22.Juni - Berufsleben
Genauso, wie es eine Geschichte unserer bisherigen Beziehungen gibt, gibt es
auch, bei den meisten, eine Geschichte des eigenen Berufslebens. So wie wir in
unseren zwischenmenschlichen Beziehungen eine bestimmte Situation akzeptieren
und damit umgehen müssen, stehen wir im Alltag vor einer bestimmten Situation,
mit der wir umgehen und die wir akzeptieren müssen.
Genauso, wie wir eine gesunde Einstellung zur Geschichte unserer Beziehungen
aufbauen - mit deren Hilfe wir lernen und uns weiterentwickeln -, können wir
eine gesunde Einstellung zur Geschichte unseres Berufslebens aufbauen.
Seit meinem elften Lebensjahr habe ich in vielen Jobs gearbeitet. Genauso, wie
ich durch meine Beziehungen vieles über mich erfahren habe, habe ich viele
Lektionen in meiner Arbeitswelt gelernt, die wiederum oft parallel zu den
Lektionen verliefen, die ich in anderen Lebensbereichen lernte.
Ich habe in Jobs gearbeitet, die ich hasste, auf die ich jedoch vorübergehend
angewiesen war. Ich saß in Jobs fest, weil ich fürchtete, Eigeninitiative zu
ergreifen und meine Lebenslage zu ändern.
Ich habe in Jobs gearbeitet, um mir Fähigkeiten anzueignen. Oft wusste ich erst,
dass ich diese Fähigkeiten entwickelt hatte, als sie in meinem späteren Beruf
eine bedeutende Rolle spielten.
Ich habe in Jobs gearbeitet, in denen ich mich als Opfer fühlte, in denen ich
das Gefühl hatte, alles zu geben und nichts zurückzubekommen. In manchen meiner
Beziehungen hatte ich ähnliche Gefühle.
Ich habe in Jobs gearbeitet, in denen ich Dinge lernte, von denen ich absolut
nichts wissen wollte, andere entfachten in mir wenigstens den Funken einer
Vorstellung davon, was ich wirklich wollte und was mir für meinen späteren Beruf
wertvoll war.
Manche meiner Jobs halfen mir, meinen Charakter zu festigen, andere halfen mir,
bestimmte Fähigkeiten zu verfeinern. Alles war dazu angetan, mein inneres
Wachstum zu fördern.
Genauso, wie ich mit meinen Gefühlen und Überzeugungen in Beziehungen umgehen
musste, musste ich mit meinen eigenen Gefühlen und Überzeugungen umgehen und
damit, was mir, meiner Meinung nach, im Berufsleben zustand.
Genauso, wie ich die Scherben meiner Gefühle aus vergangenen Beziehungen
aufräumen musste, war es nötig, meine Gefühle im Arbeits- und Berufsleben
aufzuarbeiten.
Ich habe zwei bedeutende Berufswechsel in meinem Leben vorgenommen. Ich machte
die Erfahrung, dass keiner der Berufe ein Missgriff und keiner der Jobs
vergeudete Zeit war. Ich habe aus jedem Job etwas gelernt, und mein Berufsleben
hat dazu beigetragen, dass ich die Person wurde, die ich heute bin.
Ich habe noch etwas gelernt: Es gab einen Plan, und ich wurde gelenkt. Je mehr
ich meinem Instinkt vertraute hinsichtlich dessen, was ich wollte und was ich
als richtig empfand, desto deutlicher spürte ich die Unterweisung, die mir
zuteil wurde.
Je mehr ich mich dagegen wehrte, meine Seele zu verkaufen, und eine Arbeit nicht
des Geldes wegen machte, sondern weil ich den Wunsch dazu verspürte, desto
weniger fühlte ich mich durch die Arbeit zum Opfer
gemacht, auch wenn der Job mir wenig Geld einbrachte.
Je mehr Ziele ich mir setzte und die Verantwortung dafür übernahm, den Beruf zu
erreichen, der meinen Vorstellungen entsprach, desto klarer konnte ich mich
entscheiden, ob ein bestimmter Job in dieses Schema
passte. Ich konnte erkennen, warum ich in einem bestimmten Job arbeitete und
welchen Nutzen mir das brachte.
Es gab Zeiten, in denen ich mich angstvoll fragte, wie weit ich in meinem
Berufsleben gekommen war. Panik half mir nie. das Vertrauen und die Arbeit in
meinem Selbsthilfeprogramm halfen mir.
Es gab Zeiten, in denen ich mich fragte, warum ich mich an einem bestimmten
Platz befand. Es gab Zeiten, in denen die Menschen meiner Umgebung die Ansicht
vertraten, ich müsse woanders sein. Wenn ich aber in mich hineinhörte und mich
an Gott wandte, wusste ich, dass ich zu diesem Zeitpunkt am richtigen Platz war.
Es gab Zeiten, in denen ich nicht die Wertschätzung seitens des Arbeitgebers
erfuhr, die ich mir gewünscht hatte. Es gab Zeiten, in denen ich eine
Beförderung ablehnte, weil sie mir nicht richtig erschien.
Es gab Zeiten, in denen ich eine Stellung kündigen musste, um mir selbst treu zu
bleiben. Das machte mir manchmal Angst. Zuweilen kam ich mir vor wie ein
Versager. Aber ich lernte eines: Wenn ich an meinem
Programm arbeitete und mir selbst treu blieb, musste ich nie Angst haben, wohin
ich geführt wurde.
Es gab Zeiten, in denen das geringe Gehalt, das ich verdiente, mir nicht zum
Leben reichte. Statt mich mit diesem Problem an meinen Arbeitgeber zu wenden und
ihm die Schuld dafür zu geben, musste ich lernen, das
Problem mir und meiner HM vorzulegen. Ich habe gelernt, dass ich verantwortlich
dafür bin, meine Grenzen zu setzen und zu bestimmen, wie viel Geld ich meiner
Meinung nach verdienen muss. Ich habe weiterhin gelernt, dass Gott - nicht ein
bestimmter Arbeitgeber - meine Führungskraft ist.
Ich habe erkannt, dass ich ebenso wenig in einem Job wie in einer Beziehung
festsitze oder gefangen bin. Ich habe die freie Wahl. Auch wenn ich nicht in der
Lage bin, das sofort klar zu erkennen, habe ich dennoch die Wahl. Ich habe
gelernt, in jedem beliebigen Job für mich Sorge zu tragen, wenn ich es wirklich
will. Und wenn ich in einem Job zum Opfer gemacht werden will, liegt das
ebenfalls an mir.
Ich bin verantwortlich für meine Entscheidungen - und ich verfüge über
Wahlmöglichkeiten.
In erster Linie habe ich gelernt, meine gegenwärtigen Arbeitsbedingungen
anzunehmen und ihnen zu vertrauen. Das heißt nicht, dass ich mich ihnen
unterwerfe; heißt nicht, dass ich auf Grenzen verzichte. Es heißt, dass ich
Vertrauen habe, die Dinge akzeptiere und dann jeden Tag so sorgsam mit mir
selbst umgehe, wie es irgend möglich ist.
Hilf mir, Gott, meine heilsamen Verhaltensweisen in meine Arbeitswelt mit
einzubringen.