17. Mai
Wie viel weniger schön wäre die Musik, wenn sich zum Beispiel ein Dirigent weigerte, Beethovens Fünfte Symphonie in der Form aufzuführen, wie das Publikum sie kennt. (A.P. Herbert)
Lange bevor der Buchdruck, das Telefon oder das Tonband erfunden wurden, pflegten unsere Vorfahren sich Berichte, Informationen und Geschichten zu merken, indem sie sie immer wieder erzählten. Diese Geschichten wurden dann von Generation zu Generation weitergegeben. Die Leute saßen um ein Höhlenfeuer und lauschten den Worten des Erzählers. Sie wurden ihrer nicht müde, denn jedes Mal kam etwas Neues hinzu, das ihre Aufmerksamkeit erregte.
Wenn wir etwas immer wieder hören, haben wir die Wahl, entweder gar nicht hinzuhören oder aufmerksam zuzuhören. Wir können Wort für Wort in uns aufnehmen, als hörten wir etwas zum ersten Mal, wir können jede Gefühlsregung nachempfinden und jedem neuen Aspekt unsere Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht können wir auch einige Sätze im Gedächtnis behalten, die wir dann in unsere eigene Version einbauen. Eine Geschichte kann immer gleich erzählt werden, aber wenn wir jedes Mal anders hinhören, wird sie immer neu und lebendig für uns sein.
Wenn ich mich heute Abend schlafen lege, kann ich mir vorstellen, ich sei nach jahrelanger Taubheit wieder imstande zu hören. Ich versuche zuzuhören, als wäre es das erste Mal und werde um ein Vielfaches davon profitieren.