ERSTER SCHRITT
Wir gaben zu, daß wir dem Alkohol gegenüber machtlos waren - daß unser Leben unkontrollierbar geworden war.
Männer und Frauen, die gegen Alkohol allergisch sind und dennoch zwanghaft darauf bestehen Alkohol zu trinken, erkranken letztendlich an einer einzigartigen Krankheit. Diese Krankheit ist der Medizin als Alkoholismus bekannt; sie ist insofern einmalig, weil sie sich sowohl auf unseren Körper als auch auf unser Denken und Fühlen sowie auf unsere Spiritualität nachteilig auswirkt.
Der Erste Schritt schildert kurz das jämmerliche Rätsel der maßlosen Trinker, die diese Krankheit erworben haben, über die sie völlig machtlos sind. Das Kapitel "Die Meinung des Arztes" im blauen Buch der AA spricht davon, daß Alkoholiker allergisch auf den chemischen StoffAlkohol reagieren, jedenfalls anders als normale Menschen. Sobald Alkohol in den Körper kommt, wirkt er als Signal für Milliarden von Körperzellen "Bald gibt es mehr". Diese maßlose Gier (craving Saufdruck) ist der Kontrolle durch die Willenskraft entzogen, denn sie ist rein körperlicher Natur. Gute Vorsätze oder Zwangsmaßnahmen versagen logischerweise. Heuschnupfen kann man auch nicht verbieten. Wer unter einer Allergie leidet, ist normalerweise so schlau und vermeidet es peinlich, sich den allergieauslösenden Stoffen auszusetzen. Nicht so die Alkoholiker.
Diese Art von Trinkern halten Alkohol für ein körperliches Bedürfnis; sie steigern den Alkoholkonsum allmählich auf Kosten einer gesunden Ernährung. Diese Gewohnheit ruft körperliche und nervliche Störungen hervor die eindeutig schädlich für ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit sind. Die Untersuchung des ersten Schrittes wird weitgehend der körperlichen Sucht des Alkoholismus gewidmet sein
Nur wenige Alkoholiker widmen ihrer Trinkerei sehr eingehende verstandesmäßige Studien. Sie stimmen widerwillig zu, daß sie aufhören müssen, aber sie trinken einfach weiter.
Schwere Kater lassen ihnen bewußt werden, daß körperliche Krankheit bei ihrem Unwohlsein eine Rolle spielt, aber sie machen den Bock zum Gärtner und trinken einen Schluck, um den Kater zu vertreiben. Damit beginnt eine neue Sauftour oder ein allmähliches Ausschleichen mit vielen körperlichen und psychischen Qualen.
Der Alkoholiker lebt in zwanghafter Sklaverei. Alkohol ist das einzige Mittel, um ihm das Leben erträglich zu machen und seine zittrigen Nerven zu beruhigen. Ein Dasein unter solchen Umständen läßt das Leben des Alkoholikers bald unkontrollierbar werden.
Die Korrektur dieses Zustandes ist ein ernstes Problem von unmittelbarer Dringlichkeit. Für Alkoholiker, die ehrlich mit dem Trinken aufhören wollen, ist Genesung möglich. "Unkontrollierbares Leben" und die körperliche Krankheit, die durch zwanghaftes Trinken herbeigeführt wurden, lassen sich zum Stillstand bringen. Wir müssen nur ein bewußtes Bedürfnis und ein aufrichtiges Verlangen nach Hilfe haben.
Die Gründer von Alcoholics Anonymous betrachteten den körperlichen Faktor als einen Teil ihrer Machtlosigkeit dem Alkohol gegenüber. Diesem physischen Faktor galten die ersten Überlegungen in ihrem neuen Genesungsprogramm. In zwölfeinfachen Schritten entwarfen sie einen Lebensweg, der ihre körperliche Gesundheit und eine zufriedene Nüchternheit wiederherstellte. Tägliche Anwendung war der Schlüssel zu ihrem Erfolg. Nach empirischer Methode ersannen sie eine einfache Philosophie, um Alkoholismus zum Stillstand zu bringen. Sie umfaßte die Kenntnis vieler lebenswichtiger Faktoren. Genesung ist möglich, eine völlige Heilung kann jedoch nicht bewirkt werden. Menschen, die Alkoholiker geworden sind, können niemals wieder kontrolliert trinken. Sie haben eine schwere Krankheit entwickelt, und ihre geschwächte körperliche und psychische Widerstandskraft ist machtlos. Die Kontrolle über Alkohol ist ein für alle Mal verloren. Weiteres Trinken bringt von nun an ausschließlich körperliche Krankheit und wahnsinniges Verhalten. Sie sind wirklich süchtige Menschen.
Die Erfahrung hat erwiesen, daß Genesung vom Alkoholismus von folgenden Punkten abhängig ist:
1. Einen aufrichtigen Wunsch zu besitzen, das Trinken einzustellen.
2. Im tiefstem Herzen zuzugeben und zu glauben, daß unsere Willenskraft gegenüber dem Alkohol machtlos ist.
3. Alkoholismus als eine tödliche und unheilbare Krankheit anzusehen, die den Körper, den Kopf und den Geist mit einschließt.
4. Uns selbst für Patienten zu halten, die bei AA in Behandlung sind.
5. Im Alkohol für uns eher ein Gift als ein Getränk zu sehen.
6. Es uns zur Aufgabe zu machen, zu verstehen, was Alkohol bei uns bewirkt.
7. Uns klarzumachen, daß wir Alkoholiker sind.
8. Die ZwölfSchritte des AA-Programms zu lernen, zu praktizieren und auf sie zu vertrauen.
9. Zu glauben, daß wir den Alkoholismus zum Stillstand bringen, aber niemals wieder normal trinken können.
10. Die für einen Laien möglichen Kenntnisse zu gewinnen, wie der Alkoholismus unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden beeinträchtigt.
11. Dieses Wissen und Verständnis unserer Krankheit nicht nur zu verwenden, um Nüchternheit zu erlangen, sondern auch, um so die Gefahr eines Rückfalls zum Trinken aus Unachtsamkeit zu verringern.
12. Dies auch dadurch zu tun, daß wir nicht vergessen, wie das Trinken uns ein Lebens aufzwang, in dem wir dem Alkohol machtlos ausgeliefert waren, das wir nicht mehr im Griff hatten.
Ansicht und Verständnis eines Laien vom Alkoholismus sind einfach: Sie basieren auf bekannten Tatsachen, stützen sich auf seine eigenen Erfahrungen und werden durch das Wissen bestärkt, das ihm andere Alkoholiker vermitteln. Die folgende Erörterung des Alkoholismus umfaßt in aller Kürze die Fakten, die ein Anfänger wissen muß; das Anfängerwissen wird sich natürlich vertiefen, wenn er oder sie das AA-Programm zu einem Lebensweg oder einer Lebensweise macht.
Die Natur hat jeden Mann und jede Frau mit einem Körper versorgt, der dafür vorgesehen ist, den Erschütterungen eines anstrengenden täglichen Lebens zu widerstehen.
Ein gesunder Mensch kann große Mühsal unter äußerst ungünstigen Umständen ertragen, solange er genügend Sauerstoff, Wasser, Nahrung, regelmäßige Ausscheidung, sowie Ruhepausen zur Entspannung hat. Er klammert sich mit erstaunlicher Zähigkeit und Ausdauer an das letzte Fünkchen Leben, solange diese menschlichen Minimalbedürfnisse befriedigt werden. Wenn einer dieser Faktoren ständig vernachlässigt wird, werden früher oder später Mangelerscheinungen auftreten, wie zum Beispiel körperliche Probleme, nervöse Spannungen und neurotisches Befinden. Unser Nervensystem wird das psychische Gleichgewicht umkippen, und wir wären nicht die Ersten, die an permanentem Schlafentzug oder akuter Unterernährung sterben.
Alkoholismus führt solche Zustände herbei und erschwert sie noch zusätzlich durch die tägliche Einnahme eines tödlichen Giftes - Alkohol.
Wenn wir die für ein gesundes Wohlbefinden nötige Nahrung zwanghaft durch Alkohol ersetzen, werden zunächst Blutkreislauf und Körperzellen und später das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen.
Das Gift reizt das Gehirn und läßt schließlich die natürlichen Abwehrkräfte zusammenbrechen. Körperlicher Verfall kommt mitunter schnell, doch bei den meisten Alkoholikern dauert die Abhängigkeit über einen Zeitraum von langen Jahren an. Deshalb wird der akute körperliche Verfall erst in späten Stadien der Krankheit ersichtlich, wenn aus eigener Kraft nichts mehr zu retten ist.
Der Alkoholiker selbst fällt dieser Abbau zunächst kaum auf, denn er ist unfähig, sich die Gefahren seiner körperlichen Verfassung vor Augen zu führen. Der Alkoholismus hat die Fähigkeit des Alkoholikers, zwischen sozialem und pathologischem Trinken zu unterscheiden, mehr und mehr blockiert. Eine markante Persönlichkeitsveränderung, die hauptsächlich durch negatives Denken bestimmt wird, treibt den Alkoholiker jetzt zu stärkerem Trinken.
Freunde und Verwandte beginnen, sich über diesen Wandel der Persönlichkeit Sorgen zu machen. Doch der Alkoholiker schließt Selbstkritik von vornherein aus und wird uneins mit seiner normalen Umgebung.
Genesung vom Alkoholismus, der Krankheit, die für unser unkontrollierbares Leben verantwortlich war, kann nur erreicht werden, wenn wir gänzlich aufhören zu trinken und zu einer dauerhaften, regelmäßigen, ausgewogenen Ernährung zurückkehren, die auf Alkohol völlig verzichtet. Es gibt keine Abkürzung, keinen Ersatz, keinen anderen Weg für den Alkoholiker.
Mäßige Trinker haben kaum Schwierigkeiten, sich diesen Entzugs-Maßnahmen selbst zu unterziehen, doch Alkoholiker, deren körperliche Widerstandskraft vermindert und deren Nervensystem erschöpft ist, sollten zu Beginn der Rehabilitation medizinische Hilfe bekommen.
Vielen wird es nicht gelingen, ihren Alkoholismus zu stoppen, wenn sie die Bedeutung ihres körperlichen Wohlbefindens als wertvolle Kraft für die Genesung unterschätzen. Einige schaffen es, allein aufzuhören. Sie verhindern jedoch ihre weitere Genesung, solange sie ihren Körper schmachten lassen.
Wir meinen, alle Alkoholiker, die Hilfe im AA-Programm suchen wollen, sollten sich lieber zuvor stationär entgiften lassen. Dies ist nicht in allen Fällen möglich. Deshalb sollte, wer nicht ins Krankenhaus gehen kann, wenigstens einen Arzt zu Rate ziehen, der in Diagnose und Behandlung von Alkoholismus erfahren ist. Zu viele Alkoholiker sind schon im einsamen Selbst-Entzug an delirium tremens verreckt.
Die Wichtigkeit dieses Rates kann nicht genug betont werden. Der Alkoholiker ist ein kranker Mensch, der das nicht erkennt und seine körperliche Verfassung bagatellisieren will. Das sollte von den älteren Mitgliedern nicht zugelassen wer den; sie sollten auf die Notwendigkeit einer vollständigen Untersuchung hinweisen und darauf achten, daß Neulinge sie auch bekommen. Diejenigen, die eine einfache Vorsichtsmaßnahme wie professionelle medizinische Versorgung vernachlässigen, haben weniger Chancen, eine baldige Genesung vom ihrem Alkoholismus zu erreichen.
Der Alkoholiker, dessen Leben durch maßloses Trinken unkontrollierbar geworden ist, macht einen entscheidenden Schritt voran, indem er sich mit unserem Programm identifiziert und versucht, daraus eine Lebensweise zu machen. Die zukünftige Sicherheit des Alkoholikers hängt davon ab, ob es ihm gelingt, AA zu seinem Lebensweg zu machen. Alkoholiker können es sich nicht leisten, daß ein geschwächtes körperliches Wohlbefinden ihre Genesungschancen vermindert; deshalb müssen sie ihre Gesundheit schützen, denn schlechte Gesundheit kann sie zurück zum Trinken bringen.
Es kommt den neuen Mitgliedern zugute, wenn sie die verschiedenen Phasen des Alkoholismus untersuchen, die für sie zutreffen; sie müssen zugeben, daß sie Alkoholiker sind und ihre Probleme mit älteren Mitgliedern erörtern, die immer bereit sind, ihren Rat und ihre Hilfe anzubieten.
Lerne, den Alkoholismus auch als Erkrankung des Nervensystems zu sehen, die durch exzessiven Alkoholmissbrauch verursacht wurde. Denke darüber nach, wie machtlos du allein auf dich gestellt gegenüber dieser Krankheit bist. Mache freiwillig medizinische und psychologische Tests, die verwendet werden, um Alkoholiker zu identifizieren. Gib zu, daß du "nichts verträgst". Überdenke deine Unfähigkeit etwas zu trinken und dann aufzuhören; erinnere dich an deine Unfähigkeit, angesichts eines drohenden Unglücks die Finger von der Flasche zu lassen. Wenn du trotz guter Vorsätze (weiter-) trinkst, brandmarkt dich das eindeutig als Alkoholiker. Der Zwang, am "Morgen danach" einen SchluckAlkohol zu trinken, ist für viele Alkoholiker typisch, ebenso das Zittern der Hände. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, einen Alkoholiker an Hand von Symptomen zu identifizieren; mach es dir zur Aufgabe, dich mit einigen davon vertraut zu machen.
Die Gründer von Alcoholics Anonymous verstanden, daß Mitglieder ihre körperliche Krankheit begreifen und medizinische Hilfe in Anspruch nehmen müssen, bevor sie sich auf die spirituellen Erfordernisse konzentrieren können, die zur Genesung notwendig sind. Körperliche Gesundheit ist eine Notwendigkeit, aber sie ist nur der erste Schritt in der Genesung von der Alkoholsucht.
ZUSAMMENFASSUNG: Genesung vom Alkoholismus ist zunächst mit dem Erwerb von Wissen über die Krankheit und einem bewußten Bedürfnis nach ihrer Behandlung verbunden. Daran ist nichts Geheimnisvolles. Alkohol vergiftet unseren Körper und löst als allergische Reaktion die maßlose Gier nach 'mehr' aus. Zwanghaftes Trinken ist die natürliche Folge davon, und unsere Willenskraft ist dagegen machtlos. Solange wir dieser Gier gestatten, unser Leben zu regieren, wird es -und bleibt es -unkontrollierbar. Der Erste Schritt der Genesung besteht darin, unseren Alkoholismus zu erkennen und unsere körperliche Andersartigkeit zuzugeben.
WARUM HILFT UNS DAS? Es läßt uns in der Einschätzung unserer wahren körperlichen Verfassung ehrlich werden. Es macht uns demütig und bereit, das alkoholkranke Erklärsystem [Ich mußte ja, weil ...] zu beenden. Es macht uns bewußt, daß wir stationäre Hilfe brauchen, bevor wir AA beitreten, und anschließend medizinische Nachbetreuung. WARUM SIND WIR KRANK? KÖENNEN WIR VÖELLIG GEHEILT WERDEN? Echte Alkoholiker leiden unter allergischer Vergiftung. Sie wird durch Alkohol ausgelöst, der als Ersatz für Nahrung und Ruhe mißbraucht wird. Körperliches Wohlbefinden kann wiederhergestellt werden, doch die Allergie bleibt in den Zellen verankert und keine Behandlung kann erreichen, daß wir jemals wieder kontrolliert trinken können.
BEHANDLUNG: Eingeständnis unseres Alkoholismus. Bereitschaft, medizinische Betreuung zu akzeptieren. Geeignete Ernährung und Ruhe. Glaube, daß wir genesen können. Tägliche Anwendung des AA-Programms.
Medikamente Manche von uns haben gelegentlich Zuflucht bei Medikamenten genommen, um körperliche Erleichterung oder Schlaf herbeizuführen. Dieses Vorgehen ist für alle Alkoholiker ein für alle Mal aus und vorbei, mit Ausnahme von einigen seltenen Fällen, in denen ein Arzt, der in der Behandlung von Alkoholismus erfahren ist., solche Medikamente verschreibt und verordnet. Wir leben nach dem AA-Programm, um eine gesunde, einheitliche Persönlichkeit zu entwickeln. Das schließt die Benutzung des Betäubungsmittels Alkohol aus. Medikamente verhindern diesen Wandel der Persönlichkeit. Sie verzerren unser Denken. Sie werden zu schnell zu einem Ersatz für Alkohol und führen die meisten von uns eindeutig nur in eine neue krankhafte Abhängigkeit. |