Der Engel der Güte
Gütig ist der Mensch, der es gut mit uns meint. Von einem gütigen Menschen
strahlt Wärme aus. An seinem gütigen Blick und gütigen Worten spürt man, dass
sein Herz gütig ist, dass das Gute in ihm die Oberhand gewonnen hat. Die Güte
strahlt aus einer Seele, die in sich gut ist, die erfüllt ist von einem guten
Geist, die mit sich im Einklang ist. Wer seine Seele als gut erfährt, der glaubt
auch an das Gute im anderen Menschen. Weil er das Gute im anderen sieht, wird er
ihn auch gut behandeln. Er lockt durch sein gütiges Verhalten den guten Kern im
anderen hervor.
Es gibt eine schöne Mönchsgeschichte, in der ein junger Mönch mit einem
heidnischen Priester streitet und ihm unflätige Worte an den Kopf wirft. Der
Priester schlägt den Mönch halb tot. Kurz darauf kommt Abbas Makarius vorbei und
trifft den Priester. Er spricht ihn freundlich an. Der wundert sich darüber und
erzählt von dem Erlebnis mit dem jungen Mönch. Der Priester wird durch das
gütige Wort des Altvaters so berührt, dass er ihm nachfolgt und Mönch wird. Die
Geschichte schließt mit dem Satz: „Ein böses Wort macht auch die Guten böse, ein
gutes Wort macht auch die Bösen gut.“ Wenn ich einem anderen mit bösen Worten
und einem feindseligen Blick begegne, dann werde ich in ihm das Böse
hervorlocken. Er wird mir genauso feindselig gegenübertreten, Wenn ich aber
gütig zu ihm bin und ihn mit gütigen Worten anspreche, dann wird der andere in
Berührung kommen mit dem Guten, das auf dem Grunde seiner Seele vorhanden ist,
das aber oft genug von den Verletzungen verdeckt wird. Wir sind ein Stück weit
auch für das Verhalten des anderen verantwortlich. Wir können in ihm Leben oder
Tod hervorlocken, das Gute oder das Böse.
Bitte den Engel der Güte, dass er deine Seele verwandle, damit das Gute in ihr
herrsche, dass das Böse keine Chance mehr in dir hat. Wenn der Engel der Güte
deine Seele gut gemacht hat, dann wird die Güte auch aus dir hervorleuchten. Du
wirst dich gütig verhalten, gute Worte sprechen, warmherzige Worte. Die Güte
wird aus deinen Augen strahlen. Du kannst deine Augen nicht selbst gütig machen.
Du kannst nur darauf vertrauen, dass der Engel der Güte alles in dir gut macht,
so dass alles in dir Güte ausstrahlt: deine Augen, dein Sprechen, deine
Gebärden, dein Händedruck. Als ich auf dem Berg Athos war, begrüßte uns in einem
Kloster ein alter Gastpater. Wir konnten uns nicht verständigen, da er nur
griechisch sprach. Aber seine Hände waren gütig. Als er uns die Hand gab,
langsam und bedächtig, da spürten wir die Güte in seinen Händen. Und als ich ihm
dann in die Augen sah, spiegelten auch seine Augen diese Güte wider. So wünsche
ich dir, dass du mit deinem Sein, mit deinem Leib und deiner Seele Güte
verströmst und das Gute in den Menschen hervorlockst.