekamen, was
geistiger Hochmut ist, wurde das Wort geprägt: „ Versuche
nicht, bis nächsten Donnerstag ein Heiliger zu werden!“
Diese altmodische Warnung sieht vielleicht so wie eines der
praktischen Alibis aus, die wir als Entschuldigung nehmen, wenn
wir nicht den besten Weg versuchen wollen.
Doch wenn man zweimal hinschaut, entdeckt man das
Gegenteil. In der Gemeinschaft A.A. warnen wir vor blindem
Stolz und eingebildeter Vollkommenheit.
*
Nur der Erste Schritt, in dem wir vorbehaltlos zugeben, dass wir
dem Alkohol gegenüber machtlos sind, kann mit absoluter
Vollkommenheit vollzogen werden.
In den übrigen elf Schritten sind Idealbilder aufgezeichnet. Sie
geben Ziele an, auf die wir schauen, und sie sind der Maßstab,
an dem wir unseren Fortschritt messen.
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190
182
Realität geistiger Erfahrungen
Vielleicht fragt ihr, ob es sich bei dem göttlichen Bild einer
wahren geistigen Erfahrung nicht um eine Halluzination handelt.
Ich bezweifle, ob überhaupt jemals der Begriff Halluzination von
kompetenter Seite definiert worden ist.
Natürlich beschwören alle, die geistigen Erfahrungen machen
durften, deren Realität. Der beste Beweis für die Realität liegt in
den Früchten. Alle, die Geschenke der Gnade erhalten, werden
andere Menschen. Sie haben sich fast alle dauerhaft zum Guten
verändert. Davon kann doch wohl kaum die Rede ein bei denen,
die Halluzinationen haben.
Vielleicht denken einige von euch, es sei vermessen, wenn ich
sage, dass meine eigene geistige Erfahrung Tatsache ist.
Dennoch kann ich mit Sicherheit behaupten, dass in meinem
Leben und in dem vieler anderer Menschen die Früchte der
Erfahrung echt und die Segnungen daraus nicht zu zählen sind.
191
183
Tugendwächter
ich hatte einige erfolglose Jahre, in denen ich mich in einem
Zustand befand, als ob ich herumliefe wie ein Tugendwächter
zum Wohle der Gemeinschaft. Ich dachte, es wäre meine
Aufgabe, ständig „die Verhältnisse zu verbessern“. Es gab selten
einen Freund, der mir sagen konnte, was ich tun sollte. Und es
ist niemandem gelungen, mir genau zu sagen, was ich tun
musste. ich musste den harten Weg der eigenen Erfahrung
gehen.
Als ich auszog, um die anderen zu überprüfen, stellte ich oft bei
mir selbst Angst fest, Angst vor dem, was sie taten, vor ihrer
Selbstherrlichkeit und der ganz offensichtlichen Intoleranz.
Folglich gelang es mir kaum einmal etwas richtig zu stellen. Statt
dessen habe ich Barrieren aus Groll errichtet, die mir den Zugang
zu Empfehlungen, Beispielen, Verständnis und Liebe
versperrten.
*
Wir A.A sagten häufig: Unsere Vertrauensleute handeln nicht,
weil sie einen Auftrag haben; sie führen uns durch ihr Beispiel.
Wenn wir andere Menschen günstig beeinflussen wollen,
müssen wir das ausführen was wir predigen – und das Predigen
vergessen. Das gute, ruhige Beispiel spricht für sich.
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192
184
Aus Fehlern lernen
Unser geistiges und seelisches Wachstum in der Gemeinschaft
der A.A. beruht nicht so sehr auf Erfolg als auf unseren Fehlern
und Rückschlägern. Wenn du daran denkst, dann wird dein
Rückfall dich die Treppe hinauf- und nicht hinunterstoßen.
Wir A.A. hatten keinen besseren Lehrer als den alten Meister „
Schaden“, ausgenommen da, wo wir uns nicht von ihm belehren
lassen wollten.
*
Dann und wann sind wir alle heftiger Kritik ausgesetzt. Es ist
schwierig, Gleiches nicht mit Gleichem zu vergelten, wenn wir
wütend und verletzt sind. Aber wir können uns zurückziehen
und uns selbst fragen, ob unsere Kritiker alle Rechte hatten.
Wenn ja, können wir zu ihnen gehen und unsere Fehler zugeben.
Hierdurch wird normalerweise die Luft gereinigt und
gegenseitiges Verständnis geschaffen.
193
185
Bumerang
Mit zehn Jahren war ich lang und unbeholfen. Kleinere Kinder
konnten mich im Streit herausstoßen. Ich weiß, dass ich
ungefähr ein Jahr lang ziemlich deprimiert war, doch dann
entwickelte ich den mutigen Entschluss zu gewinnen.
Eines Tages kam mein Großvater. Er brachte mir ein Buch über
Australien mit und sagte: „ In diesem Buch steht, dass nur ein
australischer Buschmann weiß, wie man einen Bumerang macht
und wirft.“
„ Das ist meine Chance“, dachte ich. „ Ich werde der erste
Mensch in Amerika sein, der einen Bumerang macht und wirft.“
Nun, jedes andere Kind hätte sicher auch so gedacht, vielleicht
zwei Tage oder zwei Wochen lang. Doch bei mir hielt die
Antriebskraft sechs Monate an, bis ich einen Bumerang machte,
der auf dem Friedhof vor dem Haus herumflog – und meinen
Großvater fast am Kopf getroffen hätte, als er zurückkam.
Gefühlsmäßig hatte ich schon mit dem Entwurf eines anderen
Bumerangs begonnen – dem, der mich später fast tötete.
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194
186
Die einzige Voraussetzung
Die Dritte Tradition spricht jedem Problemtrinker ungefähr so
an:
„ Du bist ein A.A, wenn du es sagst. Du kannst seinen Zutritt zu
unserer Gemeinschaft selbst erklären; niemand kann dich
ausschließen. Es ist unwichtig wie tief du gesunken bist, wie
schwer deine emotionellen Störungen sind, selbst, welche
verbrechen du begangen hast. Wir möchten dich nicht
ausschließen, wir möchten dir die gleiche Chancen zur
Nüchternheit geben, die auch uns gegeben waren.“
*
Wir möchten niemandem die Chance der Genesung vom
Alkoholismus vorenthalten. Wir heißen jeden willkommen, wir
sind nicht wählerisch.
195
187
Worte oder Taten?
Es ist nicht sehr geschickt, wenn wir uns bei einem Menschen
entschuldigen wollen, dem eine von uns zugefügte
Ungerechtigkeit noch weh tut, und ihm dabei erzählen, wir seien
jetzt religiös geworden. Das hieße, mit dem Kopf durch die
Wand gehen.
Warum sollten wir uns als gebrandmarkte Fanatiker oder
religiöse Verbohrte darstellen? Damit verbauen wir uns die
Möglichkeit, später einmal eine gute Nachricht bringen zu
können.
der Mensch, dem wir unsere Entschuldigung vortragen, wird
bestimmt von unserem ehrlichen bemühen beeindruckt sein,
unser Unrecht wieder gut zu machen. Er wird sich mehr für den
Beweis unseres guten Willens interessieren als für einen Vortrag
über religiöse Entdeckungen.
noch zwei
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196
188
Überlebens - Chancen
Jede Methode zur Bekämpfung des Alkoholismus, die einen
kranken Menschen vor der Versuchung schützen soll, ist nach
unserer Meinung zum Scheitern verurteilt. Wenn der Alkoholiker
versucht, sich selbst zu schützen, mag das eine Zeitlang gut
gehen, aber gewöhnlich endet dieser Versuch mit einer noch
größeren Explosion. Wir alle haben diese Methoden ausprobiert.
Dieses Bemühen, Unmögliches wahr zu machen, ist
fehlgeschlagen. Befreiung vom Alkohol und nicht Flucht vor dem
Alkohol – so lautet unsere Antwort.
*
„ Glaube ohne Taten ist ein toter Glaube.“ Wie zutreffend für
den Alkoholiker! Wenn nämlich ein Alkoholiker nichts dafür tut,
um durch Arbeit und Opfer für andere sein geistiges Leben zu
vervollkommnen und zu erweitern, kann er bestimmte
Versuchungen und Tiefpunkte, die noch auf ihn zukommen
werden, nicht überleben. Wenn er nicht an sich arbeitet, wird er
sicher sterben. Dann ist der Glaube ebenfalls gestorben.
197
189
Probieren geht über studieren
Uns Agnostikern gefiel die Gemeinschaft A.A. recht gut, und wir
waren schnell dabei zu sagen, es sei ein Wunder geschehen.
Doch vor Gebet und Besinnung schreckten wir zurück wie der
Wissenschaftler, der sich weigert, ein bestimmtes Experiment
durchzuführen, weil sich dann seine Lieblingstheorie als falsch
erweisen könnte.
Als wir schließlich den Versuch wagten, zeigten sich unerwartete
Ergebnisse. Wir fühlten uns ganz anders; wir hatten jetzt ein
anderes Wissen, und jetzt brauchten wir Gebet und Besinnung.
Und das kann, wie wir wissen, jedem passieren, der es versucht.
Es ist schon richtig, wenn man sagt, dass „ die einzigen, die das
gebet verspotten, diejenigen sind, die es nicht probiert haben.“
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198
190
A.
A. zu Hause
Wenn ein Alkoholiker nichts von dir wissen will, ist das noch
lange kein Grund, sich nicht um seine Familie zu kümmern. Du
solltest weiterhin freundlich zu ihr sein, du solltest Alkoholismus
und seine Behandlung zu erklären versuchen.
Wenn die Angehörigen dies akzeptieren und unser Prinzip auf
ihre Problem anwenden, ist die Genesungs-Chance für den
Alkoholiker viel größer. Auch wenn er noch weitertrinkt, so wird
das Leben für die Familie doch erträglicher.
*
Solange die Familie eines Neuen nicht ausdrücklich den Wunsch
äußert, nach geistigen Grundsätzen zu leben, sollte der
Alkoholiker sie nicht bedrängen. Sie wird ihre Einstellung mit der
Zeit ändern. Sein verändertes Verhalten überzeugt mehr als
Worte.
*
Heute ist das der Hauptzweck der Al-Anon-Familiengruppen.
Hier finden sich die Angehörigen von Alkoholikerin zusammen.
Die Erfolge von Al-Anon bei der
Wiederherstellung zerstörter
Familien sind beträchtlich.
199
191
Beginn der Demut
In den Zwölf Schritten sind kaum unveränderliche Bestandteile
enthalten. Die meisten Schritte können frei interpretiert
werden, je nach Erfahrung und Ansichten des Einzelnen.
Darum kann jeder mit den Schritten da anfangen, wo er kann
oder will. Gott, wie wir Ihn verstehen, wird „eine Kraft größer
als …“ oder „Höhere Kraft“ genannt. Für viele Tausende von
uns war die A.A.-Gruppe am Anfang die „Höhere Kraft“. Das ist
sehr leicht verständlich, denn schon ein Neuer sieht, dass die
meisten A.A. nüchtern sind, er aber ist es noch nicht.
Sein Eingeständnis ist der Beginn der Demut – zumindest ist der
Neue bereit, seine Einstellung aufzugeben, dass er selbst Gott
ist. Mehr braucht man am Anfang nicht.
Wenn er in seinem Fortschritt immer gelassener wird und so
viele Schritte praktiziert wie möglich, wir er bestimmt geistig
wachsen.
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200
192
Die Botschaft weitergeben
Die wunderbare Kraft, die uns der Zwölfte Schritt vermittelt,
indem wir die Botschaft an noch leidende Alkoholiker
weitergeben und alle zwölf Schritte in all unseren
Angelegenheiten anwenden, ist der Lohn, die herrliche Realität
der A.A.
*
Sprich niemals zu einem Alkoholiker von einem moralischen
oder geistigen Podest herab; breite nur den Satz geistiger
Werkzeuge vor ihm aus, damit er sie sich ansieht.
Zeige ihm, wie sie bei dir funktionieren.
Biete ihm Freundschaft und Kameradschaft an!
201
193
Geistiges Alibi
Unsere ersten Versuche mit der Inventur stellten sich als
unrealistisch heraus. Ich war ein Meister der unrealistischen
Selbsteinschätzung. Manchmal wollte ich nur den Teil meines
Lebens sehen, der gut war. Dann übertrieb ich maßlos meine
guten Eigenschaften, die ich mir offensichtlich schon angeeignet
hatte. Als nächstes wollte ich mir selbst zu meiner großartigen
Leistung in der Gemeinschaft der A.A. gratulieren.
Natürlich entstand daraus der schreckliche Drang nach noch
„größeren Leistungen“ und noch mehr Beifall.
Ich fiel in das Verhalten meiner Trinkerzeit zurück. Dasselbe alte
Streben war wieder da – nach Kraft, Ruhm und Beifall.
Daneben hatte ich das bekannteste Alibi - das geistige Alibi.
Durch die Tatsache, dass ich wirklich ein geistiges Ziel hatte, sah
ich diesen Unsinn auch noch als völlig richtig an.
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202
194
Fixe Ideen
Jeder Problemtrinker hat die fixe Idee, eines Tages kontrolliert
trinken und sich daran erfreuen zu können.
Die Beharrlichkeit, mit der an dieser Illusion festgehalten wird,
ist erstaunlich. Viele werden dadurch zum Wahnsinn oder in den
Tod getrieben.
*
Alkoholismus, nicht Krebs, war meine Krankheit. Wog der
Unterschied? Hat Alkoholismus nicht ebenso Körper und Geist
zerstört? Alkoholismus tötet auch, es dauert nur etwas länger.
Daher beschloss ich, Hilfe bei dem „Großen Arzt“ zu suchen,
wissend, dass Er meine Krankheit heilen kann.
203
195
Sprache des Herzens
Warum hat Gott gerade an diesem Punkt der Geschichte
beschlossen, seine heilende Gnade so vielen von uns
zuteilwerden zu lassen?
Jeder Aspekt dieser Offenbarung enthält das entscheidende
Wort. Das Wort heißt: Kommunikation. Es gibt einen
lebensrettenden Kreislauf der Kraft zwischen uns, unserer
Umwelt und Gott.
Von Anfang an Bestand diese Verbindung in der Gemeinschaft
A.A. nicht nur aus der Weitergabe von guten Ratschlägen und
Verhaltensweisen. Wegen unserer Gemeinsamkeit im Leiden
und da unsere Möglichkeiten zur Befreiung von uns selbst nur
dann genutzt werden können, wenn wir sie ständig an andere
weitergeben, bedienen wir uns der Sprache des Herzens.
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204
196
Mittel gegenFurcht
Die durch unsere Fehler entstandene Furcht macht uns innerlich
krank. Und diese Krankheit erzeugt wiederum neue
Charakterfehler.
Die unbegründete Furcht, unsere Wünsche könnten nicht erfüllt
werden, bringt uns dazu, das zu begehren was anderen
Menschen gehört, nach Sex und Kraft zu verlangen, wütend zu
werden, wenn unsere Forderungen nicht erfüllt werden,
neidisch zu werden, wenn sich die Pläne anderer offensichtlich
verwirklichen und unsere nicht. Wir essen und trinken und
gieren nach mehr, als wir benötigen, weil wir Angst haben, nicht
genug zu bekommen. Und wenn ehrliche Arbeit in Angriff zu
nehmen ist, sind wir faul. Wir bummeln und zaudern, bestenfalls
erledigen wir meckernd und mit halber Kraft unsere Aufgabe.
Diese Ängste sind die Termiten, die unentwegt die Grundlage
unseres Lebens zerstören, wie auch immer wir es aufzubauen
versuchen.
*
Mit unserem Glauben wächst auch unsere innere Sicherheit. Die
tiefliegende unbegründete Furcht beginnt zu schwinden. Wir
A.A. haben festgestellt, dass unser bestes Mittel gegen die
Furcht geistiges Erwachen ist.
205
197
Wohin uns Ausreden bringen …
Ihr kennt euer Talent, für alles eine vernunftgemäße Erklärung
parat zu haben. Wenn wir uns gegenüber einem Rückfall
rechtfertigen, wird unsere geistige Einstellung bestimmt den
nächsten auch rechtfertigen, vielleicht mit anderen
Entschuldigungen. Eine Ausrede führt zur nächsten, und im
Handumdrehen sind wir wieder voll mit der Flasche beschäftigt.
*
Allzu oft zeigt die Erfahrung, dass selbst der „kontrollierte“
Pillenschlucker seine Kontrolle verlieren kann. Dieselben
verrückten Erklärungen, die er einst für sein Trinken anführte,
werden jetzt seine Existenz vernichten. Er glaubt, dass die Pillen
gegen seine Schlaflosigkeit auch seinen Kummer heilen könnten.
Unsere Freunde, die Ärzte, können nur selten für die
schrecklichen Folgen unseres eigenen Tuns verantwortlich
gemacht werden. Es ist für den Alkoholiker viel zu einfach, sich
diese gefährlichen Drogen zu beschaffen. Wenn sie sich seiner
bemächtig haben, wird der Alkoholiker sie unbesehen nehmen.
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206
198
In der Öffentlichkeit reden?
Prominente, die unserer Gemeinschaft angehören, sagen hin
und wieder: „Wenn ich in der Öffentlichkeit erzähle. Dass ich bei
den Anonymen Alkoholikern bin, werden viele andere zu uns
kommen.“ Darum sind sie der Ansicht, dass unsere Anonymität-
Tradition falsch ist – wenigstens für sei.
Sie vergessen, dass ihr Hauptziel in der Trinkerzeit Prestige und
materieller Erfolg waren. Ihnen ist nicht klar, dass sie durch
ihren Anonymitätsbruch unbewusst wieder den alten und
gefährlichen Illusionen nachlaufen. Sie vergessen, dass die
Wahrung der Anonymität oft ein Opfer bedeutet, die
Unterdrückung des Wunsches nach Kraft, Geltung und Geld.
Sie sehen nicht ein, dass ihr Verhalten – sollte es in unserer
Gemeinschaft allgemein üblich werden – der Entwicklung
schaden würde. Die Saat der Selbstzerstörung wäre ausgestreut.
Ich bin glücklich, sagen zu können, dass zwar viele versucht sind
– ich war einer von ihnen – dass aber bei uns in Amerika sehr
wenige Freunde ihre Anonymität in öffentlichen Medien
brechen.
207
199
Arroganz und das Gegenteil
Wir nahmen einen hartgesottenen Neuen mit zu seinem ersten
A.A.-Meeting, bei dem zwei Sprecher – fast schon Hilfsprediger –
Vorträger über „Gott, wie ich ihn verstehe“ hielten. Ihre Worte
trieften vor Arroganz. Der letzte Sprecher schoss tatsächlich weit
über das Ziel hinaus bei der Erläuterung seiner persönlichen
religiösen Überzeugung.
Beide gaben nur eine Wiederholung der eigenen Vorstellung, die
ich vor Jahren gegeben hatte. Aus allem, was sie sagten, klang
ungefähr Folgendes heraus: „Leute, hört auf uns! Wir haben die
einzige und wahre Auslegung des A.A. –Programms – und ihr
richtet euch besser danach!“
Der Neue sagte, er hätte verstanden – und er hatte. Sein
Sponsor protestierte und versuchte, ihm zu erklären, dass das
nicht wirklich die A.A. seien. Doch es war zu spät: Danach konnte
ihn niemand mehr ansprechen.
*
Ich betrachte „Demut für heute“ als einen sicheren und festen
Mittelweg bei starken Gefühlsschwankungen. Sie ist ein ruhiger
Platz, an dem ich mir genug Einblick und Ausgeglichenheit
verschaffen kann, um den nächsten kleinen Schritt auf dem
markierten Weg zu tun, der zu beständigen Werten führt.
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208
200
Quelle der Kraft
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde unser Verhältnis zur
Höheren Kraft einer ersten großen Probe unterzogen. A.A.
zogen in den Krieg und wurden in der ganzen Welt verstreut.
Würden sie Disziplin aufbringen, im Feuerhagel stehen und die
Monotonie und das Leiden des Krieges überstehen? Würde die
Form der Abhängigkeit, die sie in der Gemeinschaft der A. A.
gelernt hatten, sie durchbringen?
Ja, es ging gut. Es gab sogar noch weniger Rückfälle oder
seelische Zusammenbrüche als bei den A.A. die sicher zu Hause
geblieben waren. Sie waren genauso beständig und wertvoll wie
andere Soldaten.
Ob in Alaska oder am Strand von Salerno, ihre Abhängigkeit von
der Höheren Kraft funktionierte. Das war bei weitem keine
Schwäche. Diese Abhängigkeit war die Quelle ihrer Kraft.
209
201
Grenzenlose Auswahl
Viele Alkoholiker sind der falschen Meinung. Sie würden in eine
bestimme Form des Glaubens oder der Religion gepresst, sobald
sie in die Nähe der A.A. geraten.
Ihnen ist einfach nicht klar, dass der Glaube niemals ein Muss für
die A.A.- Zugehörigkeit ist. Die Nüchternheit kann mit einem
leicht zu akzeptierenden Minimum an Glauben erreicht werden.
Unsere Vorstellung von der Höheren Kraft und Gott, wie wir
Ihn verstehen, bietet jedem eine fast grenzenlose Auswahl an
geistigem Glauben und Handeln an.
Wenn du zu einem Alkoholiker sprichst, lege unser geistiges
Programm ganz frei aus. Handelt es sich um einen Agnostiker
oder Atheisten, dann sage ihm ausdrücklich, dass er mit unserer
Vorstellung von Gott nicht übereinzustimmen braucht. Er kann
sich jedes Bild machen, vorausgesetzt, er sieht einen Sinn darin.
Für ihn ist es am wichtigsten, an eine Kraft zu glauben, die
größer ist als er, und nach geistigen Grundsätzen zu leben
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210
202
Stunde der Entscheidung
Nicht alle großen Entscheidungen können einfach so getroffen
werden, dass man sich das Für und Wider der jeweiligen
Situation anhört, so nützlich das auch sein mag. Wir können uns
nicht immer auf das verlassen, was uns logisch erscheint. Wenn
wir an unserer Logik zweifeln, warten wir auf Gott und hören auf
die Stimme Seiner Eingebung. Hören wir diese Stimme ganz klar
in unserer Meditation, dann wird uns genügend Selbstvertrauen
zuteil, danach und nicht nach unserer Logik zu handeln.
Wenn wir uns nach diesen Übungen noch unsicher fühlen,
sollten wir um weitere Führung bitten und wichtige
Entscheidungen möglichst noch hinausschieben. Dann erkennen
wir die Situation besser, und Logik und Eingebung werden uns
den richtigen Weg weisen.
Doch wenn eine Entscheidung sofort zu treffen ist, sollten wir
uns nicht von Furcht beeinflussen lassen. Ob richtig oder falsch,
wir lernen aus jeder Erfahrung.
211
203
Wahre Toleranz
Nach und nach lernen wir, die schlechten und die guten Seiten
unserer Freunde zu akzeptieren.
Wir prägten den bedeutsamen Satz: „Lasst uns immer das Beste
in unseren Nächsten lieben und uns niemals vor ihren
Schlechtigkeiten fürchten!“
*
Schließlich sahen wir auch ein, dass alle Menschen, uns
eingeschlossen, bis zu einem gewissen Grade seelisch krank sind
und auch häufig unrecht haben.
An diesem Punkt kommen wir echter Toleranz näher und
erkennen, was wahre Liebe zu unseren Freunden wirklich
bedeutet.
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212
204
Charakteraufbau
Wir sind fast alle mit einer Vielfalt natürlicher Begierden
geboren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass wir ihren Sinn
weitgehend verkennen. Wenn wir uns blind von ihnen führen
lassen und fordern, dass sie uns mehr Befriedigung oder
Freuden verschaffen, als uns gut tut, bewegen wir uns von der
wahren Vollkommenheit fort, die Gott für uns auf Erden
wünscht.
Das ist der Maßstab für unsere Charakterfehler oder – wenn ihr
wollt – für unsere Sünden.
Wenn wir Gott darum bitten, wird Er uns unsere Fehler gewiss
vergeben. Doch keinesfalls wäscht Er uns weiß wie Schnee, und
keinesfalls führt Er uns auf diesem Weg ohne unser Zutun.
Deshalb müssen wir die Bereitschaft zur Arbeit an uns selbst
zeigen. Er verlangt nur, dass wir uns nach Kräften bemühen, um
Fortschritte am Aufbau unseres Charakters zu machen.
213
205
Tugend und Selbstbetrug
Ich fühlte mich wohl in meinem übersteigerten Glauben an
meine eigene Ehrlichkeit. Meine Landsleute in New England
hatten mich in die Geheimnisse aller Geschäftsabschlüsse und
Verträge durch folgenden Spruch eingeweiht: „Ein Mann – ein
Wort!“ Mit dieser strengen Regel war es leicht, im Geschäft
ehrlich zu sein; ich habe niemals jemand übers Ohr gehauen.
Aus diesem kleinen Stück einer ehrlich erworbenen Tugend
entwickelte sich bei mir eine merkwürdige Neigung: Ich
versäumte keine Gelegenheit, meinen Freunden in der Wall
Street Vorhaltungen zu machen, wenn sie ihre Kunden
übervorteilten, Das war schon arrogant genug, doch noch
schlimmer war der Selbstbetrug.
Meine geschätzte geschäftliche Ehrlichkeit verwandelte sich in
einen bequemen Anzug, in dem ich viele schwere Fehler, die
andere Bereiche meines Lebens gefährdeten, versteckte. Dieser
einen Tugend gewiss, war es leicht für mich, daraus zu schließen,
ich besäße auch alle anderen. Das hinderte mich jahrelang, mich
selbst näher zu betrachten.
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214
206
Für andere beten
Selbst wenn wir aufrichtig beten, können wir noch in
Versuchung geraten. Wir machen uns eigene Gedanken über
Gottes Willen für andere. Wir sagen zu uns: „Dieser sollte von
seiner schweren Krankheit genesen“. Oder: „ Jener sollte von
seinem seelischen Schmerz erlöst werden.“ Für diese Dinge
beten wir.
Solche Gebete sind natürlich gut, doch liegt ihnen die Annahme
zugrunde, dass wir Gottes Willen für denjenigen kennen, für den
wir beten. Das bedeutet, dass gleichzeitig mit einem ernsthaften
Gebet ein gewisser Dünkel und Eigensinn in uns vorhanden sein
können.
Unsere Erfahrung in der Gemeinschaft der A.A. ist, dass wir um
Gottes Willen, wie er auch sein mag, für andere und für uns
beten sollen.
215
207
Die Zukunft der Gemeinschaft
Es hat sich erwiesen, dass die Gemeinschaft auf eignen Füßen
stehen kann, ganz gleich, wo und unter welchen Bedingungen.
Sie ist jeder Abhängigkeit von Persönlichkeiten entwachsen. Sie
braucht nicht mehr das Mitwirken jener Handvoll älterer A.A. wie
ich einer bin. Neue fähige und tatkräftige Menschen streben
nach vorn und sind da, wo sie gebraucht werden. Außerdem hat
die Gemeinschaft der A. A. genügend geistige Reife, um zu
wissen, dass ihre Abhängigkeit schließlich bei Gott liegt.
(Zitat aus einem 1940 geschriebenen Brief)
Unsere erste Aufgabe hinsichtlich der Zukunft unserer
Gemeinschaft liegt ganz klar darin, mit voller Kraft zu erhalten,
was wir besitzen. Das können wir nur durch sorgfältige
Aufmerksamkeit erreichen. Wir sollten uns nie durch den großen
Zuspruch und den Erfolg, der uns überall wiederfährt, von
Selbstzufriedenheit einlullen lassen. Darin liegt eine
schleichende Gefahr, die uns heute zum Stillstand und morgen
vielleicht auseinanderbringt. Wir haben uns immer
zusammengesetzt und Fehler und Krisen überwunden. Probleme
waren Antriebskräfte.
Wie gut werden wir mit den Problemen des Erfolges fertig?
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216
208
Brücke zum Glauben
Wir wurden häufig mit der Frage des Glaubens konfrontiert und
konnten uns davor nicht drücken. Einige sind schon über die
Brücke der Vernunft in das ersehnte Land des Glaubens
gegangen, wo sich ihnen freundliche Hände zur Begrüßung
entgegenstreckten. Wir waren dankbar, dass uns die Vernunft so
weit gebracht hatte. Doch irgendwie konnten wir das Land nicht
betreten. Vielleicht hatten wir uns auf dem letzten Stück des
Weges zu sehr auf die Vernunft gestützt und wollten diesen Halt
nicht verlieren.
War nicht dort, wo wir standen, schon – ohne, dass wir es
wussten – ein bestimmter Glaube? Glaubten wir nicht an unsere
eigene Vernunft? Hatten wir kein Vertrauen in unser
Denkvermögen? Welcher Art Glauben war das?
Ja, wir waren gläubig, wir hatten den kleinen Glauben an den
Gotte der Vernunft. So entdeckten wir, dass, auf die oder andere
Art, der Glaube die ganze Zeit mit im Spiel war.
217
209
Niemals wieder derselbe
Wenn ein Alkoholiker einem anderen die wahre Natur seiner
Krankheit erklärt, wird dieser niemals wieder derselbe sein. Er
wird sich bei jeder nächsten Trinkerei sagen: „Vielleicht haben
diese A.A. doch recht!“ Nach einigen solcher Erlebnissen wird er
vielleicht überzeugt zu uns kommen, noch bevor sich ernsthafte
Schwierigkeiten einstellen.
*
In den ersten Jahren waren die A.A. die bei uns nüchtern
wurden, schreckliche und fast hoffnungslose Fälle. Doch dann
hatten wir auch Erfolge bei Menschen, die noch nicht durch ein
so schlimmes Leid gegangen waren, und sogar bei einigen nur
potentiellen Trinkern. Jüngere Leute tauchten auf. Viele kamen
zu uns, die noch ihre Stellung, Familie, Gesundheit hatten und
die in der Gesellschaft noch angesehen waren.
Natürlich mussten auch diese Neuen einen seelischen Tiefpunkt
haben. Aber sie brauchten nicht jeden nur denkbaren Tiefpunkt,
um einzusehen, dass sie besiegt waren.
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218
210
Befreit
Beim Dritten Schritt sagten viele zu unserem Schöpfer, wie wir
Ihn verstehen:
„Gott, ich gebe mich Dir hin – stärke mich – tue mit mir, was Du
willst. Befreie mich von meinen eigenen Fesseln, damit ich
Deinen Willen besser ausführen kann. Nimm meine
Schwierigkeiten fort, damit ich durch meinen Sieg jenen Zeugnis
geben kann, denen ich helfen will, von Deiner Kraft, Deiner
Liebe und Deinem auserwählten Weg zum Leben. Gib, dass ich
immer Deinen Willen ausführe!!
Bevor wir diesen Schritt in Angriff nahmen, hatten wir die gute
Absicht, und wir waren unserer Bereitschaft sicher.
Erst dann konnten wir beginnen, uns selbst ganz in seine Hände
zu geben.
219
211
Demut erstreben
Wir brauchten nicht immer in die Demut getrieben oder
gestoßen zu werden. Wir konnten sie ebenso durch unser
freiwilliges Streben erreichen wie durch unablässiges Leid.
*
Wir suchen zunächst nur ein wenig Demut, weil wir wissen, das
wir sonst am Alkoholismus zugrunde gehen. Später fangen wir
an, obwohl wir noch etwas rebellieren, Demut zu üben, weil wir
wissen, dass das Recht ist.
Schließlich kommt der Tag, an dem wir von unserer Auflehnung
befreit sind, und wir werden demütig, weil wir das aufrichtig als
unseren Lebensweg wünsche.
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212
Glaube und Tat
Vielleicht hat dein neuer Freund ein umfassenderes Wissen und
eine größere Praxis in der Religion als du. Dann möchte er gern
wissen, was du ihm noch beibringen kannst. Ihn wird es
vielleicht interessieren zu erfahren, warum sein Glaube ihm
nicht geholfen hat und warum es bei dir so gut klappt. Vielleicht
ist er ein Beispiel dafür, dass Glaube allein nicht genügt. Ein
lebendiger Glaube verlangt Selbstaufopferung und
uneigennütziges konstruktives Handeln.
Gib ihm gegenüber zu, dass er mehr über Religion weiß als du,
und gib ihm zu überlegen, warum sein tiefer Glaube und sein
umfassendes Wissen ihm nicht geholfen haben.
Dr. Bob braucht mich nicht als Religionslehrer. Er wusste mehr
als ich. Was ihm fehlte, als wir uns zum ersten Mal trafen, waren
die alles offenlegende Aussprache und das Verständnis, das nur
ein Alkoholiker dem anderen geben kann. Ich hingegen brauchte
Demut und die geistige Verwandtschaft zu einem Menschen
seiner Art.
221
213
Mach keinen halben Hausputz
Viele Neue haben versucht, Schlechtes aus ihrem Leben für sich
zu behalten. Sie gingen der Demutserfahrung des Fünften
Schrittes aus dem Weg und versuchten es mit leichteren
Methoden. Fast ausnahmslos tranken sie wieder. Obwohl sie
den Rest des Programms beharrlich erfüllten, wunderten sie sich
über ihren Rückschlag.
Der Grund liegt darin, dass sie mit ihrem Hausputz niemals fertig
geworden sind. Sie haben zwar eine Inventur gemacht, doch an
einigen ihrer schlechtesten Stücke im Bestand blieben sie
hängen. Sie meinten, sie hätten Egoismus und Furcht verloren;
sie meinten, sie hätten sich erniedrigt.
Doch Demut, Furchtlosigkeit und Ehrlichkeit im richtigen Sinne
lernten sie erst, als sie ihre ganze Lebensgeschichte einem
anderen Menschen erzählten.
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214
Nur versuchen
Als Junge musste ich Athlet sein, weil ich kein Athlet war. Ich
musste Musiker sein, weil ich keinen Ton halten konnte. Ich
musste der Klassenerste sein. Ich musste überall der Erste sein,
weil ich mich meinem verschrobenen Hirn für das geringste
Geschöpf Gottes hielt. Ich war nicht in der Lage, mit meinen
Minderwertigkeitskomplexen fertig zu werden. Darum drängte
ich mich danach, Spielführer der Baseballmannschaft zu werden.
Ich lernte Geige spielen. Ich musste führen – sonst …
Darin lag schon die Forderung „Alles oder nichts“, an der ich
später fast gestorben wäre.
Ich freu mich, dass du es mit dieser neuen Stelle versuchen
willst. Aber „versuche“ wirklich nur.
Wenn du mit der Einstellung „Ich muss Erfolg haben – ich darf
nicht versagen – ich kann nicht versagen“ an die Sache
herangehst, hast du schon den Garantieschein für einen Rückfall
in der Tasche. Wenn du den Start jedoch nur als einen
konstruktiven Versuch ansiehst, dann wird alles gut gehen.
223
215
Konstruktive Gedankengänge
Es gibt leider in unserer Gemeinschaft einige Freunde, die wir als
„destruktive Kritiker“ bezeichnen. Sie sind die Antreiber, sie sind
die „Politiker“, sie sind die Ankläger, sie wollen ihr Ziel erreichen
– natürlich „Alles nur zum Besten der A.A!“ Wir haben
inzwischen eingesehen, dass solche Menschen nicht unbedingt
nur Schaden anrichten.
Wir sollten genau hinhören, was sie uns zu sagen haben.
Manchmal sagen sie die ganze Wahrheit. Wenn wir in ihre
Schusslinie geraten, kann uns die ganze oder die halbe Wahrheit
oder die Unwahrheit unangenehm sein. Doch wir sollten ihnen
bei der ganzen oder halben Wahrheit danke schön sagen, uns
mit unserer eigenen Inventur beschäftigen und zugeben, dass
wir Unrecht hatten. Erzählen sie jedoch Unsinn, sollten wir
überhaupt nicht hinhören oder versuchen, sie zu überzeugen.
Wenn das fehlschlägt, sind wir traurig, weil sie zu krank sind, um
uns zuzuhören. Wir sollten versuchen, die ganze Angelegenheit
zu vergessen.
Es gibt kaum ein besseres Mittel, Selbsteinsicht und Geduld zu
erlangen, als die Gedankengänge dieser zwar wohlmeinenden,
doch irrenden Freunde ertragen zu lernen.
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216
Nach den „Flitterwochen“
Die meisten von uns erleben die erste Zeit bei den A.A. wie
Flitterwochen. Sie haben einen neuen und wahren Grund zum
Leben gefunden und erfreuen sich vielfältiger Aktivitäten. Eine
Zeitlang werden sie von den Problemen des Lebens abgelenkt.
Das alles ist nur zu ihrem Besten.
Eines Tages gehen die Flitterwochen zu Ende, und wir müssen
uns wieder wie normale Menschen benehmen. Jetzt beginnen
die Prüfungen. Vielleicht hat uns die Gruppe schon in die Seile
geboxt. Vielleicht sind die Schwierigkeiten zu Hause oder in
unserer Umgebung größer geworden. Die alten
Verhaltensweisen tauchen wieder auf. In dem Maße, wie wir sie
erkennen und mit ihnen fertig werden, stellen wir unsere
eigenen Fortschritte fest.
*
Kluge Leute haben es immer gewusst: Kein Mensch kann etwas
aus seinem Leben machen, bevor die Selbsterforschung nicht zur
Gewohnheit wird und er alles, was er findet, zugeben und
annehmen kann und ehe er nicht geduldig und beharrlich
versucht, alle Fehler zu korrigieren.
225
217
Neue Hoffnung
Brief an Dr. C. G. Jung:
„Die meisten Erfahrungen mit dem Persönlichkeitswandel, so
vielfältig sie auch sein mögen, haben einen gemeinsamen
Nenner, einen tiefgreifenden Zusammenbruch des Ego. Der
Einzelne steht vor einem unbegreiflichen Chaos.
In meinem Fall entstand das Chaos durch mein süchtiges
Trinken, und meine große Hoffnungslosigkeit wurde durch
meinen Arzt noch vertieft. Es wurde noch viel schlimmer, als ich
durch meine Freunde, ebenfalls Alkoholiker, hörte, wie
hoffnungslos sie über den Fall Roland H. urteilten.
Ich hatte aufgrund meiner geistigen Erfahrung die Vision von
einer Gemeinschaft von Alkoholikerin. Wenn jeder
Alkoholkranke jedem anderen Menschen, der ein Trinkproblem
hat, die Botschaft der Hoffnungslosigkeit dieser Krankheit
brächte, würde damit gleichzeitig die Erkenntnis geweckt, das
ein geistiger Umwandlungsprozess notwendig ist. Dieses
Konzept wurde die Grundlage des großartigen Erfolges, den die
A.A. haben.“
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226
218
Frei sind wir glücklich
Für die meisten Menschen bedeutet Trinken Befreiung von
Sorgen, Langeweile und Ärger. Es bedeutet fröhliches
Zusammensein mit Freunden und das Gefühl, dass das Leben
lebenswert ist.
Ganz anders war es mit uns, besonders in der Schlussphase
unserer Trinkerzeit. Die alten Freuden waren dahin. Wir
jammerten ständig dem schönen Leben nach und klammerten
uns an den verhängnisvollen Irrtum, dass wir durch ein Wunder
unser Trinken wieder kontrollieren könnten. Das war immer
wieder als ein neuer Versuch – und immer wieder ein neuer
Reinfall.
Gott möchte uns glücklich, fröhlich und frei sehen, dessen sind
wir gewiss. Darum können wir auch ohne weiteres sagen, dieses
Leben sei ein Tränental, wenn gleich es das für uns einmal war.
Aber wir wissen jetzt genau, dass wir uns das meiste selbst
zuzuschreiben haben.
227
219
Zum Glauben bereit
Lass dich nicht durch irgendwelche Vorurteile gegen geistige
Begriffe davon abschrecken, dich ehrlich zu fragen, was sie dir
bedeuten. Mehr als Bereitschaft zu fragen, brauchten wir zu
Beginn nicht. Wir konnten geistig wachsen und unsere erste
bewusste Verbindung zu Gott, wie wir ihn verstehen, herstellen.
Später entdeckten wir bei uns selbst, dass wir vieles bekamen,
was zuvor außer Reichweite lag. Das nannten wir Wachstum.
Wenn wir wachsen sollten, mussten wir irgendwo beginnen.
Darum machten wir uns zunächst unsere eigene, sehr
bescheidene Vorstellung von Gott.
Wir brauchten uns nur die einfache Frage zu stellen: „Glaube ich
jetzt, oder bin wenigstens bereit, an eine Kraft, größer als ich,
zu glauben?“
Sobald jemand zugeben kann, dass er glaubt, wenn auch nur
ganz klein wenig, oder dass er bereit ist zu glauben, können wir
ihm versichern, dass er auf dem richtigen Weg ist.
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228
220
Partnerschaft
Durch unseren geistigen Fortschritt wurde uns klar, dass wir
Geben und Nehmen zu unserer Lebensgrundlage machen
müssen. Sobald wir seelisch etwas gefestigt sind, müssen wir in
uns die Vorstellung entwickeln, dass wir mit allen Menschen um
uns herum in guter Partnerschaft oder Freundschaft leben
sollten.
Wir haben erkannt, dass wir ständig geben müssen, ohne
Bezahlung zu fordern. Als wir so handelten, stellten wir fest,
dass sich immer mehr Menschen zu uns hingezogen fühlten. Das
hatte es nie zuvor gegeben. Und selbst wenn sich einige von uns
abwandten, brachten wir Verständnis auf, und wir fühlten uns
nicht allzu sehr getroffen.
Die Einigkeit, die Wirksamkeit, ja selbst das Überleben der
Gemeinschaft der A.A. basieren auf unserer ständigen
Bereitschaft, etwas von unseren persönlichen Gewohnheiten
und Wünschen zugunsten unserer gemeinsamen Sicherheit und
unseres Wohlergehens aufzugeben. Ebenso wie Opfer das Leben
des Einzelnen retten, bedeuten Opfer auch Einigkeit und
Überleben der Gruppe und der Gemeinschaft der A. A.
229
221
Gott lässt uns nicht im Stich
Wie ich höre, wirst du erstaunlich gut mit deiner Not fertig, einer
Not, die aus deiner Krankheit resultiert. Ich möchte meine
Dankbarkeit ausdrücken für deine Genesung in der
Gemeinschaft der A.A. und besonders, weil du uns allen jetzt so
deutlich beweist, wie wirksam die A.A.-Prinzipien für uns alle
sind.
Du freust dich vielleicht zu hören, dass die A.A. in dieser Hinsicht
einen einmaligen Rekord aufgestellt haben. Das kommt meiner
Meinung nach daher, weil wir sicher sind, dass Gott uns nicht im
Stich lässt, wenn es uns schlecht geht; Er hat es ja auch nicht
getan, als wir noch tranken. Und so wird es auch für den Rest
unseres Lebens bleiben.
Natürlich sehen Seine Pläne nicht vor, dass Er uns vor allen
Schwierigkeiten und allem Elend bewahrt. Auch wir Er uns am
Ende unserer Tage nicht vor dem sogenannten Tod retten – weil
das nur die Eingangspforte zu einem neuen Leben ist, in dem wir
in Seinem Haus verweilen dürfen. Wenn ich von diesen Dingen
spreche, dann nur, weil ich sicher bin, dass du einen
zuversichtlichen Glauben hast.
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230
222
Wer ist schuld?
Beim Vierten Schritt befassten wir uns streng mit unseren
Fehlern. Wo sind wir selbstsüchtig, unehrlich, anmaßend und
ängstlich gewesen?
Zugegeben: Für bestimmte Dinge waren wir nicht allein
verantwortlich; aber wir versuchten, die ganze Schuld auf
Mitbeteiligte abzuwälzen.
Schließlich erkannten wir, dass wir unsere eigene Inventur
machen mussten, nicht die des Anderen.
Wir gaben unser Fehler ehrlich zu und wurden bereit, diese
Dinge in Ordnung zu bringen.
231
223
Eine Gemeinschaft – viele Religionen
Wir dürfen als Gemeinschaft niemals so überheblich werden,
dass wir uns als Urheber und Gründer einer neuen Religion
betrachten. Wir geben demütig zu, dass alle Grundsätze der
A.A. aus alten Quellen entliehen sind.
*
Ein Priester aus Thailand schrieb: „Wir haben die Zwölf Schritte
der A.A. in einem großen Buddhisten – Kloster dieser Provinz
vorgelegt. Der Oberpriester sagte zu uns: „Diese Schritte sind
sehr gut. Für uns Buddhisten wären sie jedoch noch
verständlicher, wenn Sie in Ihren Schritten das Wort „Gott“
durch „gut“ ersetzt hätten. Sie sprechen jedoch von Gott, wie Sie
Ihn verstehen, und das schließt sicher das Gute eine. Ja, die
Zwölf Schritte der A.A. werden bestimmt von den Buddhisten
hier akzeptiert werden“
*
Viele alte Freunde aus St. Louis erinnern sich noch, wie ihnen
Pater Edward Dowling bei der Gruppengründung half, die
meisten Alkoholiker waren Protestanten, doch das kümmerte
ihn kein bisschen.
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232
224
Führung in der AA. -Gemeinschaft
Keine Gesellschaft kann ohne fähige Führungspersönlichkeiten
auf allen Ebenen funktionieren; unsere Gemeinschaft bildet
keine Ausnahme. Doch wir A.A. liebäugeln manchmal mit dem
Gedanken, dass es bei uns ohne Führungspersönlichkeiten
klappt. Wir vereinfachen die traditionelle Vorstellung
„Prinzipien vor Persönlichkeiten “so, dass keine
„Persönlichkeiten“ in der Führung unserer Gemeinschaft mehr
übrigbleiben. Das würde heißen: Wir brauchten gesichtslose
Roboter, die versuchen, es allen Recht zu machen.
Eine Führungspersönlichkeit in der Gemeinschaft der A.A. ist ein
Mann oder eine Frau, die Prinzipien, Pläne und Zielvorstellung so
aufopfernd und wirksam in die Tat umsetzen kann, dass wir
anderen gern bereit sind, diese Tätigkeit zu unterstützen und
dem Betreffenden zu helfen.
Wenn ein Leitender uns seine Kraft spüren lässt, begehren wir
auf, entwickelt er sich zu einem schwachen Befehlsempfänger
ohne eigenes Urteilsvermögen – nun, dann kann er überhaupt
nichts führen.
233
225
Antwort im Spiegel
Als wir noch tranken, waren wir davon überzeugt, dass unsere
Intelligenz, gepaart mit Willenskraft, unser Innenleben
kontrollieren und unsere Erfolge in der Umwelt garantieren
würde. Die „schöne Philosophie“, nach der jedermann Gott
spielt, hörte sich ganz gut an, doch der Härtetest stand noch aus:
Wie sieht es in Wirklichkeit aus? Ein langer Blich in den Spiegel
brachte die Antwort.
*
Mein geistiges Erwachen war wie ein elektrischer Schlag, Ich war
vollkommen überzeugt. Plötzlich wurde ich ein Teil – wenn auch
nur ein winziger Teil – des Kosmos, der durch die Gerechtigkeit
und Liebe Gottes regiert wird. Das war die Wahrheit, ganz gleich,
wie schwer die Folgen der eigenen Willenlosigkeit und
Unsicherheit bei mir und bei meinen Weggefährten auf Erden
waren.
Diese neue und positive Einstellung hatte ich nun, und sie
verließ mich nie wieder.
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234
226
Demut – auch für die Gemeinschaft
Wir A.A. prahlen oft mit den Vorzügen unserer Gemeinschaft. Es
ist gut, wenn wir uns daran erinnern, dass nur weniges davon
wirklich verdient ist.
Wir wurden gezwungen, sie zu erarbeiten, und zwar zunächst
durch die grausame Fessel des Alkoholismus. Wir machten uns
diese Vorzüge zu Eigen, nicht weil wir das wünschten, sondern
weil wir mussten.
Als sich mit der Zeit die offensichtliche Richtigkeit unserer
Grundsätze bestätigte, lebten wir danach, denn wir hielten das
für richtig. Manche von uns – und ich gehörte auch dazu –
akzeptierten diese Prinzipien nur mit großem Widerwillen.
Doch schließlich gelangten wir zu dem Punkt, an dem wir freudig
diese Grundsätze ausführten, die durch Gottes Gnade nach
unseren Erfahrungen aufgestellt werden konnten.
235
227
Ist Nüchternheit genug?
Der Alkoholiker fegt wie ein Orkan durch das Lebend anderer
Menschen. Gebrochen Herzen bleiben zurück. Zärtliche
Verbindungen zerbrechen. Die Liebe stirbt. Selbstsüchtige und
unüberlegte Handlungen halten die Familie in ständiger
Aufregung.
Nach unserer Meinung ist ein Mensch gedankenlos, wenn er
sagt, Nüchternheit sei genug. Er gleicht dem Bauern, der nach
einem Wirbelsturm aus dem Keller und sein zerstörtes Haus
betrachtet. „Mutter“, sagt er zu seiner Frau, „hier ist nicht viel
passiert. Ist es nicht toll, dass der Wind nicht mehr bläst?“
Was meinen wir damit; wir hätten andere Menschen „verletzt“?
Welche Arten von „Verletzung“ fügen sich Menschen
gegenseitig zu?
Um das Wort „Verletzung“ einfach zu definieren, könnten wir
sagen, es ist das Ergebnis von Gefühlskonflikten, durch die
Menschen in unserer Umgebung körperlich, geistig, seelisch und
gefühlsmäßig Schaden erleiden.
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2
36
228
Beginn echter Beziehungen
Als wir zu den A.A. kamen und zum ersten Mail in unserem
Leben von Menschen umgeben waren die uns zu verstehen
schienen, überkam uns ein überwältigendes Gefühl des
Dazugehörens. Wir meinten, unser Problem der Einsamkeit
überwunden zu haben.
Doch recht bald kamen wir dahinter, dass wir zwar im
gesellschaftlichen Sinn nicht mehr allein waren, aber immer
noch unter der alten Qual des ängstlichen Beiseitestehens litten.
Wir gehörten nicht dazu, bevor wir nicht mit voller Aufrichtigkeit
über unsere Konflikte sprachen und anderen Freunden mit
gleichen Problemen zuhörten.
Die Antwort gab der Fünfte Schritt. Hier begannen wir, und mit
anderen Menschen und mit Gott verwandt zu fühlen.
237
229
Tag der Heimkehr
So wie Nüchternheit langes Leben und Glück für den Einzelnen
bedeutet, so bedeutet Einigkeit das gleich für unsere
Gemeinschaft als Ganzes.
Vereint leben wir; getrennt gehen wir unter.
*
Wir denken sehr oft an all die Kranken, die sich uns noch
anschließen werden. Während sie versuchen, den Glauben und
das Leben zu finden, möchten wir, dass ihnen alles aus der
Gemeinschaft der A.A. zukommt, was wir hier gefunden haben,
ja, sogar noch mehr.
Keine Mühe, keine Anstrengung, keine Aufmerksamkeit werden
uns je zu schwierig sein, um die Wirksamkeit und geistige Kraft
der A.A. zu erhalten, damit wir am Tage ihrer Heimkehr bereit
sind.
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238
230
Jeden lieben?
Es gibt nur wenige Menschen, die ganz ehrlich sagen können, sie
liebten jeden. Meist sagen wir, dass wir nur ganz wenige
Menschen lieben, dass uns viele gleichgültig sind – und was die
übrigen angeht, so mögen wir sie wirklich nicht, ja, machen
hassen wir regelrecht.
Wir A.A. brauchen etwas Besseres zur Erhaltung unseres
Gleichgewichts als diese Reihenfolge. Wir müssen uns Schritt für
Schritt von der Vorstellung befreien, dass wir nur wenige
besitzergreifend lieben können, uns nicht für die vielen anderen
interessieren und im Übrigen die Menschen fürchten oder
hassen. Wir stellen denen, die wir lieben, keine unvernünftigen
Forderungen mehr.
Wir zeigen dort Freundlichkeit, wo wir früher gleichgültig waren.
Wir können zumindest damit beginnen, denen, die wir nicht
mögen oder die wir hassen, Gerechtigkeit und Höflichkeit
zukommen zu lassen; vielleicht versuchen wir sogar, sie zu
verstehen und ihnen zu helfen.
239
231
Miteinander reden
Jeder wird zustimmen, dass wir A.A. unsagbar glückliche
Menschen sind; glücklich, weil Leid hinter uns liegt, glücklich,
weil wir jetzt einander verstehen und lieben können.
Diese Eigenschaften und Tugenden sind in ihrer Vielfalt selten
verdient. Doch die meisten von uns wissen sehr wohl, dass es
sich um seltene Geschenke handelt, deren Ursprung in unserer
Verwandtschaft des gemeinsamen Leidens und der
gemeinsamen Erlösung durch die Gnade Gottes liegt.
Darum haben wir das Vorrecht, miteinander in vorbehaltloser
Offenheit zu reden, was mit Nichtalkoholikern aus unserem
Freundeskreis in dieser Art oft nicht möglich ist.
*
„Ich schäme mich meines Zustandes, und deswegen sprach ich
nicht darüber. Doch heute bekenne ich freimütig, dass ich
depressiv bin. Das zog viele Depressive an. Die Zusammenarbeit
mit ihnen hat mir sehr geholfen.“ *
* Bill hat später gesagt, er habe seit 1955 keine Depressionen
mehr gehabt.
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240
232
Von der Kraft des Willens
Neue in unserer Gemeinschaft, die einen leichteren, aber dafür
umso längeren Abwärtsgang hinter sich haben, neigen zu der
Ansicht, dass der menschliche Wille vollkommen wertlos ist. Sie
kommen zu der Überzeugung – manchmal zu Recht -, dass auch
Probleme neben dem Alkohol nicht im Sturmangriff mit der
Waffe des Willens aus der Welt zu schaffen sind.
Es gibt jedoch bestimmte Dinge, die der Einzelne allein tun kann.
Ganz für sich allein und entsprechend seiner eigenen Lage muss
er die Fähigkeit der Bereitschaft entwickeln. Wenn der die
Bereitschaft erlangt hat, ist er der einzige Mensch, der die
Entscheidung treffen kann, sich um geistigen Fortschritt zu
bemühen. Dieser Versuch ist ausschließlich auf seinen eigenen
Willen zurückzuführen. Er setzt seine Fähigkeiten richtig ein.
Natürlich erfordern alle zwölf Schritte der A.A., dass wir uns
persönlich sehr große Mühe geben, nach diesen Grundsätzen
und damit auch, wie wir glauben, nach Gottes Willen zu leben.
241
233
Alltagsleben
Die A.A. legen einen ganz besonderen Wert auf die persönliche
Inventur, weil sich viele von uns selbst niemals richtig
einschätzten konnten.
Ist die heilsame Übung einmal zur Gewohnheit geworden, finden
wir sie so wichtig und nützlich, dass uns die Zeit, die wir dafür
aufwenden, nicht fehlt. Diese Minuten – manchmal sogar
Stunden – der Selbstprüfung machen alle anderen Stunden
unseres Tages besser und glücklicher.
Mit der Zeit wird unsere Inventur notwendiger Bestandteil
unseres Alltagslebens: Sie ist nicht mehr ungewöhnlich oder
seltsam.
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242
234
Befreite Gefangene
Brief an eine Gefängnisgruppe:
Jeder A.A. war sozusagen ein Gefangener, jeder hat sich aus der
Gesellschaft ausgesperrt; jeder kannte die gesellschaftliche
Ächtung. Euer Los ist sogar noch schlimmer. In eurem Fall hat die
Gesellschaft eine Mauer um euch herum gebaut. Allerdings, wie
alle A.A. wissen, bestehen zwischen euch und uns keine
wesentlichen Unterschiede.
Wenn ihr also in die Welt der A.A. – draußen – kommt, könnt ihr
sicher sein, das niemand danacht fragt, was ihr in der letzten Zeit
getan habt. Bei uns zählt nur, was ihr zu sein versucht und nicht,
was ihr gewesen sein.
Manchmal werden wir schlecht mit geistigen oder
gefühlsmäßigen Schwierigkeiten fertig, wenn wir nüchtern
bleiben wollen. Auf lange Sich erkenne wir, dass das
Fertigwerden mit solchen Probleme ein echter Test im A.A.-
Leben ist. Im Elend wachsen wir schneller als im Wohlstand und
Erfolg.
243
235
Suche nach verlorenem Glauben
Es gibt eine große Zahl von A.A., auf die folgender Ausspruch
genau zutrifft: „Wir kamen von unserem Kindheitsglauben ab.
Mit dem materiellen Erfolg stellte sich auch das Gefühl ein, dass
wir das Spiel des Lebens gewinnen würden. Das war sehr heiter,
und wir waren glücklich.“
Warum sollen wir uns mit theologischen Abhandlungen und
religiösen Pflichten belasten oder gar mit dem Zustand unserer
Seele, jetzt und später?
Der Wille zu siegen wird uns schon durchbringen.
Doch dann bemächtigte sich unser der Alkohol. Wir bekamen
nur noch miese Karten, und als wir erkannten, dass ein weiteres
schlechtes Blatt uns sofort aus dem Spiel werfen würde,
mussten wir unseren verlorenen Glauben suchte.
Wir fanden ihn in der Gemeinschaft der A.A. wieder.
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244
236
Vollkommenheit – nur ein Ziel
Wir Menschen können die vollkommene Demut niemals
erreichen. Wir können bestenfalls die Bedeutung und Größe
solch einer vollkommenen Eigenschaft ermessen: Nur Gott
selbst kann sich in Vollkommenheit offenbaren; wir Menschen
müssen auf einer parallelen Ebene leben und wachsen.
Darum suchen wir den Fortschritt in der Demut, nur für heute.
*
Wenige von uns sind leicht und schnell bereit, geistige und
moralische Vollkommenheit anzustreben; wir bewegen uns
lieber auf Vervollkommnung zu, und zwar in dem Ausmaß, das
wir im Leben erreichen können. Allerdings sind die
Vorstellungen über das Erreichbare individuell sehr verschieden.
Irrtümlich streben wir nach selbst gesteckten Zielen, anstatt
unsere ganze Kraft dem absoluten Ziel, das Gott heißt,
zuzuwenden.
245
237
Keine Befehle
Weder die Allgemeine Dienstkonferenz der A.A., die Ausschüsse
und Vertrauensleute noch das bescheidene Gruppenkomitee
können einem A.A. auch nur einen einzigen Auftrag erteilen, den
er ausführen muss, und diesen für ihn bindend machen,
geschweige denn ihm eine Strafe auferlegen. Wir haben das
schon einige Male versucht, aber die Resultate waren stets ein
Fehlschlag.
Gruppen haben manchmal versucht, jemanden auszuschließen.
Die Ausgeschlossenen kamen wieder ins Meeting, setzten sich
an den Tisch und sagten: „Das hier ist unser Leben, ihr könnt uns
nicht verstoßen!“ Es gab Ausschüsse, die A.A.- Freunden die
Weisung erteilten, sich nicht länger mit chronisch Rückfälligen zu
befassen, doch die Antwort war immer nur: „Wie ich meine
Aufgabe im Zwölften Schritt erledige, ist allein meine Sache. Wie
könnt ihr euch als Richter aufspielen?“
Das bedeutet nicht, dass ein A.A. nicht gern einen guten Rat
oder eine Empfehlung von einem Erfahrenen annimmt. Er
weigert sich nur. Befehle anzunehmen.
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246
238
Zuviel Selbstmitleid
Selbstmitleid gehört zu den unglücklichen und zerstörendsten
Charaktereigenschaften, die wir kennen. Selbstmitleid behindert
jeden geistigen Fortschritt und unterbindet die nützliche
Aussprache mit unseren Freunden, weil es zu viel Kraft bindet
und weil es an den Bindungen nagt.
Es ist eine rührselige Art, den Märtyrer zu spielen, und wir
kommen damit schlecht an.
Gibt es Gegenmittel?
Ja, schauen wir uns selbst ganz genau an und betrachten wir die
Zwölf Schritte der Genesung noch genauer! Wir werden
erkennen, dass viele unserer A.A.-Freunde nach diesen Schritten
leben, um Schmerz und Elend zu überwinden.
Das sollte uns Anregung sein, diese lebensspendenden
Grundsätze auch für uns selbst anzuwenden.
247
239
Wann und wie wir geben
Leute, die Geld und Obdach zur Voraussetzung für ihre
Nüchternheit machen, sind auf dem falschen Weg. Es kann
schon mal vorkommen, dass wir einem Neuen beides
verschaffen – jedoch nur, wenn wir sicher sind, dass er seine
Genesung an die erste Stelle setzt.
Die Frage heißt nicht, ob wir geben sollen, sondern wann und
wie. Wenn wir unsere Tätigkeit mit materiellen Dingen
verbinden, verlässt sich der Alkoholiker lieber auf Almosen als
auf eine Höhere Kraft und die A.A. – Gruppe. Er wird weiterhin
dass er erst mit dem Alkohol fertig wird, wenn seine materiellen
Angelegenheiten in Ordnung sind.
Unsinn! Viele von uns mussten harte Schläge einstecken, um die
Wahrheit zu erkennen: Ob Beruf oder kein Beruf, ob Frau oder
keine Frau, wir hörten einfach nicht auf zu trinken, solange die
Abhängigkeit von materiellen Dingen oder von anderen
Menschen vor die Abhängigkeit von Gott gestellt wurde.
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248
240
Hart, aber rücksichtsvoll
Wir können unseren Frauen oder unseren Eltern gegenüber
nicht enthüllen, was verletzt und unglücklich macht, Wir haben
nicht das Recht, unsere eigene Haut auf ihre Kosten zu retten.
Diesen Teil unserer Geschichte, der beim anderen Schaden
anrichten wird, erzählen wir einem anderen, der verständnisvoll,
aber unbeteiligt ist.
Es gilt, hart gegen uns selbst, aber rücksichtsvoll gegen andere
zu sein.
*
Beim richtigen Abwägen werden wir zu dem Schluss kommen,
dass wir uns Zeit lassen sollten, uns bei unserer Familie zu
entschuldigen. Es kann sehr unklug sein, qualvolle Geschichten
sofort wieder aufzuwärmen.
Auch wenn wir bereit sind, das Schlimmste zu enthüllen, sollten
wir immer daran denken, dass wir unseren Seelenfrieden nicht
auf Kosten anderer kaufen können.
249
241
Der goldene Mittelweg
Über die Anonymität der A. A. gehen die Ansichten manchmal
bis ins Absurde auseinander. Einzelne A. A. haben derart wenig
gemeinsam, dass sie weder ihre Nachnamen noch irgendetwas
über ihre Lebensgewohnheiten wissen. Sie leben wie in einer
geheimen Untergrundorganisation.
Andererseits begegnen wir aber auch genau dem Gegenteil. Es
ist schwierig, A.A. davor zurückzuhalten, laut in der
Öffentlichkeit herum zu tönen, auf spektakuläre „Vorlesungs-
Reisen“ zu gehen oder den großen Mann zu spielen.
Ich weiß, dass wir aus diesen beiden Extremen langsam zu einer
vernünftigen Grundlage gelangen. Die meisten
„Wanderprediger“ halten sich nicht lange, und die Super-
Anonymen werden aus ihren Verstecken kommen und sich ihren
A.A. – Freunden, Geschäftspartnern und anderen anvertrauen.
Ich meine, die Wahrheit liegt in der Mitte, und sollten wir es
halten.
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250
242
Sich fallen lassen
Nachdem ich des Öfteren Misserfolge beim Trockenlegen von
Betrunkenen zu verzeichnen hatte, erinnert mich Dr. Silkworth
an die Feststellung von Professor William James, wonach eine
echte geistige Umwandlung fast immer auf Elend und
Zusammenbruch aufbaut.
„Hör auf, ihnen zu predigen!“ sagte Dr. Silkworth. „Gib ihnen
zunächst die harten medizinischen Fakten. Dann werden sie so
weich, dass sie bereit sind, etwas zu tun, damit es ihnen besser
geht. Und dann kann es sein, dass sie deine geistigen
Vorstellungen akzeptieren werden – vielleicht sogar die Höhere
Kraft.“
Wir erwarten von dir, gleich von Anfang an furchtlos und
gründlich zu sein. Einige konnten sich von ihren alten
Gewohnheiten nicht trennen; das Ergebnis war Null – bis sie sich
ganz fallen ließen.
251
243
Morgengedanken
Nach dem Erwachen denken wir an die vor uns liegenden
vierundzwanzig Stunden. Wir bitten Gott, unsere Gedanken zu
lenken, wir bitten Ihn besonders, uns von Selbstmitleid,
Unehrlichkeit oder Selbstsucht zu befreien. Sobald wir hiervon
frei sind, können wir unsere geistigen Fähigkeiten nutzen, denn
Gott gab uns unseren Verstand. Unser geistiges Leben bewegt
sich auf einer höheren Ebene, wenn unsere Gedanken von allen
falschen Vorstellungen gereinigt sind.
Wenn wir zwischen zwei Richtungen zu entscheiden haben,
bitten wir Gott um Erleuchtung, geistige Erkenntnis oder um
eine Entscheidung. Wir entspannen uns und sorgen uns nicht.
Oft sind wir überrascht, welche richtigen Antworten sich aus
dieser Übung ergeben.
Wir beenden unsere Meditation mit einem Gebet um Führung
durch den ganzen Tag, besonders aber bitten wir, von
zerstörerischem Eigenwillen verschon zu bleiben.
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252
244
Reife
Vielen alten Freunden mangelt es noch an zufriedener
Nüchternheit, obwohl sie unsere „A.A.-Entwöhnungskur“
ernsthaft und erfolgreich ausprobiert haben. Um zu zufriedener
Nüchternheit zu gelangen, müssen wir echte Reife und
Ausgeglichenheit – man kann auch Demut sagen – in unseren
Beziehungen zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen und zu
Gott entwickeln.
*
Die Gemeinschaft der A.A. darf niemals eine geheime Zunft
werden; wir sollten unsere Erfahrungen, ganz gleich, wozu sie
nützen, niemals vor unserer Umwelt verbergen. Jeder Einzelne
von uns sollte sich für alle Gebiete menschlicher Belange
interessieren. Lasst uns die Erfahrungen und den Geist der A.A.
auf alle nützlichen Betätigungsfelder übertagen!
Gott hat uns nicht nur vom Alkoholismus gerettet, die Welt hat
uns wieder.
253
245
Einzelkampf
Es gibt einige wenige Menschen, die, vom Alkohol angegriffen,
den Einzelkampf wagten und siegten. Aber die Statistiken sagen
aus, dass es für den Einzelnen fast unmöglich ist, durch eigene
Kraft zu gewinnen.
*
Hoch oben in Point Barrow ins Alaska gab es ein paar
Goldgräber, die sich mit einer Kiste Scotch-Whisky in eine Hütte
zurückgezogen hatten. Plötzlich schlug das Wetter um, die
Temperatur sank auf minus 20 Grad Celsius, und sie betranken
sich derart, dass sie nicht mehr auf das Feuer achteten und es
erlosch. Gerade noch kurz vor dem Erfrierungstod wachte einer
von ihnen auf und begann, das Feuer wieder zu entfachen. Er
ging nach draußen und suchte Brennmaterial. Dabei schaute er
in ein altes Ölfass, das mit gefrorenem Wasser gefüllt war. Unter
der Eisschicht entdeckte er einen rötlichgelben Gegenstand.
Er schlug das Eis auf und zog ein A.A.-Buch heraus. Einige der
Trunkenbolde lasen das Buch und wurden nüchtern. Sie
gründeten die nördlichste A.A.- Gruppe der Welt.
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254
246
Selbsterhaltungstrieb
Männer und Frauen, die so viel Alkohol in sich hineinschütten,
dass sie ihr Leben zerstören, handeln wieder der Natur. Sie
missachten ihren Selbsterhaltungstrieb, sie scheinen sich selbst
zu zerstören. Sie arbeiten gegen ihre ureigensten Instinkte.
Sie werden immer weiter durch die schrecklichen Schläge des
Alkohols gedemütigt, doch die Gnade Gottes kann auch sie
erreichen und sie von ihrer Sucht befreien. Dann wird ihr
mächtiger Lebenstrieb mit dem Wunsch ihres Schöpfers
zusammenarbeiten, um ein neues Leben zu gestalten.
*
Das Wichtigste der geistigen Erfahrung liegt darin, dass
derjenige, der die Erfahrung machen darf, eine neue und
unverhältnismäßig bessere Einstellung zu Ordnung, Glauben
oder Vertrauen erhält.
Durch solche Erfahrungen werden wir nicht sofort geheilt; doch
sie sind wie eine Wiedergeburt zu neuem und sicherem Leben.
255
247
Hast du nachgedacht?
Da Aufgeschlossenheit und Experimente Bestandteile unserer
wissenschaftlichen Zivilisation sind, kommt es mir seltsam vor,
dass so viele Wissenschaftler zögern, die Frage zu untersuchen,
ob Gott zuerst kam oder der Mensch. Sie ziehen es vor zu
glauben, der Mensch sei ein Zufallsergebnis der Entwicklung,
und Gott, der Schöpfer, existiere nicht.
Ich kann nur von mir sagen, dass ich über beide Ansichten
nachgedacht habe. Ich habe für mich Gott als die bessere
Lebensgrundlage herausgefunden. Das ist besser als das
Konzept, das den Menschen in den Mittelpunkt rückt.
Ich werde trotz allem immer der Erste sein, der dein Recht
verteidigt, das zu denken, was du willst.
Ich stelle dir nun die einfache Frage: „Hast du in deinem Leben
schon einmal wirklich versucht, zu denken und zu handeln, als
ob es einen Gott gäbe? Hast du nachgedacht?“
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248
Hilfe von anderen
Es hat sich herausgestellt, dass einsame Selbsteinschätzung und
das Eingeständnis unserer Charakterfehler nicht genug waren.
Wir brauchten Hilfe von anderen, um ganz sicher die Wahrheit
über uns zu erfahren und einsichtig zu werden. Wir brauchten
die Hilfe Gottes und die eines anderen Menschen.
Nur indem wir über uns sprachen und nichts zurückhielten, nur
indem wir bereit waren, Rat und Anleitung anzunehmen, kamen
wir auf den Weg zu klarem Denken, zu wahrer Ehrlichkeit und
echter Demut.
*
Ein echter Freund sieht sofort, dass wir uns etwas vormachen.
Nachdem er uns geschickt von unseren Illusionen abgelenkt hat,
stellen wir zu unserer größten Überraschung fest, dass wir nur
noch ganz wenige Gründe haben, uns vor der unangenehmen
Wahrheit zu verteidigen. Nur so können Furcht, Stolz und
Unwissenheit dahin schmelzen. Etwas später wird uns klar, dass
wir fest auf einem neuen Fundament der Rechtschaffenheit
stehen, und wir können unserem Sponsor nur dafür danken,
dass er uns diesen Weg gewiesen hat
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249
Gottes Gaben
Die Sonne geht über der Gemeinschaft A.A. niemals unter; mehr
als 350.000* Menschen haben mit den A.A. ihre Krankheit zum
Stillstand gebracht.
Überall haben wir angefangen, die Rassen-, Glaubens- und
Nationalitätsschranken niederzureißen. Die Gewissheit, dass so
viele von uns noch in der Lage waren, eigene Verantwortung für
Nüchternheit, Wachstum und Wirksamkeit in dieser unruhigen
Welt zu übernehme, erfüllt uns mit einer großen Freude und
Zufriedenheit.
Doch als Menschen, die alles auf dem harten Weg erlernen
müssen, werden wir uns gewiss nicht beglückwünschen. Wir
sehen alles Gute als Gottes Gaben an, die zum Teil aus unserer
Bereitschaft gewachsen sind, Seinen Willen für uns zu finden
und ihn auszuführen.
*
Die Zahl stammt aus dem Jahr 1965. 2005 waren es ca. 2,1
Millionen Alkoholkranke.
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258
250
Unter seelischem Druck
Sobald ich mich in einem Zustand starker Spannung befinde,
verlängere ich meinen täglichen Spaziergang und wiederhole
langsam unseren Gelassenheitsspruch im Rhythmus meiner
Schritte und meines Atmens.
Wenn in mir das Gefühl aufkommt, dass andere mitschuldig an
meiner Unruhe sind, versuche ich zu wiederholen: „Gott, gib mir
die Gelassenheit, das Beste in ihnen zu lieben und mich niemals
vor ihren Schlechtigkeiten zu fürchten“.
Dieser segensreiche, heilende, manchmal sich tagelang
hinziehende Vorgang des Wiederholens hat mir bis jetzt immer
geholfen; ich bin zumindest immer auf eine annehmbare
Gefühlsebene und zu brauchbaren Ansichten zurückgekommen.
259
251
Seinen Mann stehen
Sei nicht so entmutigt wegen deines Rückfalls. Wir Alkoholiker
müssen praktisch alles auf die harte Tour lernen.
Dein Gedanke, irgendwo anders hinzuziehen, mag gut sein,
vielleicht auch nicht, vielleicht steckst du seelisch oder
wirtschaftlich in solch einer Klemme, dass du dort, wo du jetzt
bist, nicht herauskommst. Vermutlich tust du aber auch genau
das, was wir alle hin und wieder getan haben: Vielleicht läufst du
einfach davon.
Warum überlegst du nicht alles noch einmal ganz sorgfältig?
Steht bei dir die Genesung wirklich an erster Stelle, oder machst
du sie von anderen Menschen, Orten oder Umständen
abhängig? Du wirst einsehen, dass es viel besser ist, an Ort und
Stelle für alles geradezustehen. Mit Hilfe des A.A.-Programms
wirst du schon durchkommen.
Bevor du irgendeine Entscheidung triffst, wäge alles sorgfältig
ab!
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260
252
Nie mehr allein
Alkoholismus war ein Zustand der Einsamkeit, obwohl wir von
Menschen, die uns liebten, umgeben waren. Doch nachdem wir
durch unsere Tyrannei alle vor den Kopf gestoßen hatten und
die Einsamkeit perfekt war, spielten wir den großen Mann in
billigen Lokalen. Als das auch nicht mehr ging, standen wir allein
auf der Straße und wurden vom Mitleid der Vorübergehenden
abhängig.
Wir versuchten, inneren Frieden zu finden, indem wir andere
beherrschten oder uns von ihnen abhängig machten. Selbst
wenn noch etwas Geld vorhanden war, standen wir einsam in
der Welt. Wir suchten immer noch vergeblich Sicherheit durch
unsere ungesunde Auffassung vom Beherrschen und von der
Abhängigkeit.
Für diejenigen von uns, denen es ähnlich ergangen ist, hat die
Gemeinschaft der A.A. eine ganz besondere Bedeutung. Hier
fingen wir an zu lernen, was Gemeinschaft mit Menschen heißt,
die uns wirklich verstehen, wir brauchen nie mehr allein zu sein.
261
253
Vorsicht und Klugheit
Kluge Männer und Frauen räumen der Vorsicht einen wichtigen
Rang ein. Sie wissen aber, dass außerdem noch ein bisschen
Weisheit dazugehört.
Nur ein Blick, bevor man springt, ist nicht genug. Wenn dein
Blick von Furcht, Misstrauen oder Angst getrübt ist, solltest du
lieber die Finger davon lassen.
*
Wir verlieren unsere Angst, große und kleine Entscheidungen zu
treffen, wenn uns klar wird, dass wir aus jeder Erfahrung lernen
können, ob wir richtig oder falsch gehandelt haben.
Haben wir die richtige Entscheidung getroffen, können wir Gott
danken, dass Er uns den Mut und die Gnade zum richtigen
Handeln gegeben hat.
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262
254
Zufriedenheit im Leben
Wie wunderbar ist das Gefühl, dass wir uns vor unseren
Freunden nicht besonders auszuzeichnen brauchen, damit wir
uns nützlich vorkommen und glücklich sind. Nur wenige können
bekannte Größen sein; die meisten wollen es auch gar nicht.
Freudig erfüllter Dienst,
gut erledigte Aufgaben,
akzeptierte oder mit Gottes Hilfe gelöste Schwierigkeiten
das Wissen, dass wir zu Hause und in der Gesellschaft
Partner sind in gemeinsamen Bemühungen,
die Tatsache, dass in den Augen Gottes alle Menschen
wichtig sind
der Beweis, dass freiwillig gegebene Liebe in noch
größerem Maße zurückkommt
die Gewissheit, dass wir nicht länger einsam und allein in
selbstgebauten Gefängnissen sind
und die Gewähr, dass wir in Gottes Universum eingefügt
sind und dazugehören
-
das alles bringt Zufriedenheit im Leben, die weder durch
Luxus, Lebensumstände noch durch materielle Besitztümer
ersetzt werden kann
263
255
Mehr Verständnis
Um mehr Alkoholiker erreichen zu können, müssen das
Verständnis für die A.A. und die öffentliche Meinung über den
A.A. besser werden. Es ist erforderlich, dass wir ein besseres
Verhältnis zu Medizin, Religion, zu Arbeitgebern,
Regierungsstellen, Gerichten, Gefängnissen, Heilstätten und zu
allen Einrichtungen auf dem Gebiet des Alkoholismus schaffen.
Wir brauchen noch mehr Wohlwollen von Redakteuren,
Schriftstellern, von Fernsehen und Radio. Diese öffentlichen
Informationskanäle müssen noch weiter geöffnet werden.
*
Nichts ist für die Zukunft der Gemeinschaft der A.A. so
bedeutungsvoll wie die Art und Weise, in der wir mit den
gewaltigen Kommunikationsmitteln umgehen. Bei
uneigennütziger und guter Nutzung werden die Resultate unsere
derzeitigen Vorstellungen bei weitem übersteigen.
Wenn wir uns dieser großartigen Instrumente falsch bedienen,
werden wir durch die Selbstdarstellung unserer eigenen Leute
gefährdet. Unser Schutz und Schild gegen diese Gefahr ist die
Anonymität der A. A. in der Öffentlichkeit.
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264
256
Eine „besondere“ Erfahrung
Ich erlebte eine großartige mystische Erfahrung oder
„Erleuchtung“, und zunächst kam es mir ganz natürlich vor, dass
ich wegen dieser Erfahrung ein ganz besonderer Mensch war.
Doch wenn ich heute auf dieses großartige Ereignis zurückblicke,
kann ich nur sehr dankbar sein. Es ist mir jetzt klar, das einzige
Besondere an meiner Erfahrung war die plötzliche,
überwältigende und sofortige Überzeugung, die ich dadurch
gewann.
In jeder anderen Hinsicht, dessen bin ich gewiss, glich meine
eigene Erfahrung genau der, die andere A.A. durch beharrliches
Ausführen unseres Genesungsprogramms gemacht haben.
Sicherlich stammt die Gnade, die ihnen zuteil wird, auch von
Gott; der einzige Unterschied liegt darin, dass sie sich nur
schrittweise des Geschenks bewusst werden.
265
257
Schlüssel zur Nüchternheit
Jeder A.A. hat die Fähigkeit, sich selbst mit dem Neuen zu
identifizieren und ihm Genesung bringen zu können. Daher ist
der Neue in keiner Weise auf die Lehre, die Beredsamkeit oder
irgendwelche besonderen Geschicklichkeit eines bestimmten
A.A. angewiesen. Wichtig ist nur, dass es ein Alkoholiker ist, der
den Schlüssel zur Nüchternheit gefunden hat.
*
In meinem ersten Gespräch mit Dr. Bob hob ich stark die
medizinische Hoffnungslosigkeit seines Falles hervor und
bediente mich dabei der Worte von Dr. Silkworth, der das
Dilemma des Alkoholismus als „Sucht plus Allergie“ beschrieb.
Dies war selbst dem Arzt Dr. Bob neu – eine schlechte Neuigkeit
für ihn. Die Tatsache, dass ich als Alkoholiker aus eigener
Erfahrung wusste, wovon ich sprach, machte diesen Schlag noch
härter.
Ich sah, unser Gespräch war eine Sache der Gegenseitigkeit. Ich
predigte nicht mehr. Ich wusste, dass ich diesen Alkoholiker
genauso brauchte wie er mich.
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266
258
Unter der Oberfläche
Manche von uns mögen viele Fragen nicht, die bei der inneren
Inventur zu beantworten sind, weil sie meinen, ihre
Charakterfehler seien nicht so groß. Daher sollten wir uns an die
Empfehlung halten, dass nur durch eine gewissenhafte Prüfung
alle Fehler beseitigt werden können, auf die sich diese Fragen
beziehen.
Wenn unsere oberflächliche Inventur im Ergebnis nicht so
schlecht aussah, so mussten wir doch beschämt einsehen, dass
sie uns einfach vorkam, weil wir die eigentlichen Fehler tief
unter der dicken Schicht von Selbstgerechtigkeit vergraben
hatten.
Es waren genau die Fehler, die uns zuvor zum Alkoholismus und
ins Elend getrieben hatten.
267
259
Diener, nicht Meister
In der Gemeinschaft der A.A. wurde uns klar, dass unsere
materielle Lage keine große Rolle spielt; bedeutsam war unsere
geistige Verfassung. Je mehr wir geistig gesundeten, um so mehr
wurde das Geld für uns Mittel zum Zweck und beherrsche uns
nicht mehr. Es wurde nur ein Zahlungsmittel, um damit Gutes zu
tun.
In Australien gibt es einen Loner, einen Schafzüchter, der
zweitausend Meilen von der nächsten Stadt entfernt wohnt, wo
er einmal im Jahr seine Wolle verkauft. Damit er die besten
Preise erzielen kann, muss er in einem bestimmten Monat
dorthin fahren.
Als er erfuhr, dass das große A.A.-Treffen dort zu einem
späteren Zeitpunkt stattfand, wenn der Wollpreis schon gefallen
war, nahm er gern einen finanziellen Verlust in Kauf und trat
seine Reise später an. So viel bedeutete ihm ein A. A. – Meeting.
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268
260
Ohne Ziel?
Aus den ständigen wissenschaftlichen Studien der Erdmaterie ist
klar zu ersehen, dass das äußere Bild überhaupt nicht der
Realität des Innern entspricht.
Der wuchtige Stahlträger besteht aus einer Masse von
Elektronen, die sich mit unendlicher Geschwindigkeit
umeinander drehen.
Das sagt uns die Wissenschaft, und wir haben keinen Grund,
daran zu zweifeln.
Wenn uns jedoch die logische Vorstellung nähergebracht wird,
dass unendlich weit entfernt von dieser materiellen Erde eine
allmächtige, richtungsweisende und schöpferische Kraft
existiert, gewinnen unsere kranken Gedanken wieder die
Oberhand, und wir versuchen, uns selbst davon zu überzeugen,
dass das nicht stimmt.
Wäre unsere Ansicht richtig, dann würde doch das Leben aus
dem Nichts kommen, nichts bedeuten und nirgendwo hinführen.
269
261
Licht im Nebel
Meine Selbstanalyse war häufig falsch. Manchmal habe ich über
meine Fehler nicht mit den richtigen Leuten gesprochen;
manchmal sprach ich mehr über ihre als über meine eigenen
Mängel. Ein anderes Mal bestand mein Zugeben der
Charakterfehler in lauten Beschwerden über meine Verhältnisse
und meine Probleme.
*
Wenn die A.A. eine furchtlose innere Inventur empfehlen, wird
es jedem Neuen vorkommen, als ob mehr von ihm verlangt
würde, als er tun kann. Wenn er versucht, in sein Inneres zu
schauen, sagt sein Stolz: „Du brauchst diesen Weg nicht gehen!“
Und seine Furcht sagt: „Du wagst nicht hinzusehen!“
Doch diese Art von Furcht und Stolz sind nur Schreckgespenster
– sonst nichts. Sobald wir die ehrliche Bereitschaft zeigen,
Inventur zu machen und uns ganz mit dieser Aufgabe
beschäftigen, fällt ein herrliches Licht auf den Nebel. Bleiben wir
dann beharrlich, erwächst in uns ein vollkommen neues Gefühl
des Vertrauens. Und wir spürten eine große Erleichterung, weil
die Auseinandersetzung mit uns selbst unbeschreiblich ist.
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270
262
Verantwortung des Einzelnen
Wir wollen festhalten, dass unsere Abneigung, uns gegenseitig
oder andere zu bekämpfen, nicht als eine besondere Tugend
anzusehen ist, die uns das Gefühl gibt, über anderen Menschen
zu stehen.
Diese Abneigung bedeutet auch nicht, dass wir A.A. uns vor
unseren Pflichten als Bürger drücken. Hier sollten wir uns so
verhalten, wie es in der heutigen Zeit von uns verlangt wird.
Sobald es jedoch um A.A. als Ganzes geht, sieht die Sache anders
aus. Als Gruppe mischen wir uns niemals in öffentliche
Auseinandersetzungen, weil wir sicher sind, dass unsere
Gemeinschaft zugrunde gehen würde, wenn wir damit anfingen.
271
263
Furcht und Glaube
Frei zu werden von Furcht ist eine Lebensaufgabe, die niemals
ganz erfüllt werden kann. Unter schwerem Druck, bei akuter
Krankheit oder in allen anderen Situationen großer Unsicherheit
überkommt uns die Furcht – so gut oder böse die Sache
aussehen mag.
Nur wer sich selbst betrügt, wird frei von dieser Furcht sein.
*
Wir erkannten schließlich, dass der Glaube zu Gott Teil unseres
Werdens wurde. Manchmal mussten wir lange suchen, doch er
war da. Er war genauso existent wie wir. Wir fanden die große
Wirklichkeit ganz tief in unserem Innern.
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272
264
Schritt zum Wachstum
Wenn unsere Freunde uns häufig sagen, wie gut wir alles
machen, wissen wir es in unserem Innern besser. Wir wissen,
dass wir es nicht gut genug machen. Wir werden immer noch
nicht mit dem Leben fertig – so wie es ist. Es muss ein starker
Hemmschuh in unserer geistigen Betätigung und Entwicklung
vorhanden sein.
Was ist das?
Unsere Chancen stehen besser, wenn wir erkennen, dass die
Ursache in der falschen Auslegung oder in der Vernachlässigung
des Elften Schrittes der A. A. liegt – Gebet, Besinnung und
Führung durch Gott.
Durch die anderen Schritte können die meisten von uns
nüchtern bleiben undkommen irgendwie durch. Doch der Elfte
Schritt verhilft uns zum Wachstum, wenn wir hart und dauerhaft
daran arbeiten.
273
265
Geborgen in Gott
Als wir wie kleine Kinder forderten, dass andere Menschen uns
schützen oder umsorgen müssten und dass die Welt uns
unseren Lebensunterhalt schulde, ernteten wir nur Misserfolg.
Die Menschen, die wir am meisten liebten, stießen uns zurück
oder wendeten sich ganz von uns ab. Wir konnten unsere
Enttäuschung nur schwer verkraften.
Wir konnten nicht einsehen, dass wir uns – obwohl erwachsen
an Lebensjahren – noch immer kindisch aufführten, und
versuchten, jedem – Freunden, Ehefrau, Ehemann, selbst
Außenstehenden – die Rolle beschützender Eltern aufzubürden.
Wir weigerten uns zu akzeptieren, dass zu große Abhängigkeit
von anderen Menschen zu nichts führt, weil alle Menschen
schwach sind. Auch die Besten lassen uns manchmal fallen,
besonders dann, wenn unsere Forderungen nach Beachtung
unvernünftig werden.
*
Jetzt stehen wir auf einem anderen Standpunkt: Wir haben die
Basis des Vertrauens und der Zuversicht zu Gott. Wir vertrauen
dem unendlichen Gott mehr als uns sterblichen Wesen. Wir
vertrauen demütig auf ihn in der Gewissheit, von ihm geführt zu
werden.
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274
266
Dank sagen
Obgleich es mir immer noch schwer fällt, die Lasten und Ängste
des heutigen Tages mit der richtigen Gelassenheit zu ertragen –
wie dies die meisten Reiferen können – kann ich trotzdem für
die vorhandenen Mühen danken.
Die Bereitschaft dazu finde ich, indem ich mir die Lektionen des
vergangenen Leidens wiederhole – Lektionen, die all das Gute
brachten, dessen ich mich heute erfreue.
Ich denke daran, wie die Qualen des Alkoholismus, der Schmerz
des Widerstandes und falscher Stolz mich der Gnade Gottes und
somit der Freiheit nähergebracht haben.
275
267
Ausreden
Wir Alkoholiker sind Meister im Erfinden von Entschuldigungen
und große Schauspieler. Es sollte Sache der Psychiater sein, die
tieferen Gründe für unser Verhalten zu erforschen. Obwohl wir
von Psychiatrie keine Ahnung haben, können wir doch nach
kurzer Zeit bei den A.A. erkennen, dass unsere Motive nicht so
waren, wie wir glaubten. Wir wurden von Kräften angetrieben,
die uns zuvor unbekannt waren. Darum sollten wir mit großem
Respekt, Interesse und zu unserem Vorteil auf die Erfahrungen
der Psychiatrie schauen.
Geistiges Wachstum durch Anwenden unserer Zwölf Schritte –
verbunden mit der Unterstützung eines guten Sponsors – kann
gewöhnlich die meisten Wurzeln unserer Charakterfehler
ausrotten, wenigstens in dem Maße, wie wir es für die Praxis
brauchen.
Trotz allem sollten wir unseren Freunden der Psychiatrie
dankbar sein, dass sie so stark die Notwenigkeit der Suche nach
falschen und oft unbewussten Beweggründen betonen.
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276
268
Anderen verzeihen
Genau wie du habe ich mich oft als Opfer dessen gesehen, was
andere Menschen sagen und tun. Jedes Mal wenn ich über die
Fehler anderer Menschen sprach, besonders über solche, die ich
selbst nicht hatte, richtete ich noch größeren Schaden an. Mein
eigener Groll und mein Selbstmitleid machten es unmöglich, für
irgendjemand noch von Nutzen zu sein.
Wenn heute jemand übe mich spricht, wodurch ich mich verletzt
fühlen könnte, frage ich mich zuerst, ob nicht ein Körnchen
Wahrheit daran ist. Finde ich nichts, dann versuche ich, mich
daran zu erinnern, dass es auch bei mir Zeiten gab, das ich
schlecht über andere sprach; dieser verletzende Klatsch ist nur
ein Symptom unserer seelischen Erkrankung; und schließlich
sage ich mir, dass ich niemals über die Unvernunft kranker
Menschen wütend werden darf.
Bei mir gab es immer wieder sehr viele Gelegenheiten, anderen
zu verzeihen – auch mir selbst. Hast du das schon versucht?
277
269
Den Kinderschuhen entwachsen
Denke daran, dass jede A. A. –Gruppe üblicherweise durch die
Bemühungen eines einzigen Menschen und seiner Freunde
gegründet wird – den Gründer und seine Helfer. Einen andern
Weg gibt es nicht.
Aber wenn die Anfänge vorüber sind, müssen die Gruppenersten
immer Platz machen für die Demokratie, die sich Wege bahnt
und vielleicht selbstgewählte Führer der Vergangenheit
beiseiteschiebt.
Brief an Dr. Bob:
„Die A.A. – Gruppen haben überall ihre Aufgaben in eigene
Hände genommen. Gruppengründer und ihre Freunde stehen
nicht mehr im Mittelpunkt. Ich werde niemals verstehen, warum
das so viele Menschen vergessen, wenn ich an die Zukunft für
unseren Weltdienst denke.
Jede Gruppe tritt einmal eine Erbschaft an. Vielleicht wird sie
damit verschwenderisch umgehen. Es ist unwahrscheinlich, dass
das geschieht. Sie sind jedenfalls reif geworden, die
Gemeinschaft der A. A. gehört ihnen, sie sollen sie auch
bekommen.“
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278
270
Ehrlichkeit und Genesung
Bei einer Inventur sind Fragen wie die folgenden zu
beantworten:
Inwieweit habe ich durch mein selbstsüchtiges Verhalten in
meinen sexuellen Beziehungen anderen und mir selbst
geschadet? Welche Menschen habe ich verletzt? Wie sehr habe
ich sie verletzt? Wie habe ich mich damals verhalten? Hatte ich
starke Schuldgefühle? Oder war ich der Ansicht, dass ich verfolgt
wurde und nicht der Verfolger war und dass mir somit vergeben
war?
Wie habe ich bei sexuellen Enttäuschungen reagiert? Wollte ich
mich bei Widerstand rächen, oder wurde ich deprimiert? Habe
ich meine Stimmungen an andern Menschen ausgelassen? Wenn
ich zu Hause auf Kälte oder Ablehnung stieß, habe ich das als
Vorwand für den Ehebruch benutzt?
*
Ein Alkoholiker sollte niemals sagen, er könne nicht genesen,
ehe er nicht seine Familie zurück habe. Seine Genesung hängt
nicht von Menschen ab. Sie ist abhängig von seiner Beziehung zu
Gott, was immer er darunter versteht.
279
271
Demut und Verantwortung
Jeder Fortschritt bei den A.A. kann einfach in zwei Worte
zusammengefasst werden: Demut und Verantwortung. Unsere
geistige Entwicklung kann genau nach dem Grad unserer
Verbundenheit mit diesen beiden großartigen Normen
gemessen werden.
Immer größer werdende Demut, zusammen mit einer ständig
wachsenden Bereitschaft, klar umrissene Aufgaben anzunehmen
– und entsprechend zu handeln: Das sind die echten Prüfsteine
des Wachstums im geistigen Leben. Sie bringen uns die wahre
Würze rechten Lebens und rechten Handelns.
Nur dadurch können wir Gottes Willen finden und ihn ausführen
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280
272
Hausgemachter Ärger
Selbstsucht und Eigenliebe! Das sind nach unserer Meinung die
Ursachen unserer Schwierigkeiten.
Bedrängt von hundert Sorten Furcht, Selbsttäuschung und
Selbstmitleid treten wir unseren Freunden auf die Füße, und sie
treten zurück. Manchmal verletzen sie uns offensichtlich ohne
böse Absicht. Aber wir sind fest davon überzeugt, dass
irgendwann in der Vergangenheit etwas mit unserem Ich
geschehen sein muss, weil wir immer gleich verletzt sind.
So liegen die Ursachen für unsere Schwierigkeiten, wie wir
annehmen, bei uns selbst. Sie stammen von uns, und der
Alkoholiker ist ein extremes Beispiel für rebellischen Eigensinn,
obwohl er das häufig gar nicht einsieht.
Vor allem müssen wir Alkoholiker von dieser Selbstsucht
loskommen.
Wir müssen, sonst wird sie uns töten.
281
273
Tätige Liebe
Das Leben jedes A.A. und jeder Gruppe ist eingebaut in die Zwölf
Schritte und in die Zwölf Traditionen. Wir wissen, dass die
Folgen bei häufiger Nichtbeachtung dieser Prinzipien Tod für
den Einzelnen und Untergang der Gruppe bedeuten. Doch es
gibt noch eine stärkere Kraft für die Einigkeit unserer
Gemeinschaft; es ist unsere tätige Liebe zu unseren Freunden
und für unsere Grundsätze.
*
Glaubt ihr, die Angestellten in der Zentralen Dienststelle der A.A
in New York hätten persönliche Autorität? Nein, die
Vertrauensleute wie auch die Sekretärinnen sind längst
dahintergekommen, dass sie nicht mehr tun können, als den
Gruppen ganz unverbindlich Empfehlungen zu geben.
Sie haben ein paar Sätze parat, die in jedem zweiten Brief
auftauchen:
„Natürlich habe ihr die Freiheit, die Angelegenheit so zu
erledigen, wie es euch gefällt. Doch die Erfahrung der A. A.
scheint folgenden Weg zu empfehlen…“
Die A. A.- Weltdienststelle erteilt keine Aufträge; sie ist die Börse
der A.A. – Erfahrungen.
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282
274
Im Alleingang
In geistigen Dingen ist ein Alleingang gefährlich. Wie oft haben
wir von Menschen gehört, die in bester Absicht die Behauptung
aufstellen, sie hätten die Weisung Gottes befolgt, obwohl es
ganz offensichtig ist, dass sie falsch handeln. Da ihnen sowohl
die Praxis als auch die Demut fehlten, betrogen sie sich selbst
und konnten somit den schlimmsten Unsinn mit der Behauptung
rechtfertigen, Gott habe sie geführt.
Menschen, die auf einer hohen geistigen Entwicklungsstufe
stehen, beharren darauf, Weisungen, die sie ihrer Meinung nach
von Gott erhalten haben, mit Freunden oder Beratern
durchzusprechen. Darum sollte ein Neuer jeder Gefahr, dumme,
vielleicht tragische Fehler zu machen, aus dem Wege gehen.
Wenn auch die Bemerkungen oder die Ratschläge von anderen
nicht immer unfehlbar sind, so ist es doch besser, über eine
erhaltene Weisung mit jemanden zu sprechen, solange wir noch
wenig Erfahrung im Kontakt mit einer haben, die größer ist wie
wir selbst.
283
275
Geben und genesen
Beschreibe einem Neuen die Wirksamkeit des Programms,
erkläre ihm, wie du zur Selbsterkenntnis gelangt bist, wie du mit
deiner Vergangenheit fertig wurdest und warum du dich jetzt
bemühst, ihm zu helfen.
Dem Neuen muss es einleuchten, dass dein Versuch, ihm dies
alles weiterzugeben, ein wichtiger Teil deiner eigenen Genesung
ist. Es kann sein, dass er dir mehr hilft als du ihm. Und erkläre
ihm genau, dass er dir nicht verpflichtet ist.
*
In den ersten sechs Monaten meiner Trockenheit habe ich hart
mit anderen Alkoholikern zusammengearbeitet. Nicht einer war
ansprechbar, Doch meine Tätigkeit hielt mich nüchtern. Ich habe
nicht gefragt, ob diese Alkoholiker mir etwas geben könnten.
Meine Standfestigkeit wuchs aus dem Versuch zu geben und
nicht aus der Forderung, etwas zu bekommen
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284
276
Höhere Kraft für Atheisten
Mit Atheisten habe ich schon viele Erfahrungen gesammelt –
meistens gute. Jeder hat innerhalb der Gemeinschaft der A. A.
das Recht auf seine eigene Meinung. Ist es nicht besser, als
Gemeinschaft offen und tolerant zu sein, als andere Meinungen
zu unterdrücken?
Ich kenne niemand, der von uns fortging und am Alkoholismus
stab, nur wegen einiger Atheisten und ihrer Ansicht über den
Kosmos.
Doch ich flehe solchen Leute immer an, eine „Höherer Kraft“
anzuerkennen, wenigsten ihrer eigene Gruppe. Am Anfang
sehen sie dort, dass die meisten in der Gruppe nüchtern sind, sie
dagegen betrunken. Darum ist die Gruppe die „Höhere Kraft“.
Das ist für den Beginn ausreichend, und die meisten wachsen
daran.
Ich fühle mit ihnen, denn ich war genauso
285
277
Unsere Last erleichtern
Es gibt nur eine Überlegung, die unseren Wunsch rechtfertigt,
über angerichteten Schaden Stillschweigen zu bewahren. Das
trifft dann zu, wenn ein genauer Bericht denjenigen, bei dem wir
uns entschuldigen wollen, ernsthaft verletzten würde oder –
genauso berechtigt – andere Menschen. Wir können zum
Beispiel nicht einen detaillierten Bericht über unsere
außerehelichen Abenteuer auf den Schultern unseres
vertrauensseligen Ehepartners abladen.
Unsere Last wird nicht dadurch leichter, dass wir unbekümmert
das Kreuz anderer schwerer machen.
*
Bei unseren Entschuldigungen sollten wir feinfühlig, taktvoll,
überlegt und demütig vorgehen, ohne kriecherisch oder
schmeichelnd zu sein.
Als Gottes Geschöpf stehen wir aufrecht und kriechen nicht vor
anderen herum.
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286
278
Sprich ohne Furcht
Es gibt nur weniger unter uns, sie sogar in ihren alltäglichen
Kontakten anonym bleiben. Auf dieser Ebene haben wir die
Anonymität aufgegeben, denn unsere Freunde und Partner
sollen die Gemeinschaft der A. A. kennen und wissen, was sie für
uns getan hat. Wir möchten auch die Furcht vor dem
Eingeständnis verlieren, Alkoholiker zu sein. Wenn wir auch
Reporter dringend bitten, unsere Namen nicht zu nennen, so
sprechen wir doch in halböffentlichen Veranstaltungen. Wir
möchten die Zuhörer überzeugen, dass Alkoholismus eine
Krankheit ist, vor der wir uns nicht länger fürchten, über die wir
mit jedem sprechen können.
Sobald wir diese Grenze jedoch überschreiten, werden wir das
Prinzip der Anonymität bestimmt für immer verlieren. Würde
jeder A. A. ohne Hemmungen seinen Namen, sein Bild und seine
Geschichte veröffentlichen, wären wir bald von einer großen
Welle schädlicher Publizität überschwemmt.
*
Während die sogenannten öffentlichen Meetings von vielen
A.A. in Frage gestellt werden, halte ich viel davon,
vorausgesetzt, dass meine Anonymität in der Presse gewahrt
bleibt und dass wir außer Verständnis nichts für uns verlangen.
287
279
Nichts als Ausreden
Die meisten A.A. haben in ihrer Trinkerzeit schwer unter ihrer
Selbstgerechtigkeit gelitten. Diese Selbstrechtfertigung trieb uns
zu Entschuldigungen für unser Trinken und für unser verrücktes
und verletzendes Verhalten. Wir waren Künstler im Erfinden von
Ausreden.
Wir mussten trinken, ob es uns schlecht ging oder gut. Wir
mussten trinken, weil wir zu Hause mit Liebe überschüttet
wurden – oder überhaupt keine erhielten. Wir mussten trinken,
weil wir in unserer Tätigkeit so erfolgreich oder weil wir
Versager waren. Wir mussten trinken, weil unser Land einen
Krieg gewonnen hatte – oder einen Frieden verloren. Und so
ging es immer weiter – bis zum bitteren Ende.
*
Manchmal brauchten wir lange Zeit, um zu erkennen, wie sehr
uns unsere fehlgeleiteten Gefühle quälten, Wenn es um andere
Menschen ging, mussten wir das „schuldig“ aus unserem
Wortschatz und aus unseren Gedanken streiche.
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288
280
Geistig fit
Vorausgesetzt, dass wir geistig fit sind, können wir alles tun, was
man von Alkoholikern eigentlich nicht erwartet. Man sagt, wir
dürften nicht dahin gehen, wo Schnaps ausgeschenkt wird; wir
dürften keinen Alkohol zu Hause haben; wir müssten Freunde
meiden, die trinken; wir dürften nicht in Lokale gehen; unsere
Freunde müssten ihre Flaschen wegstellen, wenn wir sie
besuchen; wir dürften überhaupt nicht an Alkohol denken oder
daran erinnert werden.
Unsere Erfahrung zeigt, dass das überhaupt nicht so zu sein
braucht.
Wir leben tagtäglich unter diesen Bedingungen. Ein Alkoholiker,
der damit nicht fertig wird, denkt immer noch alkoholisch. Mit
seiner geistigen Verfassung stimmt irgendetwas nicht. Seine
einzige Chance nüchtern zu werden, wäre ein Fleckchen Erde am
Eismeer in Grönland, aber selbst dort kann ein Eskimo mit einer
Flasche Scotch-Whisky auftauchen und alles kaputtmachen.
289
281
Jeder für sich
Es gibt nur einen sicheren Beweis für alle geistigen Erfahrungen:
„ An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“
Darum sollten wir meiner Meinung nach niemals den
Persönlichkeitswandel eines anderen Menschen untersuchen –
ob er sich nun plötzlich oder schrittweise vollzieht. Wir sollten
uns auch nicht nach einem bestimmten anderen Menschen
richten, weil die Erfahrung lehrt, dass wir aus eigenen Kräften
das Beste für unsere eigenen Bedürfnisse schaffen können.
*
Es gibt nicht zwei Menschen, die vollkommen gleich sind, und
darum muss jeder von uns bei seiner Inventur festlegen, welche
eigenen Charakterfehler er hat. Wenn er die passenden Schuhe
gefunden hat, sollte er sie anziehen und mit neu erworbenem
Vertrauen losmarschieren, denn er ist endlich auf der richtigen
Straße.
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290
282
Wilde Triebe
Immer wenn jemand anderen Menschen mit Hemmungslosigkeit
begegnet, erwächst daraus Unglück. Wenn man auf der Jagd
nach Reichtum andere niedertrampelt, weil sie zufällig im Wege
stehen, werden Zorn, Eifersucht und Rachegefühle erzeugt. Bei
ausschweifendem Sexualleben gibt es natürlich ähnlichen
Gefühlsaufruhr.
Wenn man von anderen Menschen zuviel Aufmerksamkeit,
Schutz und Liebe fordert, werden Herrschsucht oder Abneigung
geweckt. Diese beiden Empfindungen sind genauso krankhaft
wie die Forderungen, durch die sie entstehen.
Sobald das Geltungsbedürfnis eines Einzelnen unkontrolliert
wird, ob in einem Nähzirkel oder an einem internationalen
Konferenztisch, leiden andere Menschen, oftmals wehren sie
sich dagegen.
Durch den Zusammenprall dieser verschiedenen Naturtriebe
kann alles entstehen, was zwischen kalter Zurückhaltung und
zorniger Auflehnung liegt.
291
283
Dem Alkohol gegenüber machtlos
Mit mir ging es ständig bergab. Eines Tages im Jahre 1934 lag ich
oben im Krankenhaus, und ich wusste zum ersten Mal, dass ich
ein vollkommen hoffnungsloser Fall war.
Lois war unten, und Dr. Sikworth versuchte in seiner
freundlichen Art, ihr zu erklären, was mit mir nicht stimmte und
dass bei mir keine genesungsaussichten bestanden. „ Aber Bill
hat ungeheure Willenskraft“, sagte sie, „ er hat ganz verzweifelt
versucht, gesund zu werden. Wir haben alles versucht, Doktor,
warum kann er nicht aufhören?“
Er erklärte ihr, dass mein gewohnheitstrinken zur Sucht
geworden war, zur richtigem Wahnsinn, der mich gegen meinen
Willen zum Trinken zwang.
*
Im letzten Stadium unseres Trinkens ist der Wille zum
Widerstand verschwunden. Wenn wir unsere Niederlage ohne
Einschränkungen eingestehen und vollkommen bereit sind, die
A.A.-Prinzipien auszuprobieren, schwindet unsere Sucht.
Es öffnet sich uns eine neue Dimension – Freiheit durch Gott,
wie wir ihn verstehen.
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284
Glauben, planen, arbeiten
Die Grundidee des „ 24-Stunden-Programms“ zieht auf die
innere Einstellung des Einzelnen. Das heißt, dass wir nicht in der
Gefühlswelt von gestern oder der von morgen leben dürfen.
Aus meiner Sicht spricht jedoch nichts dagegen, wenn wir als
Einzelne, als Gruppe oder als Gemeinschaft der A.A. darüber
nachdenken, wie wir uns morgen oder sogar noch in fernerer
Zukunft betätigen werden. Mit Glauben allein konnte das Haus
in dem lebst, nicht gebaut werden. Man braucht einen Bauplan
– und eine Menge Arbeit, um das Haus fertig zu stellen.
Nichts passt treffender auf die A.A. als das biblische Wort „
Glaube ohne Arbeit ist tot.“
Die Dienststellen der A.A, durch die mehr und bessere Arbeit im
Zwölften Schritt ermöglicht wird, verrichten Aufgaben, die unser
Leben und unser Wachstum sicherstellen, indem sie uns vor
Anarchie oder Stillstand bewahren.
293
285
Falscher stolz
Das Gefährliche am blinden Stolz ist die Leichtigkeit, ihn zu
rechtfertigen. Wir brauchen nicht weit zu schauen, um zu
erkennen, dass Selbstgerechtigkeit überall Harmonie und Liebe
zerstört. Dadurch wird sich Mensch gegen Mensch stellen,
Nation gegen Nation.
Selbstgerechtigkeit kann sogar der Dummheit und der
Gewalttätigkeit einen ehrbaren Anstrich geben.
Es wäre falscher Stolz, wenn wir für die Gemeinschaft der A.A.
den Anspruch erheben würden, allheilend zu sein. Diese
Einschränkung ist sogar für den Alkoholismus gültig.
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294
286
Mit Groll fertig werden
Wir sahen allmählich ein, dass die Welt und ihre Menschen uns
wirklich beherrschten. Unter diesen unglücklichen Umständen
konnte das Fehlverhalten anderer, ob eingebildet oder
tatsächlich, unseren Tod bedeuten, weil der Groll uns wieder
zum Trinken brachte.
Wir erkannten, dass wir mit diesen Gefühlen fertig werden
mussten, aber wie? Wir konnten sie uns nicht wegwünschen.
Darum machten wir uns klar, dass die Menschen, die uns
unrecht taten, vielleicht seelisch krank waren. Wir baten Gott
um Beistand, diesen Menschen die Toleranz, Anteilnahme und
Geduld zu zeigen, die wir einem kranken Freund auch gern
entgegenbrächten.
Heute vermeiden wir Vergeltung und Streit. Damit können wir
kranke Menschen nicht behandeln. Tun wir es trotzdem,
berauben wir uns der Möglichkeit, hilfreich zu sein. Wir können
nicht allen Menschen helfen, doch schließlich wird Gott uns
lehren, jeden freundlich und tolerant zu betrachten.
295
287
Geistige Aspekte
Unter den A.A. gibt es immer noch ziemlich verworrene
Ansichten über das Materielle und das Geistige. Ich neige zu der
Ansicht, dass es immer auf die Motive ankommt. Wenn wir zu
selbstsüchtig mit unseren irdischen Besitztümern umgehen, sind
wir Materialisten. Teilen wir diese Besitztümer jedoch mit
anderen, unterstützt die materielle Hilfe die geistige.
*
Es hat sich beharrlich die Vorstellung festgesetzt, dass alle Triebe
in erster Linie schlecht sind und den geistigen Fortschritt
blockieren. Ich glaube, dass der Unterschied zwischen Gut und
Böse nicht dem Unterschied zwischen einem geistigen und
einem triebhaften Menschen entspricht; es handelt sich um den
Unterschied zwischen richtigem und falschem Gebrauch der
Instinkte.
Das Erkennen und richtiges Umgehen mit den Triebkräften sind
wesentlich auf dem Weg zur Vollkommenheit.
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296
288
Nüchternheit der Gefühle
Wenn wir jede seelische Verstimmung, ob klein oder groß ist,
genau untersuchen, stellen wir fest, das der Grund dafür in
krankhafter Abhängigkeit und den sich daraus ergebenden
falschen Erwartungen liegt.
Lasst uns ständig mit Gottes Hilfe versuchen, diese hinderlichen
Eigenschaften abzustreifen.
Dadurch werden wir frei, zu leben und zu lieben. Wir werden
fähig, im Zwölften Schritt uns und anderen zur Nüchternheit der
Gefühle zu verhelfen.
297
289
Wenn Konflikte wachsen
Ich stand manchmal Situationen gegenüber, in denen ich eine
schlechte Figur abgab. Sofort setzte die Suche nach
Entschuldigungen ein.
„ Das“, sagte ich, „ sind Fehler, die jeder rechtschaffende
Mensch hat.“ Half mein bester Dreh nicht, dachte ich: „ Nun,
wenn diese Leute mich nur richtig behandeln würden, brauchte
ich mich nicht so zu verhalten, wie ich es jetzt tue.“ Als Nächstes
kam: „ Gott weiß ganz genau, dass ich dieses schreckliche
Suchtverlangen habe. Ich kann einfach nicht damit fertig
werden. Darum muss Er mich davon befreien. „ Schließlich kam
die Zeit, als ich ausrief „ Das werde ich ganz bestimmt nicht tun,
geschweige es versuchen!“
Natürlich häuften sich meine Konflikte sehr schnell, weil ich
randvoll war mit Entschuldigungen, Weigerungen und offenen
Widerstand.
*
Wenn wir unsere Selbstbetrachtung allein machen, kann sie
vielleicht manchmal, ohne dass wir es erkennen, entsprechend
unseren eigenen Vorstellungen und unseren Wunschdenkens
zurechtgestutzt sein. Der Vorteil des Gespräches mit einem
anderen Menschen liegt darin, dass dieser sofort mit seinen
Einwänden Und Ratschlägen zur Stelle ist.
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298
290
Zeit und Geld
Mit Zeit sind wir großzügiger als mit Geld. Wir wenden viel Zeit
auf für Aufgaben innerhalb der Gemeinschaft A.A. zu unserem
eigenen Nutzen und Wachstum, aber auch für unsere Gruppen,
unsere Gebiete und die Gemeinschaft als Ganzes – und vor allem
für die Neuen. In Geld umgerechnet, würden diese
Aufwendungen insgesamt eine hübsche Summe ausmachen.
Wenn es jedoch darum geht, Geld auszugeben, besonders für
unsere A.A.- dienste, sind viele von uns zurückhaltend. Da
denken wir zuerst an die Verdienstausfälle in unseren
Trinkerjahren und an die Summen, die wir für Notfälle oder für
die Ausbildung der Kinder auf die hohe Kante legen wollen.
Diese Einstellung hat sich jedoch in den letzten Jahren überall
gewandelt; sie verschwindet ganz, sobald die Notwendigkeit
einer A.A.- Dienstleistung erkannt wird. Die Spender sehen nur
selten ein greifbares Resultat. Aber sie wissen auch, dass vielen
Tausenden von Alkoholikern und ihren Familien geholfen wird.
299
291
Kein Schmerzmittel
Ich glaube, dass wir in der Hauptsache tranken, um diesen oder
jenen Schmerz zu töten – körperlich, seelisch oder geistig.
Natürlich hat jeder Mensch einen Punkt, an dem das Maß
überlauft – und ich vermute, du hattest ihn erreicht. Dennoch
hast du wieder Zuflucht bei der Flasche gesucht.
Wäre ich an deiner Stelle, würde ich aufhören, mich dafür mit
Vorwürfen zu überhäufen. Andererseits sollte diese Erfahrung
deine Überzeugung stärken, dass Alkohol auf Dauer als
Schmerztöter nicht wirkt.
*
In jeder A.A.- Geschichte war der Schmerz die Eintrittskarte zu
einem neuen Leben. Doch mit dieser Eintrittskarte haben wir
mehr erworben, als wir erwarteten. Wir wurden zu einer
Demutshaltung geführt, die sich sehr bald als Schmerzheiler
herausstellt. Wir fürchteten uns nicht mehr so sehr und
wünschten sehnlichst nichts weiter als Demut.
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300
292
Bessere Partnerschaft
bei einem durch Alkohol ziemlich zerrütteten Familienleben wird
eine lange Zeit geduldiger Bemühungen erforderlich sein.
Nachdem sich der Mann A.A. angeschlossen hat, kann es sein,
dass seine Frau unzufrieden wird. Vielleicht nimmt sie es sogar
der Gemeinschaft der A.A. übel, das erreicht zu haben, was ihr in
all den Jahren der Aufopferung nicht gelungen ist. Vielleicht wird
der Mann von der Gemeinschaft der A.A. und seinen neuen
Freunden so beansprucht, dass er möglicherweise häufiger von
zu Hause fort ist als früher in seiner Trinkerzeit. Dann macht
man sich gegenseitig Vorwürfe.
Doch höchstwahrscheinlich wird der Alkoholiker , der jetzt
richtig begreift, wie sehr er seine Frau und seine Kinder verletzt
hat, alles unternehmen, um sein früheres Verhalten innerhalb
der Familie wieder gut zu machen.
Er ist bereit, in Ordnung zu bringen, was ihm möglich ist, und zu
akzeptieren, was ihm nicht möglich ist. Er lebt ständig nach den
Zwölf Schritten der A.A, und häufig wirkt sich das auch in seiner
Familie positiv aus. Er beginnt sich liebevoll wie ein zuverlässiger
Partner zu benehmen und nicht wie ein böser Junge.
301
293
Widerstand oder Hinnahme
Jeder von uns kann zeitweise nur mit größter Anstrengung
beten. Manchmal ist es sogar noch schlimmer. Wir sind innerlich
von heftigem Widerstand erfüllt, dass wir einfach nicht beten
wollen.
Wenn das passiert, sollten wir uns selbst nicht zu schlecht sehen.
Wir sollten uns einfach bemühen, sobald es wieder geht, mit
dem Beten anzufangen, weil wir wissen, dass es gut für uns ist.
*
Ein Mensch, der im Gebet verharrt, hat ein großes Geschenk
bekommen. Sieht er sich großen Unannehmlichkeiten
gegenüber, weiß er, mit ihnen fertig zu werden. Er kann sich
selbst und seine Umwelt akzeptieren.
Das gelingt ihm, weil er jetzt einen Gott anerkennt, der
allmächtig ist und der allen Menschen Liebe gibt. Wenn er
spricht: „ Vater unser, der Du bist im Himmel. Geheiligt werde
dein Name“, meint er es ehrlich und demütig. In diesem Zustand
der Besinnung und frei vom Lärm der Welt weiß er sich in Gottes
Hand. Sein eigenes Schicksal steht fest, jetzt und später –
komme, was kommen mag.
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302
294
Wachstum durch Liebe und Verstand
Mir scheint, Wachsen ist das Hauptziel jedes Menschen. Das ist
die Absicht Gottes, der Ursprung allen Wachsens.
Unser Streben muss allerdings auf die Realität des Erreichbaren
bezogen sein. Das schließt die Verwirklichung dessen ein, was
wir Liebe nennen und fühlen. Da jeder Mensch die Fähigkeit zu
lieben besitzt, stammt die Liebe sicherlich von seinem Schöpfer.
In der Theologie fand ich große Hilfe. Ich glaube, dass ich in
einem Universum der Vernunft unter einem liebenden Gott lebe
und dass meine eigenen Unvernunft Stück für Stück beseitigt
werden kann. Das ist, so glaube ich, der Wachstumsprozess, zu
dem wir geschaffen wurden.
303
295
Richtig Beten
Wir dachten, wir hätten die Erfüllung unserer religiösen Pflichten
ernst genommen. Bei ehrlicher Selbstprüfung mussten wir uns
jedoch eingestehen, dass wir sehr oberflächliche waren. Oft
gingen wir ins Extreme und badeten uns in Gefühlen. Das hielten
wir fälschlicherweise auch für religiöses Empfinden. In beiden
Fällen forderten wir, ohne etwas geben zu wollen.
Wir beteten nicht richtig. Wir sagten stets:“ Erfülle mir meine
Wünsche“, statt“ Dein Wille geschehe!“
Wir haben überhaupt nicht verstanden, was die Liebe Gottes
und die der Menschen bedeutet. Darum haben wir uns selbst
betrogen, und wir waren nicht fähig, die Gnade
entgegenzunehmen, die wir zur Genesung brauchten.
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304
296
Tägliche Inventur
Wenn wir über den Tag nachdenken, kommen wir nur bei
genauerer Erforschung auf die tatsächlichen Beweggründe
unseres Handels. Manchmal tauchte unser alter Freund
„Ausrede“ wieder auf und rechtfertigte unser falsches
Verhalten. Immer liegt die Versuchung nahe zu glauben, wir
hätten gute Gründe für unser Handeln. Aber das stimmt nicht.
Wir haben zum Beispiel einen Freund, der es unserer Ansicht
nach nötig hatte, „ konstruktiv kritisiert“. In Wirklichkeit ging es
uns darum, einen nutzlosen Streit zu gewinnen. Oder wir
redeten über einen Abwesenden unter dem Vorwand, anderen
seine Wesensart erklären zu müssen. In Wirklichkeit ging es uns
darum, ihn schlecht zu machen, um uns überlegen zu fühlen.
Wir verletzten die, die wir liebten, weil wir „ ihnen eine Lektion
erteilen mussten“, doch in Wirklichkeit wollten wir sie strafen.
Wir waren deprimiert und klagten über unseren schlechten
Zustand, doch in Wirklichkeit suchten wir nur Sympathie und
Aufmerksamkeit.
305
297
Bessere Einsicht
Obwohl viele von uns um ihre Nüchternheit kämpfen mussten,
brauchte unsere Gemeinschaft noch nie zu kämpfen, um
zerstörte Einigkeit zurückzugewinnen. Wir betrachten darum
dieses eine große Geschenk manchmal als selbstverständlich.
Wir vergessen, dass Millionen von Alkoholikern, die noch nicht
wissen, „ wie man es macht“, niemals ihre Chance erhalten
werden, wenn bei uns keine Einigkeit mehr besteht.
*
Wir verhielten uns den großen A.A. –Treffen gegenüber
skeptisch. Wir meinten, das sei eine übertriebene
Selbstdarstellung. Doch schließlich erkannten wir den großen
Wert dieser Treffen. Während sich das Interesse eines jeden A.A.
hauptsächlich auf seine Umgebung und seine Gruppe
konzentrieren sollte, sind beide Arten von Treffen notwendig
und wünschenswert, damit wir auch eine bessere Einsicht in die
Gesamtgemeinschaft erhalten.
Die Allgemeine Dienstkonferenz in New York ist ebenfalls
wertvoll für diejenigen, die daran teilnehmen. Bei diesen Treffen
wird das Blickfeld erweitert.
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306
298
Kraftvoller Anfang
Selbst der Neueste unter den Neulingen entdeckt, dass er einen
unvorstellbaren Gegenwert erhält für sein Bemühen, einem
anderen Alkoholiker zu helfen, der noch weniger Weiß als er. Er
gibt ein Geschenk, das überhaupt nichts kostet. Er erwartet auch
nicht, dass der andere ihm dafür etwas bezahlt, ja nicht einmal,
dass der andere ihn dafür gern hat.
Und dann entdeckt er, das er durch diese paradoxe Art zu
schenken seinen eigentlichen Lohn bekommt, ganz gleich, ob
der Mitleidende etwas davon hat oder nicht. Selbst wenn sein
Charakter noch schwere Fehler aufweist, erkennt er irgendwie,
dass Gott ihm einen kraftvollen Anfang gewährt.
Er spürt, dass er am Beginn neuer Geheimnisse, Freuden und
Erfahrungen steht, von denen er sich früher nie hätte träumen
lassen.
307
299
Anonymität und Nüchternheit
Mit dem Wachsen der A.A.-Gruppen wuchsen auch die
Anonymitätsprobleme. In unserer Begeisterung über die
wunderbare Genesung eines anderen Alkoholikers besprachen
wir manchmal mit anderen intime und schlimme Seiten seines
Falles, die eigentlich nur für die Opfer erklärte dann mit Recht,
sein Vertrauen sei missbraucht worden.
Als solche Geschichten außerhalb der Gemeinschaft der A.A.
bekannt wurden, wog der Vertrauensverlust zu unserem
Anonymitätsversprechen schwer. Viele blieben fern. Es musst
ganz klar gesagt werden, dass der Name und die Geschichte
jedes Alkoholikers vertraulich bleiben muss, wenn er es
wünscht.
*
Es ist uns bewusst, dass hundertprozentige persönliche
Anonymität in der Öffentlichkeit genauso lebenswichtig für die
Gemeinschaft der A.A. ist, wie hundertprozentige Nüchternheit
lebenswichtig ist für den Einzelnen.
Dies ist keine Empfehlung, die aus Furcht erteilt wird; es ist die
kluge Stimme einer langen Erfahrung.
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308
300
Gläubige Menschen
Wir, die wir einen langen Weg durch Unglauben oder Atheismus
gegangen sind, bitten dich, dein Vorurteil gegen die Kirche
abzulegen. Wir haben erkannt, dass trotz aller menschlichen
Schwächen in den verschiedensten Glaubensrichtungen jeder
Glaube Millionen Menschen einen Sinn und eine Richtung
gegeben hat. Gläubige Menschen haben eine vernünftige
Einstellung zum Leben.
Wir hatten in der Tat überhaupt kein vernünftiges Konzept.
Wir machten uns einen Spaß daraus, geistige
Glaubensrichtungen und religiöse Übungen zynisch zu
zerpflücken, wenn wir sahen, dass viele Menschen aller Rassen,
Hautfarbe und Nationalitäten aufgrund ihrer geistigen Haltung
Festigkeit, Glauben und Zielvorstellungen besaßen, die wir
besser für uns selbst angestrebt hätten.
309
301
Sicherheit zurückgewinnen
In unserem Verhalten in Bezug auf finanzielle und innere
Sicherheit haben Furcht, Gier, Habsucht und Stolz bei uns oft
großen Schaden angerichtet. Beim Rückblick auf unsere
geschäftlichen oder beruflichen Leistungen kann sich fast jeder
Alkoholiker folgende Fragen stellen: Welche Charakterfehler
haben zusätzlich zu meinem Trinkproblem, zu meiner schlechten
finanziellen Lage beigetragen? Haben Angst und
Minderwertigkeitsgefühle mein Selbstvertrauen zerstört und
mich mit Konflikten beladen? Oder habe ich mich überbewertet
und den großen Mann gespielt?
Berufstätige Frauen in der Gemeinschaft der A>A. werden
feststellen, dass diese Fragen auch auf sie zutreffen. Auch die
Hausfrau, die Alkoholikerin ist, kann ihrer Familie finanziell
großen Schaden zufügen. Jeder Alkoholiker muss sich tatsächlich
nach allen Richtungen hin schonungslos überprüfen, um zu
erkennen, wie seine Sicherheit durch seine Charakterschwächen
beeinträchtigt wurde.
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310
302
Im Rettungsboot
Wir A.A. verhalten uns wie die Passagiere eines großen Schiffes
nach Rettung aus Seenot, wenn auf dem Dampfer vom
Zwischendeck bis zum Kapitänstisch Kameradschaft, Freude und
Demokratie herrschen.
Im Gegensatz zu den Empfindungen der Schiffspassagiere
schwindet unsere Freude über die Rettung aus dem Unglück
nicht, wenn wir unsere eigenen Wege gehen. Das Gefühl der
Gemeinsamkeit in der Gefahr – Rückfall in den Alkoholismus –
bleibt ein wichtiger Bestandteil des starken Betons, der uns A.A.
zusammenhält.
*
Unsere erste Alkoholikerin war eine Patientin von Dr. Harry
Tiebout, der ihr ein Manuskript des Blauen Buches gab. Als sie es
zum ersten Mal las, war sie überzeugt. Sie kam sofort zu einem
Meeting, das wir in unserem Wohnzimmer hielten, und ging
dann in das Sanatorium zurück, wo sie einem Mittpatienten die
klassische Botschaft überbrachte: „ Wir sind nicht mehr allein.“
311
303
Liebevoller Ratgeber
Hätte ich nicht so kluge und liebvolle Ratgeber gehabt, wäre ich
schon längst gestorben. Ein Arzt rettete mich vor dem Tod durch
Alkoholismus, weil er mich zwang, die Tödlichkeit dieser
Krankheit einzusehen. Ein anderer Arzt, ein Psychiater, verhalf
mir später zur Genesung, indem er mich von tiefliegenden
Mängeln befreite. Von einem Priester erfuhr ich die Prinzipien
der Wahrheit, nach denen wir A.A. heute zu leben versuchen.
Diese wertvollen Freunde haben bei mir mehr getan, als es ihr
Beruf verlangte. Ich wusste, dass ich mit allen Problemen zu
ihnen gehen konnte. Ganz umsonst hatte ich teil an ihrem
Wissen und an ihrer Rechtschaffenheit.
Viele meiner besten A.A.- Freunde standen in genau der
gleichen Beziehung zu mir. Oft konnten sie mir helfen, wenn
andere es nicht konnten, einfach weil sie A.A. waren.
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312
304
Ein einziger Zweck
Manche schwärmen davon, dass die Prinzipien der A.A. gut eine
Richtschnur für ein geistiges Erwachen in der ganzen Welt
werden könnten. Wenn unsere Freunde so sprechen, sind wir
großzügig und gelassen.
Doch wir A.A. müssen daran denken, dass so viel Ehre und eine
solche Voraussage für die meisten von uns ein Trinkanstoß sein
könnten. Dies aber nur dann, wenn wir davon überzeugt wären,
dass die Gemeinschaft der A.A. tatsächlich einen solchen Zweck
hätte und wir darauf hinarbeiteten.
Darum bleibt unsere Gemeinschaft klugerweise bei ihrem
einzigen Zweck: die Botschaft an den weiterzugeben, der noch
leidet. Wir wollen auf die stolze Anmaßung verzichten, dass wir
– weil Gott es uns ermöglicht hat, auf einem Gebiet Gutes zu tun
– dazu auserkoren sind, einem jeden die rettende Gnade zu
ermitteln.
313
305
Wachsende Demut
Der Grundsatz, dass wir keine dauerhafte Kraft finden, ehe wir
nicht unsere Niederlage vollkommen zugegeben haben, ist die
Hauptwurzel, aus der unsere Gemeinschaft wächst und blüht.
*
Wir sagen jedem neuen, und er erkennt es auch bald selbst, dass
dein demütiges Eingeständnis der Machlosigkeit dem Alkohol
gegenüber der erste Schritt zur Befreiung von dieser lähmenden
Gewalt ist.
Deshalb ist die Demut für uns so wichtig. Doch ist erst ein
bescheidener Anfang. Es braucht lange, bis wir unseren
Widerwillen, demütig zu sein, aufgeben und sie als eine Straße
zur echten Freiheit des menschlichen Geistes sehen.
Ein ganzes Leben, das nur auf Ichbezogenheit eingestellt war,
kann nicht sofort umgedreht werden.
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314
306
Ist Glück das Ziel?
Ich glaube nicht, dass es um Glück oder Unglück geht. Die Frage
heißt eher; Wie werden wir mit dem Problemen fertig, denen
wir gegenüberstehen? Was lernen wir von ihnen und wie geben
wir unsere Erfahrungen am besten an andere weiter, die von uns
lernen wollen?
Aus meiner Sicht sind wir hier auf Erden Schüler in der Hohen
Schule des Lebens. Wir sollten versuchen, zu reifen und unseren
Weggefährten zu helfen, damit auch sie in der Liebe
aufwachsen, die keine Forderungen stellt. Kurz gesagt, wir
versuchen, uns dem Ebenbild Gottes, wie wir ihn verstehen, zu
nähern.
Wenn wir Schmerzen verspüren, hoffen wir, dadurch bereitwillig
zu lernen und anderen beim Lernen zu helfen. Kommt das Glück
zu uns, nehmen wir es als Geschenk an und danken Gott dafür.
315
307
Kreis und Dreieck
Während des Internationalen Treffens in St. Louis 1955 wehte
über uns eine Fahne mit dem damals neuen Symbol für die A.A,
einen Kreis, der sich um ein Dreieck schließt. Der bedeutet die
ganze Welt der A.A, das Dreieck steht für die drei
Vermächtnisse: Genesung, Einigkeit, Dienst.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass im Altertum Priester und Seher
dieses Zeichen für die Austreibung der bösen Geister nutzten.
*
Als wir alten A.A. 1955 die drei Vermächtnisse der gesamten
Gemeinschaft übergaben, vermischte sich Wehmut nach
vergangenen Tagen mit Dankbarkeit für den großartigen Tag,
den wir erlebten. Ich brauchte jetzt nie mehr für die A.A. zu
handeln, zu entscheiden oder sie zu beschützen.
Einen Augenblick lang fürchtete ich mich vor dem bestehenden
Wechsel. Doch dieses Gefühl ging schnell vorüber. Auf das von
Gott gelenkte Gewissen der A.A. konnten wir uns verlassen. Es
würde die Zukunft der A.A. sichern. Nun stand es fest, dass
meine Aufgabe von jetzt an darin bestehen würde, die Dinge
unter Gottes Obhut ihren Gang nehmen zu lassen.
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316
308
Ein Weg aus der Depression
Versuche bei einer akuten Depression nicht, dein ganzes Leben
sofort wieder in Ordnung zu bringen. Wenn es dir so schwer
fällt, eine Aufgabe zu übernehmen, weil du glaubst, du würdest
sofort versagen, dann lässt du dich von deinem
Unterbewusstsein täuschen. So wartest du nur auf einen
nächsten Fehlschlag, und wenn er eintritt, dient dir das als Alibi,
um noch tiefer in die Depression zu sinken.
Kurz gesagt, die „ Alles-oder-nichts“-Einstellung ist
zerstörerisch.
Am besten ist es, mit einem winzigen bisschen Aktivität zu
beginnen. Gehe später daran, jeden Tagein wenig mehr zu tun.
Sei nicht enttäuscht bei einem Rückschlag – fang danach noch
einmal an.
317
309
Erfahrungen
Es ist eine Grunderfahrung auf geistigem Gebiet, dass etwas mit
uns nicht stimmt, wenn wir aus irgendeinem Grund in Aufregung
sind. Wenn uns jemand verletzt und es uns schmerzt, sind auch
wir im Unrecht.
Gibt es keine Ausnahme von dieser Regel? Wie steht es mit „
gerechtfertigtem Zorn“? Wenn uns jemand betrügt, haben wir
nicht das Recht, wütend zu sein? Und sollten wir nicht auf die
Selbstgerechtigkeit anderer Menschen ärgerlich reagieren?
Für uns A.A. sind diese Erlebnisse mit der Wut manchmal recht
gefährlich. Wir haben eingesehen, dass wir berechtigten Zorn
denen überlassen sollen, die besser damit umgehen können.
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318
310
Vertrauen lernen
Das gesamte Programm der A.A. basiert auf dem Prinzip
gegenseitigen Vertrauens. Wir vertrauten auf Gott, wir
vertrauten auf die Gemeinschaft der A.A, und wir vertrauten
einander. Darum vertrauen wir auch unseren betrauten Dienern
im Weltdienst. Das „ Recht auf Entscheidung“, das wir ihnen
zubilligen, hat nicht nur praktische Erwägungen, damit sie
wirklich handeln und leiten können, sondern es ist auch das
Symbol unseres uneingeschränkten Vertrauens.
*
Wenn du ohne irgendeine religiöse Einstellung zu den A.A.
kommst, kannst du die Gemeinschaft der A.A. selbst oder die
A.A.-Gruppe zu deiner „ Höheren Kraft“ wählen. Hier ist eine
große Gruppe von Menschen, die ihr Alkoholproblem gelöst
haben. In dieser Hinsicht stellen sie tatsächlich eine Kraft dar,
die grösser ist als du. Schon dieses bisschen Vertrauen ist
zunächst ausreichend. Viele von uns, die genauso die Schwelle
überschritten haben, können dir berichten, dass sich ihr Glaube
später vergrößerte und vertiefte. Sie wurden von der
alkoholischen Sucht befreit, ihr Leben veränderte sich
unbeschreiblich, sie fanden den Glauben an eine Höhere Kraft,
und die meisten begannen, von Gott zu sprechen.
319
311
Schlimme Geschichten
Mein Hauptthema war stets, wenn auch in den verschiedensten
Variationen: „ Was bin ich für ein verdammt schlechter Kerl!“
Genauso wie ich meist den geringsten Fortschritt voller Stolz
übertrieb, genauso übertrieb ich meine Fehler aus Schamgefühl.
Ich ließ mit freien Lauf und beichtete alles (und noch viel mehr)
denen, die es hören wollten, Ob ihr es glaubt oder nicht, ich
wertete die weitschweifige Ausbreitung meiner Sünden als
Zeichen meiner großen Demut. Ich dachte, das seien ein
großartiger geistiger Pluspunkt und ein Stück
Wiedergutmachung.
Doch später erkannte ich in aller Deutlichkeit, dass ich das
Unrecht, das ich anderen zugefügt hatte, gar nicht wirklich
bedauerte. Ich benutzte diese Episoden nur zum
Geschichtenerzaehlen und zur Schaustellung. Mit diesem
Bewusstwerden stellte sich bei mir ein wenig Demut ein.
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320
312
Toleranz hält uns nüchtern
Durch Ehrlichkeit gegen uns und andere werden wir nüchtern,
die Toleranz jedoch hält uns nüchtern.
Aus Erfahrung können wir sagen, dass nur ganz wenige
Alkoholiker einer Gruppe fernbleiben, weil was ihnen dort nicht
gefällt. Die meisten kehren zurück und passen sich den
jeweiligen Gegebenheiten an. Andere schließen sich einer
anderen Gruppe an oder gründen eine neue.
Mit anderen Worten:
Wenn sich ein Alkoholiker darüber vollkommen im Klaren ist,
dass er es allein nicht schafft, wird er schon einen Weg finden,
sich in der Gesellschaft anderer wohl zu fühlen.
So ist es seit den Anfängen der A.A. gewesen, und
wahrscheinlich wird es immer so sein.
321
313
Im Sonnenlicht
Als der Gedanke ausgesprochen wurde, dass es meinen
persönlichen Gott geben könnte, gefiel mir das gar nicht. Da
machte mein Freund Ebby mir einen Vorschlag, der mir damals
ungewöhnlich erschien. Er sagte: „ Warum machst du dir nicht
deine eigene Vorstellung von Gott?“
*
Vielleicht kann man eine Erklärung für geistige Erfahrung finden.
Ich habe oft versucht, meine eigenen zu schildern, doch es
gelang mir nur, den Ablauf zu erzählen. Ich kenne das Gefühl
und die Folgen dieser Erfahrung, aber ich weiß, dass ich niemals
das Wie und Warum ganz verstehen werde.
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322
314
Tiefpunkte
Als unsere Gemeinschaft noch klein war, befassten wir uns nur
mit Menschen, die einen sehr schlimmen Tiefpunkt gehabt
hatten. Weniger heruntergekommene Alkoholiker versuchten es
mit den A.A. allerdings ohne Erfolg, weil sie die
Hoffnungslosigkeit der Krankheit nicht einsehen konnten.
Das änderte sich in den folgenden Jahren. Auch Alkoholiker, die
noch ihre Gesundheit, Familie, Stellung, sogar zwei Autos in der
Garage hatten, fingen an, ihre Krankheit zu erkennen. Mit der
Zeit kamen auch junge Menschen zu uns, die kaum mehr als
alkoholgefährdet waren. Wie wurden diese Menschen mit dem
Ersten Schritt fertig?
Mit unserer eigenen alten Trinkergeschichte erläuterten wir
ihnen, wie wir schon vor vielen Jahren die Kontrolle verloren
hatten, bevor es uns bewusst geworden war. Unser Trinken war
keine bloße Angewohnheit, es war schon damals der Anfang
einer schrecklich fortschreitenden Krankheit.
323
315
Grösser als wir selbst
Würden ein moralisches Gesetz oder eine bessere
Lebensphilosophie genügen, um mit dem Alkoholismus fertig zu
werden, wären viele von uns schon vor langer Zeit gesund
geworden. Doch wir wissen, dass solche Gesetze oder
Philosophien uns nicht helfen konnten, so sehr wir uns auch
bemühten.
Wir konnten uns wünschen, moralisch einwandfrei zu sein, wir
konnten uns wünschen, in der Philosophie Trost zu finden, wir
konnten das sogar mit aller Kraft wollen – doch die dazu
notwendige Kraft hatten wir nicht.
Unsere menschlichen Fähigkeiten, die vom Willen beherrscht
wurden, reichten nicht aus; sie setzten schließlich ganz aus.
Keine Kraft: Das war unser Dilemma. Wir mussten eine Kraft
finden, durch die wir leben konnten, und es musste eine Kraft
sein, grösser als wir selbst.
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324
316
Schützender Mantel
Fast jeder Zeitungsreporter, der über die A.A. berichteten will,
klagt zunächst, wie schwer es ist, eine Geschichte ohne Namen
zu schreiben. Aber er stellt seine Bedenken zurück, wenn ihm
bewusst wird, dass es sich um eine Gruppe Menschen handelt,
die keinen Beifall wollen.
Es kann sein, dass er zum ersten Mal in seinem Leben über eine
Organisation berichtet, die keine personenbezogene Werbung
macht. Selbst wenn er ein zynischer Reporter ist, wird ihn diese
klare Aufrichtigkeit schnell zum Freund der A.A. werden lassen.
*
Im Sinne der Anonymität versuchen wir, unsere natürlichen
Wünsche nach persönlichem Prestige als A.A. aufzugeben, und
zwar sowohl innerhalb unserer Gemeinschaft als auch in der
Öffentlichkeit. jeder von uns , der diese menschliche Schwäche
beiseite legt, webt an einem Schutzmantel, der unsere gesamte
Gemeinschaft bedeckt und unter dem wir in Einigkeit wachsen
und arbeiten können.
325
317
Ausblick auf morgen
Ein Ausblick ist meiner Ansicht nach die Fähigkeit, abwägen zu
können, und zwar sowohl für die nahe als auch für die ferne
Zukunft. Vielleicht denken einige jetzt, dass dies ketzerisch
gegen unser „nur für heute“ ist. Aber dieser wertvolle Grundsatz
bezieht sich nur auf unser geistiges und seelisches Leben. Es
bedeutet hauptsächlich, dass wir nicht so dumm sein sollen, uns
über die Vergangenheit zu grämen oder Wunschträume für die
Zukunft nachzuhängen.
Es bekäme uns als Einzelwesen und als Gemeinschaft schlecht,
wenn wir die Planung für morgen dem albernen Gedanken an
die Vorsehung überließen. Die Vorsehung Gottes hat uns
Menschen mit der Fähigkeit zum Vorausplanen ausgestattet.
Gott erwartet, dass wir diese Fähigkeit nutzen. Natürlich werden
wir uns oft verkalkulieren, wenn wir ganze Abschnitte oder
Teilbereiche der Zukunft planen. Doch das ist besser, als
überhaupt nicht daran zu denken.
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326
318
Vergebung
Durch Erleben des fünften Schrittes entwickelte sich ein Gefühl
in uns, dass uns vergeben würde, ganz gleich, was wir gedacht
oder getan hatten.
Es kam oft vor, während wir uns zusammen mit unserem
Sponsor oder einem anderen geistigen Ratgeber mit diesem
Schritt befassten, dass wir wirklich die Fähigkeit verspürten,
anderen vergeben zu können, wie tief sie uns auch verletzt
haben mochten.
Durch unsere innere Inventur gelangten wir zu der
Überzeugung, dass allseitige Vergebung erstrebenswert war.
Doch erst als wir ernsthaft den Fünften Schritt in Angriff
nahmen, wussten wir, dass wir ebenso Vergebung annehmen,
wie wir anderen vergeben konnten.
327
319
Zwei Autoritäten
Man wundert sich oft, wie die Gemeinschaft der A.A. in der
scheinbaren Anarchie funktioniert. Andere Gesellschaften
brauchen Gesetz und Kraft, Genehmigung und Strafe. Hierfür
sind Bevollmächtigte zuständig. Zu unserem Glück haben wir
erkannt, dass wir keine Vorgesetzten brauchen. Wir haben zwei
Autoritäten, die weit bedeutender sind. Eine ist gut, die andere
ist schlecht.
Da ist Gott, unser Vater, der ganz einfach sagt: „ Ich
warte,
bis
du meinen Willen ausführst!“ Die andere Autorität heißt König
Alkohol. Er sagt: „ Du
musst
dem Willen Gottes gehorchen, sonst
werde ich dich töten!“
*
Die Traditionen der A.A. sind weder regeln noch Vorschriften,
noch Gesetze. Wir befolgen sie gern, weil es wichtig ist und weil
wir es möchten. Vielleicht liegt das Geheimnis ihrer Wirksamkeit
darin, dass diese lebenswichtigen Empfehlungen sin unseren
Erfahrungen und in Liebe verwurzelt sind.
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320
Eine Show schmeißen
Die meisten versuchen in ihrem Leben, alle anderen in
Bewegung zu halten. Jeder kommt sich wie ein Schauspieler vor,
der die ganze Show schmeißen möchte. Er kümmert sich um
Beleuchtung und Dekoration. Die anderen Schauspieler müssen
seinen Anweisungen folgen. Wenn seine Inszenierung so liefe,
wenn alle Menschen so handelten, wie er es will, wäre die
Vorstellung großartig. Was passiert gewöhnlich? Seine Show
kommt nicht richtig an. Er gibt wohl zu, dass etwas falsch
gemacht wurde, doch er weiß ganz sicher, dass die anderen
schuld sind. Er wird wütend, empört und bemitleidet sich selbst.
Ist er nicht im Grunde auch dann noch auf der Suche nach sich
selbst, wenn er versucht, nützlich zu sein?
Ist er nicht ein Opfer der Täuschung, dass er der Welt
Zufriedenheit und Glück abtrotzen kann, wenn er es nur
geschickt genug anstellt?
329
321
Erfolg des Geldes
Der Zweifler, der sich im Gebet versucht, sollte damit beginnen,
alle Erfolge aufzuschreiben. Wenn er beharrlich bleibt, wird er
gewiss mehr Gelassenheit, mehr Toleranz, weniger Furcht und
weniger Zorn haben. Ihm wird ein stiller Mut zuteil, der nicht
spannungsgeladen ist. Er kann „Versagen“ und „ Erfolg“ genau
so sehen, wie sie wirklich sind. Probleme oder Notlagen sind
lehrreich für ihn, schaden ihm nicht. Er fühlt sich freier und
gesünder.
Der Gedanke, er hätte sich jetzt selbst etwas vorgemacht, ist
lächerlich. Sein Sinn für Zweckmäßigkeit und Zielstrebigkeit
vergrößert sich. Seine Ängste werden blasser. Dagegen
stabilisiert sich seine körperliche Gesundheit. Auf ihn kommen
wunderbare und unbeschreibliche Dinge zu. Das Verhältnis zu
seiner Familie und zu seiner Umwelt wird sich erstaunlich
verbessern.
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330
322
Mach‘s dir nicht schwer – aber mach‘s
Trägheit ist tatsächlich ein Faultier mit zwei Silben.
*
Nach meiner Beobachtung können einige Menschen damit
leben, bestimmte Dinge hinauszuschieben, doch nur wenige
können in offenem Widerstand leben.
*
Wir hatten bei vielen Problemtrinkern damit Erfolg, dass wir sie
vor die schreckliche Alternative stellten: „ So machen es wir
A.A…. sonst sterben wir.“
Wenn sich das einmal in dem Kopf eines Newcomers festgesetzt
hat, wird sich bei fortgesetztem Trinken die Spule nur noch
fester aufwinden.
Schon mancher Alkoholiker sagte: „ Ich war an dem Punkt, an
dem es hieß: Entweder die A.A. finden oder aus dem Fenster
springen. So bin ich also hier.“
331
323
Den Weg zu Gott ertasten
Ich denke, dass Alkoholiker mehr als andere Menschen wissen
möchten, wer sie sind, was dieses Leben bedeutet, ob sie
göttlichen Ursprungs sind und ob ihr Geschick vorherbestimmt
ist, ob es die umfassende Gerechtigkeit und Liebe gibt.
Viele von uns haben in den Anfängen der Trinkerzeit noch einen
Sinn für Höheres gehabt; manchmal hatten sie eine Ahnung von
Vollkommenheit und für Augenblicke das Gefühl der
Zugehörigkeit zur weltumfassenden Ordnung. Obwohl diese
Vorstellungen und Gefühle zweifellos echt waren, wurden sie
schnell entstellt und schließlich durch den Alkohol
weggeschwemmt.
In der Gemeinschaft der A.A. und vielen religiösen
Bestrebungen finden Alkoholiker viel mehr von dem, was sie
früher nur flüchtig sahen oder fühlten, wenn sie im
Alkoholrausch ihren Weg zu Gott zu ertasten versuchten.
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332
324
Geisteshaltung und Geld
Manche fragen immer: Was versteht man unter dem dritten
Vermächtnis? Und auf welchem Gebiet spielt sich dieser „
Dienst“ ab?
Ich möchte mit meinem Sponsor Ebby beginnen. Als Ebby hörte,
wie schlimm mein Trinken geworden war, entschloss er sich,
mich zu besuchen. Er war in New York; ich wohnte in Brooklyn.
Sein Entschluss war nicht alles: er musste handeln und Geld
ausgeben.
Er rief mich an und fuhr anschließend mit der Untergrundbahn –
Gesamtauslagen 10 Cents. Zwischen dem Telefonhäuschen und
dem Drehkreuz der Untergrundbahn begannen sich
Geisteshaltung und Geld zu vermischen. Eines ohne das andere
hätte zu nichts geführt.
Genau dort und in diesem Moment stellte Ebby den Grundsatz
auf, dass Handeln im Sinne der Gemeinschaft der A.A. viel Zeit,
aber auch etwas Geld kostet.
333
325
Demut ist Hoffnung
Nun, da wir nicht mehr zur Kundschaft von Lokalen und
Bordellen zählen, da wir unser Geld nach Hause tragen, da wir so
aktiv bei den A.A. geworden sind, nun, da andere uns zu dem
sichtbaren Fortschritt gratulieren – bringen wir es tatsächlich
fertig uns selbst zu beglückwünschen.
Natürlich sind wir noch nicht in Rufweite zur Demut.
*
Wir sollten zur Demutbereit sein. Wir sollten versuchen, unsere
anderen Mängel genauso zu beseitigen, wie wir zugaben, dass
wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind, und wie wir glaubten,
dass nur eine Kraft, grösser als wir selbst, uns unsere geistige
Gesundheit wiedergeben kann.
Wenn wir durch Demut die Gnade finden, die tödliche
Alkoholsucht zu verlieren, dann muss es auch die Hoffnung
geben, bei anderen Problemen zum gleichen Ergebnis kommen
zu können.
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334
326
Kritik ist willkommen
Vielen Dank für deinen kritischen Brief. Ich weiß, dass die
Gemeinschaft der A.A. ohne ihre harten Kritiker viel langsamer
vorwärts gekommen wäre.
Ich selbst schätze die Menschen, die mich kritisiert haben, sehr
hoch ein, ob nun ihre Kritiken vernünftig oder unvernünftig
waren. Beides hat mich häufig davor bewahrt, viel Schlimmeres
zu tun, als ich getan habe.
Die Unvernünftigen haben mir, wie ich glaube, ein wenig Geduld
beigebracht.
Die vernünftigen haben immer einen großartigen Beitrag zu
unserer Gemeinschaft geleistet. Sie haben mir manch wertvolle
Lektion erteilt.
335
327
Drei Möglichkeiten
Unser Streben zielt auf Nüchternheit, auf die Befreiung vom
Alkohol und seinen schrecklichen Folgen. Ohne diese Befreiung
haben wir überhaupt nichts.
Es ist doch paradox, dass wir nicht von der Alkoholsucht frei
werden können, ehe wir nicht bereit sind, uns mit all den
Charakterfehlern auseinanderzusetzen. Durch die wir in diesen
hilflosen Zustand gekommen sind. Bei dieser Sucht nach Freiheit
werden uns immer drei Möglichkeiten angeboten.
Erste Möglichkeit: Die hartnäckige Weigerung, an unseren
hervorstechendsten Charakterfehlern zu arbeiten, kommt einem
Fahrschein in die Hölle gleich.
Zweite Möglichkeit: Wir können vielleicht eine Zeitlang trocken
bleiben, indem wir ein klein wenig an uns arbeiten – und dann in
der bequemen, aber gefährlichen Mittelmäßigkeit stehen
bleiben.
Schließlich bleibt uns noch die dritte Möglichkeit, uns ständig
hart um die hervorragenden Eigenschaften zu bemühen, die zum
Schönsten und Reinsten in Geist und Tat führen. Das ist die
wahre und dauerhafte Freiheit durch Gott
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336
328
Neu entdeckte Vorsehung
Wenn du mit einem Neuen zusammen bist, der eine agnostische
oder atheistische Einstellung hat, erkläre ihm die geistigen
Grundsatze am besten in einer alltäglichen Sprache. Es hat
keinen Zweck, irgendwelche Vorurteile gegen religiöse
Auffassungen oder Ansichten wachzurufen, weil bei ihm
diesbezüglich schon Verwirrung genug herrscht. Lass solche
strittigen Punkte am besten weg, ganz gleich, wie deine
Überzeugung ist.
*
Jeder Einzelne, der sich den A.A. angeschlossen hat und bei
ihnen bleiben möchte, hat schon, ohne es zu wissen, mit dem
Dritten Schritt begonnen. Stimmt es denn nicht, dass jeder, der
mit dem Alkoholismus zu kämpfen hat, bereit ist, sein Leben der
Sorge, dem Schutz und der Lenkung der Gemeinschaft der A.A.
anzuvertrauen?
In einem Punkt ist schon eine Bereitwilligkeit zustande
gekommen, nämlich den eigenen Willen und eigene Gedanken
zum Alkoholproblem im Austausch gegen die Vorschläge der
A.A. aufzugeben. Wenn das nicht bedeutet, seinen Willen und
sein Leben einer neu entdeckten „ Vorsehung“ anzuvertrauen,
was soll es denn sonst sein?
337
329
Dein Wille geschehe
Beim Beten liegt die Versuchung nahe, um ganz besondere
Lösungen für ganz besondere Probleme zu bitten und um die
Fähigkeit, anderen Menschen zu helfen, so wie ihnen nach
unserer Meinung geholfen werden sollte.
In diesem Fall bitten wir Gott, nach unserer Vorstellung zu
handeln. Wir sollten bei jeder Bitte sorgfältig überleben und das
Gute und schlechte herauszufinden versuchen.
Auch wenn wir ganz bestimmte Anliegen haben, ist es gut
hinzuzufügen: „…. wenn das Dein Wille ist.“
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338
330
Erwachsen werden
Der jugendliche Drang, den so mancher von uns brauchte, um
Beifall, Sicherheit und die vollkommene Liebe zu finden – ein
Drang, wie man ihn bei siebzehnjährigen findet - ,ist
erwiesenermaßen unmöglich, wenn jemand zwischen 47 oder
57 Jahre alt ist.
Seit den Anfängen der A.A. habe ich schon große Sprünge auf
allen diesen Gebieten gemacht, weil ich in Herz und Hirn nicht
erwachsen werden konnte.
*
Bei unserem geistigen Wachstum wird es notwendig, unsere
frühere Einstellung zu unseren natürlichen Instinkten einer
drastischen Prüfung zu unterziehen.
Unsere Forderungen nach innerer Sicherheit, Wohlstand,
persönlichem Ansehen und Kraft müssen zurückgeschraubt
und in eine andere Richtung gelenkt werden.
Die Befriedigung dieser Forderung kann nicht der einzige Sinn
und Zweck unseres Lebens sein. Wir können nicht die Karre vor
das Pferd spannen, sonst werden wir in die Ernüchterung
zurückgetrieben. Doch wenn wir bereit sind, geistiges Wachstum
an die erste Stelle zu setzen, dann und nur dann haben wir eine
echte Chance, in gesunder Erkenntnis und reifer Liebe zu
wachsen.
339
331
Die große Wirklichkeit
Wir wissen, dass wir nur wenig wissen. Gott wird dir und uns
ständig mehr offenbaren. Frage Ihn jeden Morgen bei deiner
Meditation, was du heute für den Menschen tun kannst, der
noch krank ist. Du erhältst eine Antwort, wenn bei dir selbst
alles in Ordnung ist. Du kannst sicher nichts weitergeben, was du
nicht hast. Sieh zu, dass deine Beziehungen zu Ihm in Ordnung
ist, und große Ereignisse werden auf dich und unzählige andere
zukommen. Das ist für uns die große Wirklichkeit.
Für den Neuen:
Überlass dich Gott, wie du ihn verstehst. Gib Ihm und
deinen Kameraden gegenüber deine Fehler zu. Räume die
Trümmer deiner Vergangenheit fort. Gib freiwillig von dem
ab, was du bekommst, und schließe dich uns an. Wir
werden mit dir in der Gemeinschaft des Geistes vereint
sein, und du wirst bestimmt einigen von uns wieder
begegnen auf dem beschwerlichen Weg, der in eine
glückliche Zukunft führt. Gott segne und erhalte dich - bis
dahin.
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340
332
Ich bin verantwortlich…..
Wenn irgendjemand irgendwo um Hilfe ruft, möchte ich, dass die
Hand der A.A. ausgestreckt ist, denn: Ich bin verantwortlich!
(Erklärung zum dreißigjährigen bestehen der A.A. bei der
Internationalen Konvention 1965)
*
Liebe Freunde,
seit 1938 habe ich den größten Teil meines Lebens in der
Gemeinschaft der A.A. damit verbracht, bei der Schaffung,
Gestaltung, Leitung und Sicherung der Funktionsfähigkeit und
Wirksamkeit der A.A. Weltdienste mitzuhelfen, und durch diese
Dienststelle konnte unsere Gemeinschaft als vereintes Ganzes
überall auf dem Globus tätig sein.
Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass alle durch die
Vertrauensleute ausgeführten wichtigen Aufgaben viel zu
unserer derzeitigen Größe und unserer allseitigen Wirksamkeit
beigetragen haben.
Die Allgemeine Dienststelle der A.A. ist die größte Übermittlerin
der A.A. –Botschaft. Durch ihre
341
Bemühungen kote die Gemeinschaft der unruhigen Welt, in der
wir leben, angepasst werden. Sie hat die Saat unserer
Gemeinschaft allenthalben gehegt.
Die A.A.- Weltdienste sind bereit, jeden Hilferuf einer Gruppe
oder eines Einzelnen nachzugehen. Entfernungen und Sprache
spielen keine Rolle. Die in vielen Jahren zusammengetragene
Erfahrung steht uns zur Verfügung.
Die Mitglieder unserer Vertrauensausschüsse – das General
Service Board der A.A> - werden die Wegweiser in allen
weltumfassenden Angelegenheiten sein. Diese hohe
Verantwortung wurde ihnen schon vor langer Zeit übertragen:
sie sind die Nachfolger von Dr. Bob und mir im Weltdienst, und
sie sind der Gemeinschaft A.A. als Ganzes direkt verantwortlich.
Dies ist das Vermächtnis der Verantwortung im Weltdienst, das
wir abtretenden Alten euch, den A.A. von heute und morgen,
übergeben. Wir wissen, dass ihr dieses weltweite Vermächtnis
schützen, tragen und lieben werdet, da es die größte
Gesamtverantwortung ist, die die Gemeinschaft der A.A. jemals
haben kann.
In Vertrauen und Liebe
( Bill starb am 24.Januar 1971 )
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342
*
Stichwortverzeichnis
Die angegebenen Zahlen beziehen sich auf die Artikelnummern
Abhängigkeit:
von Menschen 63, 72, 176, 239, 252, 265, 288
von Gott siehe Höher Kraft
Abscheu:
siehe Ärger, siehe Groll
Alibi:
siehe vernunftmäßige Betrachtung
Alles- oder- nichts- Einstellung:
siehe Perfektionismus
Ambitionen:
siehe Ehrgeiz
Andacht:
siehe Gebet
Angst:
22, 43, 46, 51, 61, 75, 91, 112, 154,
166, 196, 253, 261, 263, 278
Annahme:
6, 20, 30, 44, 49, 109, 114, 131, 138,
148, 169, 194, 254, 293
Anonymität:
43, 120, 160, 198, 241, 255, 278, 299, 316
Anziehungskraft:
siehe Information der Öffentlichkeit
Ärger:
5, 39, 56, 58, 98, 113, 153, 179, 184,
168, 285, 309, 320
Arroganz:
siehe Ehrlichkeit
Aufgeschlossenheit:
7, 26, 87, 115, 119, 137, 152, 174,
189, 219, 247, 260, 300, 313
Aufrichtigkeit:
siehe Ehrlichkeit
Aufschieben:
25, 322
Ausrede:
siehe vernunftmäßige Betrachtung
343
Ausrutscher:
siehe Rückfall
Bequemlichkeit:
12, 100, 142, 330
Bereitschaft:
4, 88, 106, 109, 115, 122, 137, 171,
115, 219, 226, 232, 32^, 327, 328
Besinnung:
siehe Meditation
Bestandsaufnahme:
siehe Inventur
Beziehung zur Familie:
123, 176, 190, 230, 265, 270, 277, 292
Charakterfehler:
17, 48, 54, 80, 83, 96, 97, 103, 131.
136, 142, 149, 196, 204, 216, 258, 281,
301, 311, 325, 327
Dankbarkeit:
19, 29, 37, 67, 133, 155, 163, 165, 168,
231, 249, 253, 256, 266, 267, 303, 326
Demut:
Wunsch nach 10,36, 38, 40, 46, 74, 97, 106, 139,
160, 168, 199, 212, 223, 226, 244, 271,
304, 325
Wege zur 2, 12, 31, 44, 83, 91, 106, 126, 149,
156, 159, 191, 211, 213, 236, 246, 248,
291, 305, 311, 316
Depressionen:
2, 30, 63, 92, 148, 231, 308
Dienst_
13, 18, 53, 138, 147, 155, 162, 180,
183, 188, 220, 224, 244, 254, 259, 269,
273, 284, 287, 290, 297, 307, 310, 324,
332
siehe auch: Verantwortung
siehe auch: Zwölfter Schritt
Egoismus:
81, 227, 270, 272, 282, 287
Ehrgeiz:
19, 40, 46, 131, 135, 138, 160, 185,
193, 198, 214, 235, 282
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344
Ehrlichkeit:
17, 20, 44, 70, 74, 83, 102, 140,
141, 156, 172, 173, 205, 213, 222, 227,
238, 25, 258, 277, 279, 312
Eingeständnis:
17, 24, 48, 65, 83, 88, 102, 111, 126.
135, 149, 164, 209, 213, 228, 231, 248,
261, 289, 305, 311, 314, 318
Einigkeit:
9, 50, 82, 125, 143, 149, 154, 155,
162, 198, 207, 220, 229, 249, 273, 297,
302, 307, 319, 332
Einsamkeit:
51, 53, 72, 90, 117, 228, 252, 302
Enttäuschung:
1, 22, 40, 63, 111, 131, 135, 176, 265,
320
Erfolg:
19, 40, 46, 165, 177, 207, 235, 254
Erwachen:
siehe: geistig-spirituelles Erwachen
Familie:
siehe:Beziehung zur Familie
Fehler:
siehe: Charakterfehler
Finanzielle Probleme:
75, 84, 112, 128, 177, 205, 239, 259,
287, 290, 301, 324
Fortschritt:
A.A. oder Gruppe: 31, 50, 65, 82, 86, 115, 143, 207,
269, 326
persönlicher: siehe: Wachstum
Freiheit:
4, 26, 50, 55, 124, 134, 158, 191, 201,
218, 237, 273, 319
Freundschaft:
siehe: Liebe
Frustration:
siehe: Enttäuschung
Gebet:
20, 33, 55, 63, 78, 89, 93, 108, 117.
127, 148, 170,189, 202, 206, 210, 243,
250, 264, 274, 286, 293, 295, 321, 329,
331
345
Geistig-spirituelles Erwachen oder Erlebnis:
2, 8, 85, 101, 152, 168, 171, 178, 182,
217, 225, 242, 246, 256, 281, 313
Geistig-spirituelles Leben:
5, 7, 8, 27, 40, 81, 88, 95, 103,
123, 167, 177, 190, 254, 259, 280, 287,
323, 324, 330, 331
Gelassenheit:
20, 36, 48, 72, 104, 126, 127, 150, 173,
196, 250, 254, 261, 288, 293, 321
Gesundheit:
121, 130, 141
siehe auch: Krankheit
Glaube:
3, 13, 16, 23, 26, 36, 47, 51, 84, 112,
114, 117, 129, 152, 166, 188, 196, 208,
212, 219, 221, 225, 260, 263, 284,
300, 310
siehe auch: Höhere Macht
Groll:
5, 39, 56, 58, 98, 176, 179, 268, 286
Heute:
im Heute leben:
11, 16, 75, 89, 92, 132, 157, 233, 243,
284, 296, 308, 317
Hochmut:
siehe Stolz
Höhere Kraft:
2, 7, 13, 15, 34, 38, 51, 76, 95, 108,
116, 119, 126, 146, 150, 152, 168, 170,
175, 178, 201, 204, 219, 223, 225, 236,
263, 274, 294, 310, 313, 323, 331
Agnostiker und Atheisten und H.M.:
7, 26, 47, 95, 126, 137, 146, 158, 174,
201, 247, 260, 276, 300, 313, 328
Alkoholische Zwangsvorstellung und H.M.:
2, 4, 9, 11, 16, 19, 42, 88, 114, 194,
246, 315
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346
Die Gruppe als H. M. :
73, 109, 191, 276, 310, 328
Verbundenheit zur H.M.:
26, 33, 55, 66, 72, 78, 87, 93, 104, 117,
122, 129, 139, 155, 200, 206, 210, 221,
239, 249, 265, 293, 319, 329
siehe auch: Gebet, siehe auch: Glaube
Identifikation:
24, 195, 212, 228, 231, 252, 257, 302,
303
Information der Öffentlichkeit:
195, 255, 278, 316
Innere Ruhe:
siehe: Gelassenheit
Intoleranz:
siehe: Toleranz
Inventur:
Hilfe zur: 10, 17, 33, 39, 80, 96, 111, 132,
142, 144, 193, 205, 213, 215, 222, 248,
258, 261, 267, 270, 279, 281, 289, 296,
301, 303
Wert der: 10, 12, 17, 54, 64, 68, 106, 111,
140, 149, 161, 173, 216, 133, 261,
Kapitulation:
2, 42, 49, 60, 87, 118, 121, 135, 168,
174, 209, 217, 218, 235, 242, 245, 246,
283, 305, 314, 322
Krankheit:
Alkoholismus als: 4, 27, 32, 35, 45, 88, 118, 121, 130,
141, 180, 194, 217, 218, 257, 283
Liebe:
18, 23, 27, 37, 53, 90, 144, 172, 203,
230, 273, 294, 303
Mängel:
siehe : Charakterfehler
347
Meditation:
10, 33, 93, 108, 117, 127, 150, 189,
202, 243, 264, 331
Minderwertigkeitsgefühl:
46, 90, 135, 140, 185, 214, 252
Mitgliedschaft in A.A.:
siehe Zugehörigkeit
Mut:
61, 91, 129, 166, 200, 221, 253, 321
Neid:
131
Neuling:
siehe: Newcomer
Newcomer:
14, 28, 57, 62, 69, 105, 118, 123, 146,
165, 186, 190, 191, 199, 207, 209, 212,
198, 314, 331
Niedergeschlagenheit:
siehe: Depressionen
Öffentlichkeit:
siehe: Informationen
Oldtimer:
138, 169, 207, 244, 269, 307
Patenschaft:
siehe: Zwölfter Schritt
Perfektionismus:
6, 15, 135, 167, 172, 181, 214, 308
Persönlichkeiten und Prinzipien:
siehe: Prinzipien und Persönlichkeiten
Persönlichkeits-Veränderung:
siehe: Wachstum
Prinzipien und Persönlichkeiten :
143, 215, 224, 312,
Privatsphäre:
102, 161, 299,
Rache:
siehe: Ärger
Rationales Denken:
siehe: Vernunftmäßige Betrachtung
Rechtfertigung:
siehe: Vernunftmäßige Betrachtung
Religion:
siehe: Höhere Kraft
Reue:
siehe: Schuld
Rückfall:
11, 52, 68, 99, 154, 184, 197, 213, 214,
251, 291
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348
Schäden die der Alkohol verursacht:
siehe Krankheit
Schmerz:
siehe: Schwierigkeiten
Schuld:
11, 48, 68, 83, 92, 99, 140, 311
Schwierigkeiten:
3, 20, 27, 31, 35, 71, 78, 82, 110, 132,
156, 184, 200, 211, 221, 234, 250, 263,
266, 288, 291, 306, 321
Selbstständigkeit:
siehe: Wille
Selbstgefälligkeit:
25, 94, 96, 133, 153, 159, 193, 205,
207, 226, 227, 258, 325, 327
Selbstmitleid:
138, 176, 238, 261, 268, 320
Selbstzufriedenheit:
siehe: Selbstgefälligkeit
Sexuallität:
12, 142, 270, 277, 282
Sich gehen lassen:
siehe: Bequemlichkeit
Sorge:
siehe: Angst
Sponsorschaft:
siehe: Zwölfter Schritt
Stolz:
12, 37, 74, 107, 118, 133, 140, 181,
261, 285, 304
Streit:
56, 59, 98, 143, 153, 215, 262, 326
Toleranz:
28, 41, 62, 113, 120, 134, 145, 147, 151,
175, 186, 203, 215, 230, 234, 268, 286,
312, 326
gegenüber religiösen Ansichten:
34, 73, 95, 116, 158, 175, 201, 223, 276
Trockenrausch:
siehe: Ärger, siehe: Depressionen
Überheblichkeit:
33, 38, 60, 114, 139, 146, 176, 183,
199, 206, 225, 320
Unduldsamkeit:
siehe: Toleranz
349
Unehrlichkeit:
siehe: Ehrlichkeit
Unterlegenheit:
siehe: Minderwertigkeitsgefühl
Veränderung der Persönlichkeit:
siehe: Wachstum
Verantwortung:
als A.A.: 9, 13, 32, 50, 57, 79, 84, 125, 229, 255,
271, 290, 297, 307, 317, 319, 331, 332
im täglichen Leben: 21, 32, 84, 94, 97, 115, 123, 128, 145,
178, 202, 253, 262, 271, 292,317,
siehe auch: Dienst, siehe auch: Zwölfter Schritt
Vergebung:
52, 89, 151, 204, 268, 318
Vernunftmäßige Betrachtung:
17, 25, 39, 44, 58, 64, 80, 107, 128,
151, 160, 170, 179, 193, 197, 251, 258,
167, 270, 279, 285, 289, 296, 308
Verschwiegenheit:
102, 161, 299
Versuchung zu Trinken:
77, 121, 128, 188, 280
Vertrauen:
144, 224, 248, 269, 303, 307, 310, 332
Veteranen:
siehe: Oldtimer
Vierundzwanzig- Stunden- Leben:
siehe Heute
Vorurteil:
siehe: Gelassenheit
Wachstum:
persönliches:
1, 8, 10, 12, 25, 44, 65, 76, 85, 101,
104, 115, 124, 136, 156, 157, 171, 204,
144, 264, 271, 294, 306, 327, 330
allmähliches und stetiges:
6, 15, 59, 159, 167, 181, 191, 219, 236
durch Not: 3, 22, 31, 35, 49, 75, 184, 234, 266, 326
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350
der Gemeinschaft der A.A. oder der Gruppe:
siehe: Fortschritt
Wiedergutmachung:
64, 70, 111, 145, 151, 187, 227, 277, 311
Wille:
4, 16, 33, 42, 47, 55, 66, 87, 88, 109,
122, 124, 139, 170, 210, 225, 232, 245,
272, 282, 293, 295, 315, 320, 328, 329
Wut:
siehe: Ärger
Zögern:
siehe: Aufschieben
Zufriedenheit:
29, 53, 57, 69, 163, 216, 218, 233, 249,
254, 298, 302, 306, 321
Zugeben:
siehe: Ehrlichkeit
Zugehörigkeit:
34, 41, 62, 134, 158, 175, 186, 234,
237, 276
Zusammenarbeit ohne Zusammenschluss:
45, 113, 147, 180, 255, 267
Zwang zum Trinken:
siehe: Krankheit
Zwangsvorstellung:
siehe: Krankheit
Zwölfter Schritt:
18, 21, 67, 195, 304, 331
erster Kontakt im:
14, 24, 69, 105, 114, 118, 146, 165,
190, 192, 199, 201, 217, 237, 239,
242, 257, 275, 314, 324, 328
für die eigene Nüchternheit:
13, 29, 35, 69, 163, 192, 212, 257, 275,