15.Juli - Familienprobleme:

Mit fünfunddreißig wagte ich zum ersten Mal, meiner Mutter zu widersprechen. Ich weigerte mich, an ihren Machtspielen und Manipulationen teilzunehmen. Ich hatte schreckliche Angst und konnte kaum fassen, was ich da tat. Aber ich stellte fest, dass ich nicht gemein sein musste. Ich musste keinen Streit anfangen. Ich konnte das, was ich sagen wollte und musste, zur Sprache bringen, um für mich selbst Sorge zu tragen. Ich erkannte, dass ich mich lieben und achten und mich gleichzeitig um meine Mutter kümmern konnte - so wie ich es wollte: nicht so, wie sie es wollte. (anonym)

Wer verstünde wohl besser, unsere Schwachpunkte zu berühren, als Familienmitglieder? Wem sonst geben wir so viel Macht in die Hand?

Beziehungen innerhalb der Familie können äußerst provokativ sein.

Ein einziges Telefongespräch kann uns in seelischen uns psychischen Aufruhr versetzen, der stundenlang, ja tagelang anhält.

Das wird manchmal noch schlimmer zu Beginn unserer inneren Heilung, weil wir uns die eigenen Reaktionen und unser Unbehagen bewusst machen. Das ist unangenehm, aber gut. Mit diesem Prozess, in dem wir uns die Dinge bewusst machen und sie akzeptieren, verändern und entwickeln wir uns und finden Heilung.

Diese liebevolle Loslösung von Familienmitgliedern kann Jahre dauern; ebenso der Lernprozess, auf welche Weise wir effektiv reagieren. Wir können nicht kontrollieren, was andere tun oder versuchen zu tun; wir haben aber eine gewisse Kontrolle darüber, für welche Reaktion wir uns entscheiden.

Höre auf, andere zu zwingen, sie anders zu behandeln. Löse Dich von Strukturen, indem Du Abstand davon nimmst, andere verändern oder beeinflussen zu wollen.

Die Menschen in unserer Familie müssen mit ihren vorgeformten Verhaltensweisen - besonders dann, wenn sie uns betreffen - selbst zurechtkommen. Wie wir darauf reagieren, wie wir uns selbst schützen, ist unsere Sache.

Wir können unsere Familie lieben und gleichzeitig ihre Bemühungen zurückweisen, uns zu manipulieren, zu kontrollieren oder uns Schuld aufzuladen.

Wir können im Zusammensein mit Familienmitgliedern achtsam mit uns selbst umgehen, ohne uns schuldig zu fühlen. Wir können im Umgang mit ihnen lernen, beharrlich zu sein, ohne in Aggression zu verfallen. Wir können im Umgang mit ihnen die Grenzen setzen, die wir uns setzen wollen und müssen, ohne uns in der Familie gegenüber illoyal zu verhalten.

Wir können lernen, unsere Familie zu lieben, ohne auf Selbstliebe und Selbstachtung zu verzichten.

Hilf mir heute, im Zusammensein mit Familienmitgliedern achtsam mit mir selbst umzugehen. Verhilf mir zu der Einsicht, dass ich mein Leben, meinen Tag, meine Gefühle nicht von ihren Problemen bestimmen lassen muss. Verhilf mir zu der Erkenntnis, dass ich gegenüber Familienmitgliedern meine Empfindungen zum Ausdruck bringen kann, ohne mich schuldig oder beschämt fühlen zu müssen.