13. August
Niemals haben wir von Liebhabern, Kinder oder Helden eine so übertriebene Vorstellung wie von unseren Eltern. (Francine Du Plessix Gray)
Die Eltern anderer Leute konnten alle Arten von Fehlern, seltsamen Angewohnheiten, Problemen haben. Nicht nur hatten wir nichts dagegen: Es kann gut sein, dass wir ihre Schwächen sympathisch fanden, interessant oder sogar liebenswert. Wir verachteten sie nicht, als sie ihre Stelle verloren oder krank wurden. Wir erwarteten von ihnen nichts anderes, als dass sie sich menschlich verhalten würden. Menschen sind Menschen. Auf einer gewissen Ebene akzeptierten wir das.
Auf der anderen Seite aber setzten wir bei unseren eigenen Eltern voraus, sie müssten geradewegs einer Phantasie-Familie im Fernsehen entstammen. Unsere Mutter hätte schöner sein und jeden Nachmittag Plätzchen für uns backen sollen. Unser Vater hätte größer und Führer bei den Pfadfindern oder Vorsitzender des Elternbeirats in der Schule sein sollen. Da der Mythos immer großartiger ist als das Leben, besaßen auch ihre Misserfolge eine mythische Dimension. Ihre Fehler waren unentschuldbar; ihre Krankheit war Verrat.
In Wirklichkeit waren sie vielleicht nicht sehr verschieden von den Eltern anderer Leute – mit Ausnahme der Rollen, die wir ihnen zudachten.
Mein eigenes inneres Wachstum erlaubt mir, andere Menschen – meine Eltern eingeschlossen – in neuem Licht zu sehen.