18. Februar - Recht haben
Es geht im Heilungsprozess nicht darum, recht zu haben; es geht darum, uns die
Freiheit zu nehmen, so zu sein, wie wir sind, und andere so zu akzeptieren, wie
sie sind.
Dieser Gedanke ist für viele von uns besonders dann schwierig, wenn wir in
Strukturen gelebt haben, die sich nach der Bewertungsskala von »richtig« und
»falsch« orientieren. Ein Mensch, der recht hatte, war in Ordnung; einer, der
Unrecht hatte, schämte sich. Urteil und Wert hingen davon ab, ob man recht
hatte; Unrecht haben bedeutet Schädigung des
Selbstbildes und der Selbstachtung.
Jetzt lernen wir, nach Liebe zu streben, und nicht danach, eine überlegene
Position in unseren Beziehungen einzunehmen. Gewiss, von Zeit zu Zeit müssen wir
zum Verhalten anderer Menschen Stellung beziehen. Wenn jemand uns verletzt,
müssen wir uns verteidigen. Wir haben die Verantwortung, Grenzen zu ziehen und
uns um die eigene Person zu kümmern. Wir brauchen jedoch diese Fürsorge für uns
selbst nicht damit zu rechtfertigen, dass wir andere verdammen. Wir können die
Falle vermeiden, uns auf andere statt auf uns selbst zu konzentrieren.
Wir lernen, dass unser Tun nur für uns richtig sein muss. Was andere tun, ist
deren Angelegenheit und muss nur für sie stimmen. Es ist verlockend, der
Überlegene sein zu wollen, recht zu haben und die Motive und Handlungen anderer
zu analysieren; lohnender ist jedoch eine tiefere Einsicht.
Heute will ich mir ins Gedächtnis rufen, dass ich mich nicht hinter
Rechthaberei verstecken muss. Ich muss meine eigenen "Wünsche und Bedürfnisse
nicht dadurch rechtfertigen, dass ich sage, dieser hat »recht« und jener
»unrecht«. Ich kann so sein, wie ich bin.